Gesetzentwurf
Länder und Bund streiten über Notfallsanitäter
Sollen bei Lebensgefahr, wenn kein Notarzt vor Ort ist, ärztliche Leistungen delegiert oder substituiert werden? In dieser Frage entzweien sich Bund und Länder.
Veröffentlicht:Berlin. Die Bundesregierung und die Länder kommen im Streit um Heilkundemaßnahmen von Notfallsanitätern nicht zusammen. Angehängt an den Gesetzentwurf, der die technischen Assistenzberufe in der Medizin neu regelt, schlägt der Bund vor, den Umfang der Kompetenzen unter Verweis auf Paragraf 4 des Notfallsanitätergesetzes zu beschreiben. Danach sollen sie Patienten invasiv behandeln, wenn kein Notarzt vor Ort ist und ein lebensgefährlicher Zustand vorliegt.
Die Länder hatten bereits Ende Oktober signalisiert, der Entwurf des Bundes gehe „am notwendigen Regelungsbedarf vorbei“ und könnte „erneute Rechtsunsicherheiten“ hervorrufen. Die Länder halten den Vorschlag, die Reichweite der Heilkundemaßnahmen von Sanitätern durch „standardisierte Vorgaben“ zu beschreiben, für untauglich – Notstandsmaßnahmen seien vielschichtig und eigneten sich daher nicht für eine standardmäßige Delegation. Der Bund beharrt in seiner Gegenäußerung darauf, solche Vorgaben seien durchaus geeignet. Zudem hätten die Muster, die die Regierung bis Ende 2021 entwickeln möchte, nur empfehlenden Charakter. Auch sei dabei die Beteiligung der Länder ausdrücklich vorgesehen.
Der Bundesrat moniert zudem, das Notfallsanitätergesetz sei ein Ausbildungs- und Berufszulassungsgesetz. Ermächtigungen zur Delegation von heilkundlichen Maßnahmen durch den Ärztlichen Leiter Rettungsdienst (ÄLRD) würden darin ein Fremdkörper sein.
Ärztliche Leistung oder delegierbare Aufgabe?
Der Streit zwischen Regierung und Ländern entzündet sich somit vor allem an dem seit Jahren diskutierten Punkt, ob die bundesgesetzliche Regelung (Paragraf 4 Absatz 2 Nr. 2 Buchstabe c NotSanG) auf eine Befähigung der Notfallsanitäter für die „eigenständige“ Durchführung von Heilkundemaßnahmen zielt, also ärztliche Leistungen ersetzt, oder ob solche Tätigkeiten als eine vom ÄLRD delegierbare Aufgabe zu verstehen ist.
Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestags ist in einer Ausarbeitung vom Juni 2019 zum Schluss gekommen, die „überzeugenderen Argumente“ sprächen für die Annahme, „dass der Gesetzgeber mit dieser Vorschrift die ausbildungsmäßigen Voraussetzungen für eine Delegation heilkundlicher Aufgaben auf Notfallsanitäter schaffen wollte, eine ‚Substitutionslösung‘ also nicht angestrebt hat“.
Das MTA-Reformgesetz ist im Bundesrat zustimmungspflichtig. Am 16. Dezember plant der Gesundheitsausschuss des Bundestags eine Anhörung zu dem Gesetzentwurf. (fst)