Reform im Mai

Organspende: Schweizer Bischöfe lehnen geplante Widerspruchsregelung ab

Die Schweiz stimmt Mitte Mai über die Einfühung des Widerspruchsmodells bei der Organspende ab. Die Bischofskonferenz des Landes empfiehlt, sie abzulehnen.

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Bern. Am 15. Mai stimmen die Schweizer über eine Reform des Transplantationsgesetzes ab. Angestoßen hat das Vorhaben bereits vor Jahren die Volksinitiative „Organspende fördern – Leben retten“. Nach langen Diskussionen soll nun über die Einführung einer erweiterten Widerspruchsregelung entschieden werden.

Die sieht vor, dass künftig jede Person ab 16 Jahren zu Lebzeiten festhalten muss, wenn sie alle oder einzelne Organe nicht spenden will. Wer seine Ablehnung nicht entsprechend dokumentiert, gilt demzufolge nach dem Tod als Organspender. Allerdings wird den Angehörigen ein Mitspracherecht eingeräumt.

Derzeit gilt in der Schweiz die Zustimmungsregelung. Nach Angaben des IRODaT-Registers spendeten im Jahr 2020 17 Menschen auf eine Millionen Einwohner nach ihrem Tod ihre Organe. In Deutschland liegt der Wert bei rund 11.

In einem Positionspapier haben sich nun die katholischen Bischöfe der Alpenrepublik ablehnend zu dem Vorhaben geäußert. „Die katholische Kirche unterstützt und fördert die Organspende“, hießt es in der Stellungnahme der Bioethik-Kommission der Schweizer Bischofskonferenz. Die Organspende stelle „einen Akt inniger Nächstenliebe und Solidarität dar“.

Manche Kantone hatten die Regel früher schon

Allerdings müsse ein Mensch frei und nach umfassender Aufklärung ausdrücklich einer Organspende zustimmen können. Die Bischöfe erinnern an die Kritik anderer Ethikkommissionen an dem Widerspruchsmodell. Würden einer Person ohne ihre ausdrückliche Zustimmung Organe entnommen, bedeute das eine „Beeinträchtigung der Persönlichkeitsrechte“. Das geplante Gesetz sei daher „weniger ethisch als das aktuelle Modell“.

Die bischöfliche Kommission bezweifelt, dass die geplante erweiterte Widerspruchsregelung zu mehr Organspenden führt. Beispiele aus anderen Ländern hätten gezeigt, dass sich ein Wechsel von der Zustimmungs- zur Widerspruchsregelung negativ auf die Spenderate auswirken könne. Zudem habe es in manchen Kantonen früher bereits das Widerspruchsmodell gegeben, doch davon sei man wegen ausbleibender Erfolge abgerückt.

Erklärungsregelung derzeit keine Option

Die Bischöfe kritisieren zudem, dass Bundesrat und Parlament alternative Vorschläge nicht aufgenommen hätten. Nach der Erklärungsregelung etwa hätte jeder Schweizer regelmäßig festhalten müssen, ob er bereit ist, Organe zu spenden oder nicht. Oder ob er einer Vertrauensperson diese Entscheidung überlässt.

Auf diese Weise wäre der Wille eines jeden Einzelnen bekannt gewesen, so die Kommission. Doch der Vorschlag kommt nicht zur Abstimmung. Nicht zuletzt deshalb empfehlen die Bischöfe die Ablehnung des aktuellen Gesetzesvorhabens. So könne die Erklärungsregelung später erneut vorgeschlagen werden. (KNA/eb)

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