Eckpunktepapier verabschiedet

Lauterbach: Gesundheitsschutz steht im Vordergrund der Cannabis-Legalisierung

Bundesbürger ab 18 Jahren sollen künftig Cannabis erwerben, besitzen und konsumieren dürfen. Das Kabinett segnete am Mittwoch Eckpunkte für ein Gesetzesvorhaben ab. Zunächst soll aber Brüssel mal draufschauen.

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„Das könnte ein Modell für Europa sein“: Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach erklärt am Mittwoch bei der Bundespressekonferenz Eckpunkte zur kontrollierten Cannabis-Abgabe.

„Das könnte ein Modell für Europa sein“: Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach erklärt am Mittwoch bei der Bundespressekonferenz Eckpunkte zur kontrollierten Cannabis-Abgabe.

© Britta Pedersen/dpa

Berlin. Bundesgesundheitsminister Professor Karl Lauterbach hat die Pläne der Ampel zur Cannabis-Legalisierung gegen Kritik verteidigt. „Im Vordergrund“ des Vorhabens stünden ein besserer Kinder- und Jugend- sowie Gesundheitsschutz, sagte der SPD-Politiker am Mittwoch im Haus der Bundespressekonferenz.

Zuvor hatte das Kabinett ein Eckpunktepapier „zur Einführung einer kontrollierten Abgabe von Cannabis an Erwachsene“ verabschiedet. Die Pläne sollen nach Angaben Lauterbachs aber nur verwirklicht werden, wenn sie einer europarechtlichen Prüfung standhalten. Bei einem Negativbescheid der EU-Kommission verzichte die Ampelkoalition auf einen Gesetzentwurf. „Was wir nicht wollen, ist eine Hängepartie.“

Erwerb und Besitz von 20 bis 30 Gramm

Laut Eckpunktepapier sollen Cannabis und Tetrahydrocannabinol (THC) rechtlich nicht mehr als Betäubungsmittel eingestuft werden. Produktion, Lieferung und Vertrieb von Cannabis sollen laut Vorlage in einem lizenzierten und staatlich kontrollierten Rahmen zugelassen werden.

Vorgesehen ist der straffreie Erwerb und Besitz bis zur Höchstmenge von 20 bis 30 Gramm Cannabis zum Eigenkonsum im privaten und öffentlichen Raum. Der Eigenanbau soll ebenfalls erlaubt sein – die Höchstgrenze soll bei drei weiblichen Pflanzen liegen.

Abgegeben werden soll Cannabis – mit Alterskontrolle – in lizenzierten Fachgeschäften und „gegebenenfalls“ in Apotheken. Eine Werbung für Cannabisprodukte soll untersagt sein. Auch dürfen die Abgabestellen nicht in der Nähe von Kitas und Schulen liegen.

Mögliche „Cannabissteuer“ auch für Aufklärung nutzen

Die Mindestaltersgrenze für Verkauf und Erwerb von Cannabis soll bei 18 liegen. Wegen des „erhöhten Risikos für cannabisbedingte Gehirnschädigungen in der Adoleszenz“ soll geprüft werden, ob für die Abgabe von Genusscannabis an Erwachsene bis zum 21. Lebensjahr eine Obergrenze für den THC-Gehalt festgelegt wird.

Umsätze aus Cannabis-Verkäufen sollen der Umsatzsteuer unterliegen. Daneben wird über eine „Cannabissteuer“ nachgedacht. Teile davon sollten für Aufklärung von Kindern und Jugendlichen genutzt werden, sagte Lauterbach.

Er selber habe der Legalisierung von Cannabis lange ablehnend gegenübergestanden. Er habe diese Position aber „revidiert“ – auch, weil Deutschland mit seinem Cannabis-Verbot „keine vorzeigbaren Erfolge“ erzielt habe, so der Minister.

So sei der Cannabis-Konsum weiter gestiegen – aktuell schätze man die Zahl der Konsumenten auf vier Millionen, so Lauterbach. Problematisches Suchtverhalten habe auch bei den Erwachsenen zugenommen. Junge Menschen drohten in einen „Sog der Kriminalität“ gezogen zu werden. „Die Tendenz geht in die falsche Richtung.“ Daher wolle die Ampel die Drogenpolitik „erneuern“.

Zustimmung der Grünen, Kritik der FDP

Aus der Koalition kamen am Mittwoch unterschiedliche Bewertungen des Eckpunktepapiers. Die Grünen-Gesundheitspolitikerin und Ärztin Dr. Kirsten Kappert-Gonther sprach von einer „sehr guten Grundlage für einen Gesetzentwurf zur Legalisierung von Cannabis“. Gesundheits- und Jugendschutz bekämen endlich Vorrang.

Das Papier sei „immer noch zu restriktiv, zu zögerlich und zu zurückhaltend“, urteilte dagegen die sucht- und drogenpolitische Sprecherin der FDP-Fraktion, Kristine Lütke. Nach wie vor sei eine Besitzobergrenze geplant. „Das finden wir falsch, denn wir regulieren ja auch nicht, wie viel Wein oder Bier jemand besitzen darf.“

Aus der SPD-Fraktion hieß es, mit dem Eckpunktepapier sei „ein wichtiger Anfang gemacht, um das komplexe Gesetzgebungsverfahren“ zur Cannabis-Legalisierung auf den Weg zu bringen.

Fischbach: Brauchen unbedingt begleitende Evaluierung

Der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) bezeichnete es als problematisch, dass Cannabis schon an unter 25-Jährige abgegeben werden solle. BVKJ-Präsident Dr. Thomas Fischbach sagte der Ärzte Zeitung am Mittwoch, das Gehirn sei erst mit etwa 25 Jahren „voll ausgereift“.

Regelmäßiger Cannabiskonsum könne die Hirnentwicklung „irreparabel“ schädigen, warnte Fischbach. Außerdem müsse verhindert werden, dass Ältere vorgeschickt würden, um die Substanzen an Jüngere zu verkaufen. „Das Problem des Zwischenhandels, das beim Alkohol hinlänglich bekannt ist, ist nach unserer Ansicht noch nicht gelöst.“

Fischbach forderte zudem eine „begleitende Evaluierung“ der Auswirkungen einer Cannabis-Legalisierung „von Beginn an“. Das Eckpunktepapier der Ampel sieht eine Evaluierung nach vier Jahren vor.

„Cannabis ist nicht harmlos“, stellte die Bundestherapeutenkammer (BPtK) fest. Die bisherige Verbotspolitik sei jedoch gescheitert. Der Gebrauch von Cannabis nehme seit Jahrzehnten zu. Daher sei ein legaler Verkauf „besser als ein unkontrollierter Schwarzmarkt und ermöglicht erst einen ausreichenden Gesundheits- und Jugendschutz“, sagte Kammer-Präsident Dr. Dietrich Munz. Eine Abgabe von 20 bis 30 Gramm stelle einen guten Kompromiss dar. Der Eigenanbau von bis zu drei Pflanzen sei hingegen nur schwer zu kontrollieren.

Holetschek hofft auf Negativurteil aus Brüssel

Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek erklärte, das „Lauterbach-Konzept“ stelle keine geeignete Grundlage dar, um den Gefahren durch eine Cannabis-Freigabe zu begegnen. „Das Vorhaben der Berliner Ampel-Koalition bedeutet weiterhin große gesundheitliche Risiken insbesondere für junge Leute.“

Die Ampel müsse ihre Pläne daher stoppen, so der CSU-Politiker. Dass die Koalition eine rechtliche Vorabprüfung ihrer Pläne durch die EU-Kommission vornehme, sei zu begrüßen, „denn es ist zu hoffen, dass das Urteil negativ ausfallen wird“. (hom)

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