Reform der Sektoren
Länder wollen „ambulantes“ Türchen offenhalten
Die Bund-Länder-Arbeitsgruppe legt einen ersten „Fortschrittsbericht“ vor. Demnach sollen mehr stationäre Leistungen ambulant erbracht werden dürfen. Bei der Umwandlung von Kliniken in Gesundheitszentren wollen sich die Länder ein Türchen offenhalten.
Veröffentlicht:Berlin. Die Bundesländer drängen auf eine engere Zusammenarbeit zwischen Hausärzten und ambulanten Pflegediensten. Bislang hänge die Abstimmung zwischen Vertragsärzten und Pflegediensten „oft von der Initiative und Kooperationsbereitschaft der Akteure ab“.
Ziel müsse aber eine „strukturierte“ Zusammenarbeit auf der Grundlage von „Fallbesprechungen und Qualitätszirkeln“ sein, um so die Versorgung alleinlebender, chronisch kranker und alter Menschen zu verbessern, heißt in einem der „Ärzte Zeitung“ vorliegenden „Fortschrittsbericht“ der Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur „sektorenübergreifenden Versorgung“.
Das Bundesgesundheitsministerium solle noch im ersten Quartal 2020 einen Gesetzentwurf vorlegen, der entsprechende Vorgaben zur Zusammenarbeit zwischen Haus- und Fachärzten einerseits und Pflegediensten andererseits enthalte, ist dem Papier zu entnehmen.
Auftrag aus dem Koalitionsvertrag von 2018
Die Arbeitsgruppe zur sektorenübergreifenden Zusammenarbeit folgt einem Auftrag, den Union und SPD in ihren Koalitionsvertrag von 2018 hineingeschrieben haben.
Bereits im Mai 2019 hatte die Arbeitsgruppe, der auch Vertreter der Regierungsfraktionen angehören, erste Eckpunkte vorgelegt, wie sich die Zusammenarbeit zwischen Krankenhäusern, Haus- und Fachärzten sowie Pflegeanbietern optimieren lässt.
Dabei sollen auch Themen wie Bedarfsplanung, Zulassung, Honorierung, Kodierung oder Kooperation der Gesundheitsberufe angegangen werden. Der jetzt vorgelegte „Fortschrittsbericht“ stellt eine erste Bestandsaufnahme der bisherigen Arbeit dar.
Ambulante Versorgung: Länder sollen Kliniken bestimmen
Ein Schwerpunkt bildet demnach auch die Frage, wie sich Krankenhäuser an der Sicherstellung der ambulanten Grundversorgung insbesondere in ländlichen oder strukturschwachen Regionen stärker beteiligen können.
Laut Bericht der Arbeitsgruppe sollen die Länder dazu Krankenhäuser benennen, denen sie dann Versorgungsaufträge zur ambulanten Behandlung übertragen dürfen.
Das jeweilige Land soll auch entscheiden können, ob das Krankenhaus in ein ambulantes Gesundheitszentrum oder ein „ambulant-stationäres Gesundheitszentrum“ umgewandelt werden soll.
Als dritte Option wird allerdings ins Spiel gebracht, dem Krankenhaus einen ambulanten Versorgungsauftrag zu übertragen, „ohne dass das Krankenhaus zwingend umgewandelt werden muss“.
Einheitliche Vergütung angestrebt
Darüber hinaus soll ein gemeinsamer fachärztlicher Versorgungsbereich – bestehend aus Vertragsärzten und Krankenhäusern – „festgelegt und beschrieben“ werden.
Ziel sei es, das System „deutlich patientenfokussierter“ zu gestalten: Leistungen, die bisher in Krankenhäusern erbracht würden, sollten zu diesem Zweck auch ambulant erfolgen können und umgekehrt ambulante Leistungen in Kliniken erbracht werden dürfen.
Dafür infrage kommende Eingriffe oder Behandlungen sollten „konkret beschrieben und einheitlich vergütet“ werden. Der Vorteil eines gemeinsamen fachärztlichen Versorgungsbereichs liege auch darin, dass personelle Ressourcen effizienter zum Einsatz kämen.
„Die Stärkung ambulanter Versorgungsformen“, heißt es im Bericht ausdrücklich, „verringert insgesamt den Pflegebedarf und entlastet das ärztliche und vor allem das pflegerische Personal.“
Nötig sei allerdings ein „kurzfristig“ vorzulegendes Gutachten, das die genaue gesetzgeberische Definition des neuen fachärztlichen Versorgungsbereichs wissenschaftlich flankiere.
Hausärzte als Lotsen heranziehen
Darüber hinaus sind in dem Papier „Themen für die weitere Beratung der Bund-Länder-Arbeitsgruppe“ genannt.
Dazu gehöre auch eine „bedarfsgerechtere“ Kooperation und Koordinierung von Versorgungsangeboten und Versorgungsleistungen, heißt es. In diesem Zusammenhang wird unter anderem auf „die umfassende Aufgabe der hausärztlichen Koordination“ verwiesen.
Auch beim Entlassmanagement der Krankenhäuser und der nachstationären Behandlung in den Kliniken macht die Arbeitsgruppe „Optimierungspotenziale“ aus. So hätten Krankenhäuser, die entsprechenden Verpflichtungen nicht oder nur unzureichend nachkämen, derzeit keine Sanktionen zu befürchten.
Das soll sich laut Bericht ändern: Krankenhäuser, die es beim Entlassmanagement schleifen lassen, sollen künftig Vergütungsabschläge blühen.
Kinder- und Jugendmedizin stärken
GKV-Spitzenverband und die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) sollen „das Nähere zu den sanktionierten Pflichtverletzungen sowie zu den Voraussetzungen und zur Ausgestaltung der Abschläge vereinbaren“.
Thematisiert wird im Zwischenbericht auch die als zunehmend prekär beschriebene Versorgungssituation in der Kinder- und Jugendmedizin. Hierzu schlägt die Bund-Länder-Arbeitsgruppe vor, Fachabteilungen der Kinder- und Jugendmedizin „kurzfristig“ in die Regelungen zum Sicherstellungszuschlag einzubeziehen.
Auch sollen Bundesgesundheitsministerium und Länder in einem „separaten Fachgespräch“ mit Experten weitere Lösungen beraten.