Bundestagswahl 2021
Marburger Bund legt Forderungen an die Wahlkämpfer vor
Weg mit den DRGs und dem ökonomischen Druck in den Kliniken, aber mehr Kooperationen mit niedergelassenen Ärzten: Diese Wünsche gibt der Marburger Bund den Parteien mit in den Bundestags-Wahlkampf.
Veröffentlicht:Berlin. Der Marburger Bund (MB) hat seine Positionen zur Bundestagswahl vorgelegt. Ein Kernpunkt: Das DRG-System soll abgeschafft und durch ein kombiniertes Vergütungssystem ersetzt werden.
Dieses soll sich aus krankenhausindividuellen Personalausgaben und Vorhaltekosten sowie landeseinheitlichen Pauschalzahlungen für Sach- und Betriebskosten zusammensetzen. Ergänzt werden soll das System durch eine vollständige Investitionsfinanzierung der Länder. Das Fallpauschalensystem habe zu viele Fehlanreize. Einzelne Korrekturen reichten nicht aus, so der MB.
Wichtig ist der Ärztegewerkschaft auch, die öffentliche Daseinsvorsorge zu stärken. Diese müsse effektiv und effizient sein, „ohne die Leistungserbringer zu überfordern und die Erwirtschaftung von Renditen über die Patientenversorgung und das Wohl der Mitarbeitenden im Gesundheitssystem zu stellen“, fordert der MB.
Pandemie hat Irrweg vor Augen geführt
„Die unzureichende Vorhaltung von Schutzkleidung, Masken und anderen Materialien zu Beginn der Pandemie hat uns vor Augen geführt, dass die Übertragung industrieller Verfahrensweisen wie die Just-in-time-Lieferung auf das Gesundheitswesen ein absoluter Irrweg ist“, so der MB.
Auch abseits der Pandemie hätten die zunehmenden Engpässe bei der Versorgung mit bestimmten Arzneimitteln gezeigt, dass der Zug seit einiger Zeit in die falsche Richtung rolle. In der nächsten Legislaturperiode müssten die Weichen deshalb neu gestellt werden. Gesundheit sei kein marktwirtschaftliches Gut.
Gefordert wird von den Klinikärzten zudem, die Personalvorgaben in den Häusern so zu bemessen, dass eine qualitativ hochwertige Patientenversorgung gewährleistet sei. Durchsetzen würde der MB auch gerne ein Verbandsklagerecht für Gewerkschaften.
Wahlprogramme und Forderungen
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So könnten staatliche Stellen in einem formalen Verfahren über systematische Verstöße gegen das Arbeitszeitrecht informiert und auf deren Beseitigung hingewirkt werden. „Die einzelnen Beschäftigten würden dadurch von der individuellen Durchsetzung arbeitszeitrechtlicher Regelungen befreit.“
Wehrten sich Arbeitnehmer gegen tarifvertrags- oder gesetzeswidrige Bedingungen, seien karrierehemmende Reaktionen des jeweiligen Arbeitgebers nicht auszuschließen, begründet der MB das Anliegen in seinem Positionspapier.
Klima und Gesundheit im Blick haben
Stark macht sich der Verband auch für aktive Klimaschutzpolitik. So sollten Maßnahmen gegen klimabedingte Gesundheitsfolgen umgehend geplant und umgesetzt werden. Dazu gehöre es, vulnerable Gruppen zu identifizieren, die Kapazitäten der öffentlichen Gesundheitssysteme mit Blick auf den Klimawandel auf den Prüfstand zu stellen und Vorsorgemaßnahmen zu entwickeln und in diese zu investieren.
Auch der Dauerbrenner der Gesundheitspolitik – die bessere Verzahnung der verschiedenen Versorgungsebenen – bildet einen Schwerpunkt der gesundheitspolitischen Positionen des Ärzteverbands. „Nur durch eine Verzahnung der verschiedenen Versorgungsbereiche ist eine bedarfsgerechte, flächendeckende und kontinuierliche Versorgung möglich“, schreibt der MB.
Um die Versorgung auch in der Fläche sicherzustellen, müssten Planungsbereiche flexibilisiert und kleinere Krankenhäuser durch Facharztkompetenz auch aus dem ambulanten Bereich unterstützt werden.
Dazu sollten Kooperationsverträge zwischen Krankenhausträgern, Krankenhausärzten und Vertragsärzten sowie Zweigpraxen geschlossen werden. Sei das regional nicht möglich, müsse das Krankenhaus einen ambulanten fachärztlichen Versorgungsauftrag bekommen.
Kampf gegen Tarifeinheit bleibt wichtig
Auch die ambulante und stationäre Notfallversorgung sollte von Krankenhäusern, Vertragsärzten und dem Rettungsdienst in integrativen Strukturen erbracht werden, fordert die Klinikärztegewerkschaft.
Nicht aufgeben will der MB den Kampf gegen das Tarifeinheitsgesetz. Es sei ein politischer Irrweg, dessen beste Korrektur die völlige Aufhebung des Gesetzes sei. Das Gesetz bevorzuge Branchengewerkschaften gegenüber Berusfgewerkschaften wie dem Marburger Bund.
„Bislang kam das Tarifeinheitsgesetz zwar noch nicht zur Anwendung, eine möglicherweise drohende Unterordnung bestimmter Berufsgruppen unter die Tarifhoheit sogenannter Einheitsgewerkschaften ist aber ein ständiger Begleiter in den Tarifverhandlungen“, kritisiert der MB. Das Tarifeinheitsgesetz kann den Abschluss arztspezifischer Tarifverträge erheblich erschweren.
Schluss mit kalter Strukturbereinigung
„Das Gesundheitssystem braucht eine Neujustierung. Die Strukturen der Versorgung müssen an den aktuellen und zukünftigen Versorgungsnotwendigkeiten ausgerichtet werden. Das ist das Gegenteil von einer ökonomisch getriggerten, kalten Strukturbereinigung, wie sie derzeit stattfindet“, sagte die 1. Vorsitzende des Marburger Bundes, Dr. Susanne Johna, mit Blick auf die Bundestagswahl Ende September. (chb)