Reform der Sektoren

Länder wollen „ambulantes“ Türchen offenhalten

Die Bund-Länder-Arbeitsgruppe legt einen ersten „Fortschrittsbericht“ vor. Demnach sollen mehr stationäre Leistungen ambulant erbracht werden dürfen. Bei der Umwandlung von Kliniken in Gesundheitszentren wollen sich die Länder ein Türchen offenhalten.

Thomas HommelVon Thomas Hommel Veröffentlicht:
Offenes „Türchen“: Die Bundesländer hätten gerne mehr Freiheiten bei der Nutzung ihre Kliniken für die ambulante Versorgung.

Offenes „Türchen“: Die Bundesländer hätten gerne mehr Freiheiten bei der Nutzung ihre Kliniken für die ambulante Versorgung.

© Federico Gambarini / dpa

Berlin. Die Bundesländer drängen auf eine engere Zusammenarbeit zwischen Hausärzten und ambulanten Pflegediensten. Bislang hänge die Abstimmung zwischen Vertragsärzten und Pflegediensten „oft von der Initiative und Kooperationsbereitschaft der Akteure ab“.

Ziel müsse aber eine „strukturierte“ Zusammenarbeit auf der Grundlage von „Fallbesprechungen und Qualitätszirkeln“ sein, um so die Versorgung alleinlebender, chronisch kranker und alter Menschen zu verbessern, heißt in einem der „Ärzte Zeitung“ vorliegenden „Fortschrittsbericht“ der Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur „sektorenübergreifenden Versorgung“.

Das Bundesgesundheitsministerium solle noch im ersten Quartal 2020 einen Gesetzentwurf vorlegen, der entsprechende Vorgaben zur Zusammenarbeit zwischen Haus- und Fachärzten einerseits und Pflegediensten andererseits enthalte, ist dem Papier zu entnehmen.

Auftrag aus dem Koalitionsvertrag von 2018

Die Arbeitsgruppe zur sektorenübergreifenden Zusammenarbeit folgt einem Auftrag, den Union und SPD in ihren Koalitionsvertrag von 2018 hineingeschrieben haben.

Bereits im Mai 2019 hatte die Arbeitsgruppe, der auch Vertreter der Regierungsfraktionen angehören, erste Eckpunkte vorgelegt, wie sich die Zusammenarbeit zwischen Krankenhäusern, Haus- und Fachärzten sowie Pflegeanbietern optimieren lässt.

Dabei sollen auch Themen wie Bedarfsplanung, Zulassung, Honorierung, Kodierung oder Kooperation der Gesundheitsberufe angegangen werden. Der jetzt vorgelegte „Fortschrittsbericht“ stellt eine erste Bestandsaufnahme der bisherigen Arbeit dar.

Ambulante Versorgung: Länder sollen Kliniken bestimmen

Ein Schwerpunkt bildet demnach auch die Frage, wie sich Krankenhäuser an der Sicherstellung der ambulanten Grundversorgung insbesondere in ländlichen oder strukturschwachen Regionen stärker beteiligen können.

Laut Bericht der Arbeitsgruppe sollen die Länder dazu Krankenhäuser benennen, denen sie dann Versorgungsaufträge zur ambulanten Behandlung übertragen dürfen.

Das jeweilige Land soll auch entscheiden können, ob das Krankenhaus in ein ambulantes Gesundheitszentrum oder ein „ambulant-stationäres Gesundheitszentrum“ umgewandelt werden soll.

Als dritte Option wird allerdings ins Spiel gebracht, dem Krankenhaus einen ambulanten Versorgungsauftrag zu übertragen, „ohne dass das Krankenhaus zwingend umgewandelt werden muss“.

Einheitliche Vergütung angestrebt

Darüber hinaus soll ein gemeinsamer fachärztlicher Versorgungsbereich – bestehend aus Vertragsärzten und Krankenhäusern – „festgelegt und beschrieben“ werden.

Ziel sei es, das System „deutlich patientenfokussierter“ zu gestalten: Leistungen, die bisher in Krankenhäusern erbracht würden, sollten zu diesem Zweck auch ambulant erfolgen können und umgekehrt ambulante Leistungen in Kliniken erbracht werden dürfen.

Dafür infrage kommende Eingriffe oder Behandlungen sollten „konkret beschrieben und einheitlich vergütet“ werden. Der Vorteil eines gemeinsamen fachärztlichen Versorgungsbereichs liege auch darin, dass personelle Ressourcen effizienter zum Einsatz kämen.

„Die Stärkung ambulanter Versorgungsformen“, heißt es im Bericht ausdrücklich, „verringert insgesamt den Pflegebedarf und entlastet das ärztliche und vor allem das pflegerische Personal.“

Nötig sei allerdings ein „kurzfristig“ vorzulegendes Gutachten, das die genaue gesetzgeberische Definition des neuen fachärztlichen Versorgungsbereichs wissenschaftlich flankiere.

Hausärzte als Lotsen heranziehen

Darüber hinaus sind in dem Papier „Themen für die weitere Beratung der Bund-Länder-Arbeitsgruppe“ genannt.

Dazu gehöre auch eine „bedarfsgerechtere“ Kooperation und Koordinierung von Versorgungsangeboten und Versorgungsleistungen, heißt es. In diesem Zusammenhang wird unter anderem auf „die umfassende Aufgabe der hausärztlichen Koordination“ verwiesen.

Auch beim Entlassmanagement der Krankenhäuser und der nachstationären Behandlung in den Kliniken macht die Arbeitsgruppe „Optimierungspotenziale“ aus. So hätten Krankenhäuser, die entsprechenden Verpflichtungen nicht oder nur unzureichend nachkämen, derzeit keine Sanktionen zu befürchten.

Das soll sich laut Bericht ändern: Krankenhäuser, die es beim Entlassmanagement schleifen lassen, sollen künftig Vergütungsabschläge blühen.

Kinder- und Jugendmedizin stärken

GKV-Spitzenverband und die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) sollen „das Nähere zu den sanktionierten Pflichtverletzungen sowie zu den Voraussetzungen und zur Ausgestaltung der Abschläge vereinbaren“.

Thematisiert wird im Zwischenbericht auch die als zunehmend prekär beschriebene Versorgungssituation in der Kinder- und Jugendmedizin. Hierzu schlägt die Bund-Länder-Arbeitsgruppe vor, Fachabteilungen der Kinder- und Jugendmedizin „kurzfristig“ in die Regelungen zum Sicherstellungszuschlag einzubeziehen.

Auch sollen Bundesgesundheitsministerium und Länder in einem „separaten Fachgespräch“ mit Experten weitere Lösungen beraten.

Lesen Sie dazu auch:
Lesen sie auch
Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema
Das könnte Sie auch interessieren
Innovationsforum für privatärztliche Medizin

© Tag der privatmedizin

Tag der Privatmedizin 2024

Innovationsforum für privatärztliche Medizin

Kooperation | In Kooperation mit: Tag der Privatmedizin
Wie patientenzentriert ist unser Gesundheitssystem?

© Janssen-Cilag GmbH

Video

Wie patientenzentriert ist unser Gesundheitssystem?

Kooperation | In Kooperation mit: Janssen-Cilag GmbH
Höhen- oder Sturzflug?

© oatawa / stock.adobe.com

Zukunft Gesundheitswesen

Höhen- oder Sturzflug?

Kooperation | In Kooperation mit: Janssen-Cilag GmbH
Patientenzentrierte Versorgung dank ePA & Co?

© MQ-Illustrations / stock.adobe.com

Digitalisierung

Patientenzentrierte Versorgung dank ePA & Co?

Kooperation | In Kooperation mit: Janssen-Cilag GmbH
Kommentare
In der Klinik Königshof in Krefeld werden Menschen mit psychischen Erkrankungen behandelt. Die digitale Terminvergabe über Doctolib senkt eine Hemmschwelle: Es fällt leichter, mit wenigen Klicks einen Termin zu buchen, als im direkten Gespräch am Telefon.

© St. Augustinus Gruppe

Unternehmensstrategie für Krankenhäuser

Patientenportal stärkt die Reichweite der Klinik

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Doctolib GmbH
Patientenportale: Greifbarer Mehrwert für Klinik und Patienten

© MQ-Illustrations / stock.adobe.com

Digitalisierung von Krankenhäusern

Patientenportale: Greifbarer Mehrwert für Klinik und Patienten

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Doctolib GmbH
Susanne Dubuisson, Product Leader in Health Tech beim E-Health-Unternehmen Doctolib.

© Calado - stock.adobe.com

Tools zur Mitarbeiterentlastung

Online-Termine gegen den Fachkräftemangel

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Doctolib GmbH
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Neurologen-Kongress

Post-COVID-Therapie: Von der Forschung in die Praxis

Exklusiv bvitg schreibt ans BMG

Verzögert sich die Einführung der elektronischen Patientenakte jetzt doch?

„ePA für alle“ startet im Januar

Elektronische Patientenakte: Wie gut sind Praxen und PVS gerüstet?

Lesetipps
Bundesgesundheitsminister Lauterbach blick betroffen drein.

© picture alliance / imageBROKER / Arnulf Hettrich

Nach dem Crash

Ampel-Aus: Gesundheitsreformen stehen auf der Kippe

Ein KI-Bild eines verstopften Hirngefäßes.

© © freshidea / stock.adobe.com

Neurologen-Kongress

Schlaganfall: Wandel in der Lysetherapie