Omikron-Gipfel
Lauterbach gegen „schmutzige Impfung“
Im Vorfeld des Omikron-Gipfels am Freitag setzt der Bundesgesundheitsminister eine erste Marke. Der Expertenrat muss in die Verlängerung. Die Länderminister positionieren sich an diesem Mittwoch.
Veröffentlicht:Berlin. Gesundheitsminister Professor Karl Lauterbach (SPD) drängt im Vorfeld des Bund-Länder-Gipfels am Freitag auf die rasche Einführung einer allgemeinen Impfpflicht und verschärfte Kontaktbeschränkungen. Eine Durchseuchung der Bevölkerung mit der Omikron-Variante von SARS-CoV-2 als „schmutzige Impfung“ sei keine Alternative, sagte Lauterbach dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ (RND) am Mittwoch.
Die Impfpflicht solle ohne ein Impfregister auskommen. Zuvor hatten Virologen angedeutet, dass die möglicherweise geringere Krankheitsschwere durch die Omikron-Variante B.1.1.529 der Politik erlauben könne, höhere Inzidenzen zuzulassen.
Omikron breitet sich aus
Kontroverse Diskussion um kürzere Corona-Quarantäne
Der Expertenrat der Bundesregierung hat sich am Dienstagabend zunächst ohne konkrete Empfehlung vertagt. Aufgrund der Feiertage sei die Datenlage dafür nicht ausreichend, zitieren Medien die Teilnehmer der Sitzung.
Einigkeit herrschte wohl darüber, dass Menschen nur noch dann als vollständig geimpft gelten sollen, wenn sie eine Auffrischimpfung erhalten haben.
Gesundheitsminister tagen am Mittwoch
Der Landrat des Landkreises Ludwigslust-Parchim in Mecklenburg-Vorpommern, Stefan Sternberg, sagte „Spiegel Online“ zufolge, der Rat wolle am Mittwoch oder Donnerstag noch einmal zusammenkommen. Sternberg gehört dem Expertenrat an.
Regierungssprecher Steffen Hebestreit ließ am Mittwoch offen, ob der Expertenrat neue Empfehlungen vorlegen werde. Das Gremium tage vertraulich und arbeite unabhängig, sagte Hebestreit bei der Bundespressekonferenz.
Bereits an diesem Mittwochvormittag habe der Vorstandschef der Berliner Charité, Professor Heyo Kroemer, die Mitglieder des Bundeskabinetts zu allgemeinen Fragen rund um die Omikron-Mutante informiert, sagte Hebestreit. Kroemer habe aber nicht als Vorsitzender des Corona-Expertenrats, sondern als Mediziner die Situation dargelegt, betonte Hebestreit.
„Explosionsartige Verbreitung“
Ein Sprecher von Gesundheitsminister Lauterbach sagte, erste Erkenntnisse deuteten darauf hin, dass Omikron milder verlaufe als die vorangegangene Delta-Variante – insbesondere bei Geimpften. Sorge bereite allerdings die explosionsartige Ausbreitung von Omikron.
Die Variante sei wesentlich ansteckender als Alpha oder Delta. Innerhalb der vergangenen 24 Stunden habe es weltweit rund 12,5 Millionen Neuinfektionen mit Omikron gegeben. Bei früheren Varianten seien es in einem solchen Zeitraum nie mehr als eine Million gewesen. Die hohe Zahl an Neuinfektionen könne in der Folge zu mehr Krankenhauseinweisungen führen – „selbst wenn man dann unmittelbar mildere Verläufe hat“.
Das könne auch zur Gefährdung der kritischen Infrastruktur führen – die Beispiele Großbritannien und USA zeigten, wie real diese Gefahr sei. Das Gesundheitsministerium gehe davon aus, dass Omikron auch in Deutschland in Kürze die dominierende Virusvariante sein werde.
Booster-Kampagne soll wieder Fahrt aufnehmen
Regierungssprecher Hebestreit betonte, am besten gegen Omikron schütze eine Auffrischungsimpfung. Die Booster-Kampagne in Deutschland sei bis zu den Weihnachtsfeiertagen sehr erfolgreich gelaufen. Seither gebe es allerdings einen „gewissen Knick“. Das habe sicher mit den Feiertagen zu tun. Umso wichtiger sei der Appell an all jene, die das noch nicht getan hätten, sich jetzt boostern zu lassen.
Laut Impfdashboard von Bundesgesundheitsministerium und Robert-Koch-Institut haben inzwischen mindestens 33,4 Millionen Bundesbürger und somit gut 40 Prozent der Bevölkerung eine Auffrischungsimpfung erhalten. 59,4 Millionen Personen beziehungsweise 71,4 Prozent der Gesamt¬bevölkerung sind demnach mittlerweile vollständig gegen Corona geimpft.
Ebenfalls am Mittwoch kommen die Gesundheitsministerinnen und -minister der Länder erstmals unter dem Vorsitz von Sachsen-Anhalts Gesundheitsministerin Petra Grimm-Benne (SPD) zusammen. Sachsen-Anhalt hat 2022 turnusgemäß den Vorsitz der Gesundheitsministerkonferenz (GMK) inne.
Am Freitag wollen sich dann Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und die Regierungsspitzen der Länder erneut zusammenschalten, um über Kontaktbeschränkungen und mögliche Verkürzung von Quarantänezeiten zumindest für die Beschäftigten in der kritischen Infrastruktur zu beraten. Das Robert Koch-Institut (RKI) arbeitet bereits an einem Entwurf für neue Quarantäneregeln.
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Kommunen erwarten Ergebnisse
Die Kommunen erwarteten von dem Treffen „klare Rahmenbedingungen“, um im Fall hoher Omikron-Infektionszahlen die Quarantäneregeln vor Ort schnell anpassen zu können, sagte der Präsident des Deutschen Städtetages, Münsters Oberbürgermeister Markus Lewe am Mittwoch dem „Deutschlandfunk“. Lewe plädierte für eine zeitlich befristete Lockerung des Datenschutzes, um den Infpormationaustausch zwischen den Gesundheitsämtern und dem Robert-Koch-Institiut zu erleichtern.
Am Mittwochmorgen meldete das RKI rund 59.000 Neuinfektionen, etwa 19.000 mehr als vor einer Woche. Die Zahlen gelten noch nicht als belastbar, weil während der Feiertage weniger getestet wurde. (af/hom)