Notdienst-Reform

Nordrhein rauft sich zusammen

Nach teils heftigen Debatten nahmen die Vertreter Kurs auf die Reform des Notdienstes. Der Gedanke, es komme vor allem auf einen einheitlichen Zugang für alle Bürger an, setzte sich durch.

Ilse SchlingensiepenVon Ilse Schlingensiepen Veröffentlicht:

DÜSSELDORF. In der KV Nordrhein (KVNo) nimmt die grundlegende Reform des Notdienstes Gestalt an. Die Sonder-Vertreterversammlung (VV) hat am Mittwochabend Eckpunkte für die neuen Strukturen festgelegt.

Trotz einer heftigen und zum Teil polemischen Debatte erhielten die entscheidenden Anträge am Ende eine breite Mehrheit. Das sind die wesentlichen Neuerungen:

Die Zahl der allgemeinen ärztlichen Notdienstpraxen wird von 61 auf 41 reduziert. Fest steht nur, wie viele Praxen es pro Kreisstelle gibt, die genauen Standorte werden noch ermittelt.

Auf Antrag der Kreisstellen dürfen Ärzte darüber hinaus Dependancen mit eingeschränkten Öffnungszeiten einrichten. Hinzu kommen 31 fachärztliche Notdienste.

Künftig werden 54 statt bislang 111 Ärzte im Fahrdienst die Versorgung sicherstellen. Die KVNo setzt auf professionelle Fahrer, die Ärzte werden nicht mehr selbst zu den Patienten fahren.

Die Arztrufzentrale in Duisburg koordiniert die Hausbesuche.

Der Fahrdienst steht während der gesamten Zeiten des Notdienstes zur Verfügung. Für die Einteilung des Sitzdienstes sind feste Zeitfenster mit Mindestzeiten vorgesehen.

Die Ärzte sollen pro Jahr nicht mehr als 50 Stunden Notdienst ableisten.

Weite Wege sind programmiert

Es wird wohl bis Ende 2016 dauern, bis die Reform greift. Die Ärztekammer Nordrhein muss der notwendigen Änderung der gemeinsamen Notdienstordnung zustimmen.

Die Reform habe Vorteile für Patienten und Ärzte, warb Dr. Heidemarie Pankow-Culot, die Vorsitzende des Notdienstausschusses. "Patienten haben garantierte Standorte, garantierte Zeiten und eine garantierte Qualität."

Für die Ärzte verringere sich künftig die Dienstbelastung, die Regelungen seien nachhaltiger und familienfreundlicher.

Die Kehrseite seien unter anderem weitere Wege für Ärzte und Patienten, räumte Pankow-Culot ein. Dieser Aspekt hatte im Vorfeld der VV die Angst vor einer Verschlechterung der Versorgung geschürt.

Ärzte und Patienten aus einigen Regionen waren als Gäste zur VV gekommen, um ihrem Unmut Ausdruck zu verleihen.

Ein wesentliches Ziel der Reform sei es, den Patienten in Nordrhein einen möglichst einheitlichen Zugang zum Notdienst zu gewährleisten, sagte der stellvertretende Ausschussvorsitzende Dr. Ludger Wollring.

"Die Patienten haben in allen Regionen den gleichen Anspruch, denn sie zahlen die gleiche Kohle an die Kasse."

Vor allem Kritiker meldeten sich

In der Debatte meldeten sich vor allem die Kritiker zu Wort. Dem Ausschuss und dem KVNo-Vorstand wurde ein undemokratisches Verhalten vorgeworfen.

"Es geht bei dieser Reform nicht um eine gute Versorgung vor Ort, sondern um das Durchsetzen von Veränderungen von oben nach unten", bemängelte Martin Grauduszus vom Hambacher Bund.

Dr. Dirk Mecking, Vorsitzender des nordrheinischen Hausärzteverbands, kritisierte den ursprünglichen Plan mit der strikten Begrenzung auf 41 Praxen und maximal 50 Stunden pro Arzt. "Es muss für die Kreisstellen die Möglichkeit der Vor-Ort-Lösung geben."

Das "Minimal-Konzept" müsse erweitert werden können, um die Versorgung sicherstellen zu können, forderte er. Die letztlich mit breiter Mehrheit beschlossene Option der Einrichtung von Dependancen ist auf eine Initiative des Hausärzteverbands zurückzuführen.

Die HNO-Ärztin Dr. Christiane Friedländer kritisierte die angestrebte Einheitlichkeit. Das erinnere an Sozialismus. Freiberuflern eine maximale Dienstbelastung von 50 Stunden im Jahr vorzugeben sei "völlig absurd", sagte sie.

Der hausärztliche Internist Dr. Hans-Reinhard Pies, Mitglied des Notdienstausschusses, wies darauf hin, dass der Erarbeitung des Konzepts viele Beschlüsse der VV und Diskussionen im Ausschuss vorangegangen seien.

Vorwürfe, die Reform werde von oben oktroyiert, seien unberechtigt. "Mit der Öffnungsklausel ist die Sache rund und plausibel", sagte er. Die Mehrheit der Delegierten schien diese Einschätzung dann doch zu teilen.

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