Pflege-Morde von Nils H.
Landtag schärft Gesetze nach
Der ehemalige Krankenpfleger Niels H. ist zu lebenslanger Haft verurteilt. Doch der Fall wirkt nach: Der Landtag in Niedersachsen ringt mit den politischen Konsequenzen.
Veröffentlicht:HANNOVER. Nach den Klinikmorden durch den ehemaligen Krankenpfleger Niels H. im niedersächsischen Delmenhorst und Oldenburg will der Landtag ein umfangreiches Maßnahmenpaket auf den Weg bringen, um ähnlich Vorfälle zu verhindern.
Dazu müssen das Landeskrankenhaus- und das Bestattungsgesetz novelliert werden. Ein 15-köpfiger fraktionsübergreifender Sonderausschuss hatte am 8. Juni Vorschläge einstimmig vorgelegt. Aber bei der Abstimmung über den Entschließungsantrag, mit dem der Landtag die Landesregierung zu entsprechenden Schritten auffordert, stimmte die CDU-Fraktion geschlossen gegen die Vorlage – beschlossen wurde sie trotzdem.
Patientenfürsprecher sind bereits in 161 der 182 niedersächsischen Krankenhäuser installiert, sagte Uwe Schwarz, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der SPD Fraktion. Und seit dem 1. Juli hat Niedersachsen als zweites deutsches Bundesland nach Nordrhein-Westfalen einen Landesbeauftragten für Patientenschutz.
Novelle des Krankenhausgesetzes gefordert
Nun soll das Krankenhausgesetz novelliert werden, postuliert der Landtag, um so die Forderungen auch umzusetzen. So sollen die Krankenhäuser Stationsapotheker verpflichtend einführen, zusätzlich eine klinikinterne Arzneimittelkommission. "Nur noch 28 von 182 Krankenhäusern haben bei uns eigene Krankenhausapotheken", sagt Schwarz. "Alle anderen Häuser lassen sich extern beliefern."
Die Klinikverwaltungen sollen außerdem "modellhaft neue Organisations- und Personalstrukturen erproben, etwa die Etablierung eines Rotationssystems vor allem bei Pflegekräften auf Intensivstationen. Allen Mitarbeitern soll regelmäßig Supervision angeboten werden.
"Whistleblower"-Systeme sollen es Mitarbeitern ermöglichen, Verdachtsmomente für Fehlverhalten oder gar kriminelles Handeln im Krankenhaus an eine neutrale Stelle zu melden, ohne dass dabei Rückschlüsse auf ihre Identität gezogen werden können", hieß es. Auch werden Morbiditäts- und Mortalitätsstatistiken sowie zusätzliche Konferenzen verbindlich, wenn es nach dem Willen der Arbeitsgruppe geht.
CDU fordert finanzielle Unterstützung
Auch das Bestattungsgesetz des Landes soll geändert werden. "Dazu gehört die Entkopplung von Todesfeststellung und äußerer Leichenschau und Verlagerung auf externe Ärztinnen und Ärzte sowie die Spezifizierung der Meldepflicht, um dadurch die Rechtssicherheit und Kontrolldichte auf potenziell unnatürliche Todesfälle zu erhöhen", wie es hieß.
Annette Schwarz (CDU), ehemals Obfrau der CDU-Fraktion im Sonderausschuss, kritisiert den Entschließungsantrag als "schlecht gemacht". Man solle Krankenhäusern keine neuen Aufgaben auferlegen, ohne dafür Geld aus dem Landeshaushalt zur Verfügung zu stellen.
"Möglich wäre ein Belohnungssystem und auf lange Sicht ein finanzieller Ausgleich über die DRG", sagt Schwarz. Denn die vorgeschlagenen Maßnahmen hält sie bundesweit für notwendig. (cben)