Versorgungslücke befürchtet
Pädiater fordern schnelle Corona-Impfung auch für Praxisteams
Fällt Praxispersonal wegen einer Corona-Infektion aus, könnte es in der Kinderheilkunde schnell zu Versorgungsengpässen kommen, mahnen Pädiater. Zudem fordern sie Regeln für die Ausweitung des Kinderkrankengeldes.
Veröffentlicht:Neu-Isenburg. Vielerorts sind die Impfungen des Klinikpersonals gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 bereits angelaufen. Nun appellieren die Pädiater, auch die niedergelassenen Ärzte und ihre Teams zügig zu impfen.
„Wir halten es für sehr riskant, die Praxisteams erst nach dem Pflegeheim- und Klinikpersonal zu impfen“, so der Präsident des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ), Dr. Thomas Fischbach auf www.kinderaerzte-im-netz.de. „Arztpraxen bilden einen wichtigen Schutzwall für die ohnehin durch die Pandemie überbelasteten Kliniken“, ergänzt er.
Da Kinder nur äußerst selten wegen einer COVID-Erkrankung stationär behandelt werden müssten, versorgten die Kinder- und Jugendärzte annähernd 100 Prozent aller minderjährigen COVID-Patienten.
Viele Pädiater gehören zur Altersgruppe 60plus
Fallen nun mehrere Praxen aus, weil niedergelassene Ärzte selbst an COVID-19 erkranken, würde gerade im Falle der Kinderärzte aber nicht nur dieser Schutzwall bröckeln. „Ein gutes Drittel, wenn nicht mehr“ der niedergelassenen Pädiater gehören zur Altersgruppe 60 plus und damit auch zu den Risikogruppen, sagte Barbara Mühlfeld, BVKJ-Pressesprecherin in Hessen der „Ärzte Zeitung“.
Hinzu komme das höhere Expositionsrisiko, weil die Pädiater auch die Notdienstversorgung zum Teil nachts und an den Wochenenden übernähmen. „Es trifft auch jüngere Kollegen“, stellt Mühlfeld klar.
Die Folgen solcher Praxisausfälle wären laut Fischbach enorm: Dies bedeute nicht nur, dass „akut erkrankte Patienten – vor allem in ländlichen Regionen – unversorgt bleiben, sondern auch die chronisch Kranken, es werden dann keine Vorsorgen gemacht, keine Impfungen, die gesamte medizinische Versorgung bricht dann zusammen“.
Corona-Kinderkrankengeld aus der Praxis halten
Eine klare Forderung haben die Pädiater auch in Sachen Erweiterung des Kinderkrankengeldes wegen corona-bedingter Kita- und Schulschließungen: „Das gehört nicht in die Praxen und muss dringend geregelt werden“, so Mühlfeld.
Bundeskanzlerin Angela Merkel und die Länderchefs hatten am 5. Januar beschlossen, dass in einem solchen Fall in diesem Jahr pro Elternteil zehn zusätzliche Tage möglich sind. Der Bundestag muss dem allerdings noch zustimmen. Bereits jetzt befänden sich viele Kinderärzte in einer Grauzone, weil Eltern durchaus mit dem Wunsch einer Kinderkrankmeldung in die Praxen kämen.
„Das ist keine Sache, die zulasten der Kasse und der Praxen gehen darf“, sagt Mühlfeld. Jedes Kind, das unnötig in der Praxis vorgestellt werden müsse, bedeute ein zusätzliches Risiko im Infektionsgeschehen und binde unnötig Versorgungskapazitäten.
Kontaktbeschränkungen in der Kritik
An einem anderen Punkt der neuen Corona-Regeln stößt sich der Deutsche Kinderschutzbund: Dass Kinder unter 14 Jahren nicht mehr von den strengeren Corona-Kontaktbeschränkungen ausgenommen sein sollen, heißt dessen Präsident Heinz Hilgers nicht gut.
„Ich kann nur für unsere Kleinen hoffen, dass die Ausnahme bleibt“, sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Kinder bräuchten für ihre Entwicklung Gleichaltrige, um sich zu messen und zu spielen. Auch für die Eltern bedeute eine Verschärfung in diesem Punkt eine „Katastrophe“.
Viele seien bei der Betreuung von Kindern auf die Hilfe von Familie oder Nachbarn angewiesen. Das aber werde durch die geplante Maßnahme teilweise unmöglich gemacht. (Mit Material von dpa)