Antrag im Bundestag
Liberale wollen Vereinsamung den Kampf ansagen
Chronischer Stress, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Depressionen: Studien zeigen, dass Einsamkeit krank machen kann. Die FDP ruft nun nach einem Regierungsbeauftragten, der sich des Themas annimmt. Neu ist die Forderung nicht.
Veröffentlicht:Berlin. Die FDP-Fraktion im Bundestag fordert eine Art Einsamkeitsbeauftragten im Bundeskanzleramt. Zudem solle sich eine Expertenkommission mit dem Phänomen der Einsamkeit und seinen Auswirkungen auf den einzelnen Menschen und die Gesellschaft beschäftigten, fordern die Liberalen in einem Antrag an das Parlament. Der Antrag liegt der „Ärzte Zeitung“ vor.
Einsamkeit stelle einen mit Rauchen und Fettleibigkeit vergleichbaren Risikofaktor für die Gesundheit dar, begründen die Liberalen ihren Vorstoß. Wissenschaftliche Studien belegten, dass Vereinsamung das Risiko für chronischen Stress, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Depression, Demenz, frühen Tod und Suizid erhöhe. Auch Pflegebedürftigkeit trete bei einsamen Menschen früher und häufiger auf.
Aktionsplan gegen Einsamkeit
Ein interdisziplinär besetzter Expertenrat solle Empfehlungen vorlegen, wie zunehmender Vereinsamung begegnet werden könne, fordert die FDP in ihrem Antrag. Darauf aufbauend solle ein Aktionsplan entwickelt werden, der neben neuen Wohn- und Mobilitätskonzepten auch die Förderung von digitaler und Gesundheitskompetenz enthalte.
Der digitale Raum ermögliche neue Wege, sich miteinander zu vernetzen. Insbesondere für ältere Menschen mit eingeschränkter Mobilität eröffneten sich dadurch neue Möglichkeiten, mit Freunden und Familie in Kontakt zu bleiben. Zudem brauche es Informations- und Aufklärungskampagnen, um für mehr Aufmerksamkeit für das Thema Einsamkeit zu sorgen.
Grundsätzlich sollten alle Maßnahmen zur Prävention und Bekämpfung von Einsamkeit im Sinne des Health-in-All-Policies-Ansatz (HiAP) ressortübergreifend abgestimmt und angegangen werden, betonen die Liberalen.
„COVID-19 auch eine Pandemie der Einsamkeit“
Die aktuelle Coronavirus-Pandemie verstärke das Phänomen der Einsamkeit noch weiter, sagte der FDP-Obmann im Gesundheitsausschuss, Professor Andrew Ullmann, am Donnerstag der „Ärzte Zeitung“. Viele Menschen fühlten sich aufgrund der Kontaktbeschränkungen und des Lockdowns einsamer denn je – und dies unabhängig vom Alter. Die fehlende Langzeitstrategie der Bundesregierung im Umgang mit der Pandemie verschärfe das Problem.
„Einsamkeit macht krank“, warnte Ullmann. Sie verursache viele psychische und physische Leiden. „Manch einer schämt sich sogar dafür, denn Einsamkeit ist immer noch ein Tabu-Thema.“ Die Politik müsse daher endlich etwas gegen Vereinsamung tun.
Vergangenes Jahr hatte es auch aus der SPD heraus Forderungen nach Einsetzung eines Regierungsbeauftragten gegeben, der sich um Einsamkeit und die Folgen von Isolation kümmern soll. Als erstes Land weltweit hatte Großbritannien 2018 eine eigene Ministeriumsabteilung für Einsamkeit ins Leben gerufen.