Gesundheitsministerkonferenz
Minister haben von Kassenaufsicht die Nase voll
Bundesamt für Soziale Sicherung, Bundesärztekammer, Bundesausschuss oder BMG: Fast alle Akteure bekommen von den Ländergesundheitsministern ihr Fett weg. Die monieren an vielen Stellen Versorgungsmängel.
Veröffentlicht:Berlin. Die Gesundheitsminister der Länder fordern den Bund auf, das Bundesamt für Soziale Sicherung (BAS, ehemals Bundesversicherungsamt) in die Schranken zu weisen.
In einem Beschluss der Gesundheitsministerkonferenz wird das Bundesgesundheitsministerium aufgefordert, die Behörde anzuhalten, nicht ihre Kompetenzen zu überschreiten. Auch dürfe das Aufsichtshandeln nicht dazu führen, dass regionale Versorgungsstrukturen gefährdet werden.
Hintergrund der Kritik ist ein Streit um förderungswürdige Leistungen, die in der Gesamtvergütung von Kassen und KVen geregelt sind. In einem Rundschreiben im September 2018 hatte das BAS „Mängel in der Vertragsgestaltung“ ausgemacht und daraufhin in Baden-Württemberg einen bereits konsentierten Honorarvertrag für 2020 beanstandet. Ende Mai hatte die Südwest-KV vor Gericht einen Etappensieg errungen und darf seither die Gelder vorläufig weiter an die Vertragsärzte auszahlen.
Auch andere Akteure sind Gegenstand von Kritik und Forderungen der GMK:
- Information über Schwangerschaftsabbrüche: Sehr unzufrieden zeigen sich die Gesundheitsminister mit der bei der Bundesärztekammer geführten Liste von Einrichtungen, die Schwangerschaftsabbrüche vornehmen. Die im Schwangerschaftskonfliktgesetz angestrebte bessere Information von Frauen sei bisher „bei Weitem nicht erreicht“ worden, heißt es in dem Beschluss. Nötig seien „grundlegende Nachbesserungen“. Der Bund soll der GMK berichten, was unternommen wird, damit sich mehr Ärzte auf der Liste registrieren lassen.
- Gesundheitsuntersuchungen für Kinder und Jugendliche: Die GMK fordert den Gemeinsamen Bundesausschuss auf, die Richtlinien zu den U-Untersuchungen anzupassen. Ziel müsse es sein, dass die U10, U11 und J2 zu Pflichtleistungen der Kassen erklärt werden, so dass alle Kinder und Jugendlichen sie wahrnehmen können.
- Medizinische Zentren für Erwachsene Menschen mit Behinderungen (MZEB): Der 2015 geschaffene Rechtsanspruch auf Behandlung in einem MZEB werde „in vielen Fällen nicht oder nur unzureichend“ umgesetzt, rügt die GMK. Das BMG wird gebeten zu prüfen, ob der gesetzlich verbriefte Versorgungsauftrag „(noch erfüllt wird“. Ziel müsse es sein, die Gründung neuer MZEB zu erleichtern und deren Versorgungsbeitrag gerade im Sinne einer Lotsenfunktion zu stärken. Die bundesweit rund 60 MZEB sollen die Regelversorgung durch Vertragsärzte und Krankenhäuser ergänzen. Der Behindertenbeauftragte der Bundesregierung, Jürgen Dusel (SPD), hatte anlässlich der verschiedenen Rettungsschirme im Zuge der Corona-Pandemie eine Vernachlässigung der MZEB beklagt.
- Ambulante spezialfachärztliche Versorgung (ASV): Die GMK spricht sich für weniger Bürokratie auf, um an der ASV teilnehmen zu können. Da die ASV eine wichtige Grundlage für eine sektorenübergreifende Versorgung darstelle, sollte die Zahl dieser Angebote erhöht werden. Bundesweit sind rund 360 ASV-Teams aktiv. Das BMG wird aufgefordert, bis März 2021 Verbesserungsvorschläge und Eckpunkte für eine Reform des Paragrafen 116b SGB V vorzulegen.
- Finanzierung der Krebsberatungsstellen: Ungeklärt ist einem Beschluss der GMK zu Folge die Finanzierung der Beratungsstellen mit sozialer Schwerpunktsetzung – hier ist die Gesetzliche Rentenversicherung der zentrale Kostenträger. Der Bund soll daher einen Vorschlag machen, wie die Finanzierung auch im Sozialgesetzbuch VI gemeinsam durch GKV und Rentenversicherung erfolgen könne. Noch im laufenden Jahr solle dabei die Auszahlung von Fördermitteln aus der Rentenkasse bei den Beratungseinrichtungen beginnen, die bisher schon anteilig durch die GKV finanziert werden.
- Transparenz bei MVZ: Die Gesundheitsminister fordern das BMG auf, Medizinische Versorgungszentren dazu zu verpflichten, die Trägerschaft gegenüber den Patienten offenzulegen. Dazu wollen die Länder den Paragrafen 95 SGB V ergänzt sehen. Auf dem Praxisschild des MVZ sollten demnach Trägerschaft und Rechtsform erkenntlich sein. Außerdem wollen die Länder eine weitere Sperrklausel für die Zulassung von MVZ einziehen: Sie soll dann greifen, wenn der Träger des MVZ im jeweiligen KV-Bezirk bereits einen Anteil von 25 Prozent der Ärzte einer Fachgruppe aufweist.