Cochrane Zentrum

Linke fordern mehr Geld vom Bund

Evidenzbasierte Medizin ist für das Gesundheitswesen von grundlegender Bedeutung. Eine dauerhafte Finanzierung für das Cochrane Zentrum durch den Bund ist dennoch nicht in Sicht. Das wird zunehmend kritisch betrachtet.

Anno FrickeVon Anno Fricke Veröffentlicht:
„Die Wahrheit wird euch frei machen“ prangt in goldenen Lettern an der Fassade des Kollegiengebäudes I der Universität in Freiburg. Das Cochrane Zentrum nimmt im deutschen Gesundheitswesen eine wichtige Rolle ein.

„Die Wahrheit wird euch frei machen“ prangt in goldenen Lettern an der Fassade des Kollegiengebäudes I der Universität in Freiburg. Das Cochrane Zentrum nimmt im deutschen Gesundheitswesen eine wichtige Rolle ein.

© Rolf Haid / dpa

BERLIN. Für ihre Richtlinienarbeit benötigen der Gemeinsame Bundesausschuss (GBA) und das ihm angeschlossene Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) qualitätsgesicherte Informationen. Der Wissenschaftsbetrieb produziert fortlaufend Studien, die den Korpus des medizinischen Wissens schnell anschwellen lassen.

Hier Übersicht zu schaffen und Entscheidern evidenzbasierte Informationen zur Verfügung zu stellen, gilt zu einem guten Teil als Verdienst der Cochrane Zentren und ihrer Review-Gruppen.

Obwohl die Bundesregierung die Bedeutung des Cochrane Zentrums an der Freiburger Albert-Ludwigs-Universität grundsätzlich als sehr hoch einschätzt, erhält das Zentrum Fördermittel der Bundesregierung nur auf Antrag. Das hat die Fraktion der Linken zum Anlass für eine parlamentarische Anfrage genommen.

Gute Leute können nicht gehalten werden

Die Linken fürchten, dass sich wegen der unsicheren Finanzierung gute Köpfe nicht langfristig an das Zentrum binden lassen. "Der Bundesregierung ist die prekäre Finanzsituation des Deutschen Cochrane Zentrums seit Jahren bekannt. Darum sollte sie eine stabile und nachhaltige Ausfinanzierung dieser wichtigen Einrichtung gewährleisten", fordert die Linken-Gesundheitsexpertin Kathrin Vogler.

In ihrer Antwort räumt Staatssekretärin Annette Widmann-Mauz (CDU) ein, dass es einen gesetzlich verankerten Bedarf an Methoden und Instrumenten der evidenzbasierten Medizin gebe und dass die Arbeit des Deutschen Cochrane Centers einen äußerst wichtigen Baustein darin darstelle.

Gleichzeitig verweist die Staatssekretärin darauf, dass die Projektförderung für das Cochrane Zentrum nur eingeschränkte Planungssicherheit biete. Bei einer Expertenanhörung im Gesundheitsausschuss im Februar hatte Widmann-Mauz die jetzige Projektförderung als "keine gute Lösung" bezeichnet und eine nachhaltige Förderung als wünschenswert bezeichnet.

Angesichts der Summen, die sonst im Gesundheitswesen aufgerufen werden, ist die Arbeit der Freiburger Wissenschaftler vergleichsweise preiswert. 2014 hat das Zentrum nach Angaben der Bundesregierung insgesamt über etwa eine Million Euro verfügen können.

Nur zwölf Wissenschaftler

Darin enthalten sind 150.000 Euro des Gesundheitsministeriums und 100.000 Euro aus dem Etat des baden-württembergischen Forschungsministeriums. Den Löwenanteil steuern mit insgesamt 475.000 Euro die Medizinische Fakultät der Universität Freiburg und das Universitätsklinikum bei.

Gerade einmal zwölf Wissenschaftler, einige davon in Teilzeit, arbeiten laut Regierungsantwort daran mit, dass "eine wissenschaftlich fundierte, an den Grundzügen der evidenzbasierten Entscheidungen ausgerichtete Medizin in Deutschland Anwendung findet".

Unterdessen fordert die Fachwelt eine breitere Unterstützung durch die Freiburger Wissenschaftler. Ein vom Gesundheitsministerium in Auftrag gegebenes Prognos-Gutachten kommt zu dem Schluss, dass die derzeitige inhaltliche und thematische Ausrichtung des Zentrums nicht ausreichend sei. "Für eine angemessene Wirkung im System sollte daher der bestehende Umfang der Kernaufgaben quantitativ erweitert werden".

Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen hat in seinem Gutachten aus dem Jahr 2014 sogar für den Ausbau des Cochrane Zentrums zu einem unabhängigen deutschen Institut für Gesundheitswissen plädiert, das zum Beispiel auch den Wissenstransfer aus fremdsprachigen internationalen Evidenzquellen organisieren sollte.

Voraussetzung dafür, so die Gesundheitsweisen, sei jedoch eine stabile Finanzierung, die aus ordnungspolitischen Gründen steuerfinanziert sein sollte.

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Kommentare
Bernhard Seuling 27.08.201510:51 Uhr

Schande

Es ist wirklich eine Schande zu sehen, dass bei Leistungsausgaben der GKV von 193.630 Millionen in 2014 nichts in dieses wichtige Vorhaben fließt.

Dafür geben die GKVen aber viele Millionen pro Jahr an Kosten für Homöopathie aus. Dafür scheint es ja einen Markt zu geben, der das möglich macht.

Dr. Joseph Kuhn 27.08.201508:40 Uhr

Gesundheitspolitisches Armutszeugnis

Alle im Prognos-Gutachten für das Cochrane Zentrum erörterten Entwicklungsoptionen sind finanziell gesehen peanuts. Wenn sich dafür keine Lösung findet, ist das ein gesundheitspolitisches Armutszeugnis.

Dr. Günther Jonitz 27.08.201507:38 Uhr

Fehlender Wille

mit einem Blick auf die Liste der "blauen Liste Institute"
https://de.wikipedia.org/wiki/Leibniz-Gemeinschaft
wird klar, welche Institutionen mit staatlichem Geld dauerhaft versorgt werden. Medizinische "Leuchttürme" sind da schwer zu erkennen.

Und € 300Mio pro Jahr für "innovative Versorgung" resp. Versorgungsforschung hat der Gesetzgeber via GKV freigegeben. Wäre es nicht mal innovativ, mit "sauberem Wissen" besser zu erkennen, was Unfug und was relevant in der Patientenversorgung ist?

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