Corona-Pandemie

Pädiater kritisieren Aussetzung der Präsenzpflicht an Schulen

Wegen hochschnellender Corona-Infektionszahlen setzt das Land Berlin die Präsenzpflicht an Schulen aus. Kinder- und Jugendärzte reagieren mit Unverständnis – und weisen auf ein Missverständnis hin.

Veröffentlicht:
Unterricht an einer Berliner Schule unter Coronabedingungen. Wegen der hohen Inzidenzzahlen hat die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) die Präsenzpflicht ausgesetzt. Daran gibt es Kritik von Kinder- und Jugendärzten.

Unterricht an einer Berliner Schule unter Coronabedingungen. Wegen der hohen Inzidenzzahlen hat die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) die Präsenzpflicht ausgesetzt. Daran gibt es Kritik von Kinder- und Jugendärzten.

© Christoph Soeder / dpa / picture alliance

Berlin. Kinder- und Jugendärzte haben die Entscheidung des Berliner Senats, die Präsenzpflicht an Schulen wegen der Omikron-Welle bis Ende Februar auszusetzen, kritisiert. „Die Politik versucht, sich wie eine Schlange durchs Gras zu bewegen und will keinem wehtun“, sagte der Präsident des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ), Dr. Thomas Fischbach, der „Ärzte Zeitung“ am Donnerstag.

Die Zahl der wegen einer Corona-Infektion schwer erkrankten Kinder sei „minimal – selbst bei einer so hohen Inzidenz wie der aktuellen“, sagte Fischbach. Inzidenz sei nicht gleich Krankheit. „Das wird hier dauernd vermischt.“

Es gebe jede Menge Kinder, bei denen das Virus nachgewiesen werde, die aber keine Symptome hätten. „Dass man trotzdem wieder mit dem Gedanken spielt, Homeschooling anzubieten oder Schulen zu schließen, erschließt sich mir nicht.“

Politiker in Bund und Ländern hätten zuletzt mehrfach zugesagt, den Unterricht trotz Pandemie aufrechtzuhalten – und zwar in Präsenz, so Fischbach. Auch nach der Bund-Länder-Schalte zu Corona am vergangenen Montag sei an diesem Versprechen nicht gerüttelt worden.

Fischbach: „Perfide Debatte“

Es sei nicht einzusehen, dass Kinder und Jugendliche erneut von Bildungschancen abgekoppelt werden sollten, so der BVKJ-Chef. Das Lernen zu Hause könne den Unterricht in der Klasse in keiner Weise ersetzen. „Homeschooling taugt nicht, und es klappt an vielen Stellen auch nicht.“

Überhaupt empfinde er die Debatte um Schulschließungen als perfide. „Kinder sollen auf Bildung verzichten, damit die sich unsozial verhaltenden Erwachsenen, die sich nicht impfen lassen wollen, geschützt werden.“

Berlins Regierende Bürgermeisterin, Franziska Giffey (SPD), hatte die vorübergehende Aussetzung der Präsenzpflicht an Schulen im Anschluss an die Bund-Länder-Beratungen Anfang der Woche mit hohen Corona-Inzidenzen in der Bundeshauptstadt begründet. Eltern können demnach selbst entscheiden, ob sie ihr Kind zur Schule gehen lassen oder ob das Kind zu Hause lernen soll.

Viele Eltern seien in Sorge, ihre Kinder könnten sich in der Schule infizieren. Dieser Angst trage man mit der Entscheidung Rechnung. Die Schulen blieben gleichwohl offen, betonte Giffey.

Sorgen wegen Rekordinzidenzen

Die Bundeshauptstadt verzeichnet hohe Rekordwerte bei der 7-Tage-Inzidenz. Aktuell liegt sie bei über 1800 je 100.000 Einwohner. Berlins Schüler haben ab dem kommenden Montag eine Woche Winterferien. Das Land Brandenburg hat die Präsenzpflicht in Schulen für einzelne Jahrgangsstufen bereits seit Ende November 2021 ausgesetzt.

Zur Debatte um eine allgemeine Impfpflicht erklärte Fischbach, der BVKJ habe sich mit deutlicher Mehrheit für eine solche Verpflichtung ausgesprochen. „Und wir sind nach wie vor der Ansicht, dass das der richtige Weg aus der Pandemie ist.“

Selbst wenn zum Sommer hin die Infektionszahlen wieder abflauen würden, wisse keiner, wie es im nächsten Herbst und Winter aussehe. „Soll das Theater dann von vorne losgehen?“ (hom)

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Verbesserter Herzschutz

Influenza-Impfraten erhöhen: So geht’s!

Das könnte Sie auch interessieren
Wie patientenzentriert ist unser Gesundheitssystem?

© Janssen-Cilag GmbH

Video

Wie patientenzentriert ist unser Gesundheitssystem?

Kooperation | In Kooperation mit: Janssen-Cilag GmbH
Höhen- oder Sturzflug?

© oatawa / stock.adobe.com

Zukunft Gesundheitswesen

Höhen- oder Sturzflug?

Kooperation | In Kooperation mit: Janssen-Cilag GmbH
Patientenzentrierte Versorgung dank ePA & Co?

© MQ-Illustrations / stock.adobe.com

Digitalisierung

Patientenzentrierte Versorgung dank ePA & Co?

Kooperation | In Kooperation mit: Janssen-Cilag GmbH
Umgang mit Multimorbidität in der Langzeitpflege

© Viacheslav Yakobchuk / AdobeStock (Symbolbild mit Fotomodellen)

Springer Pflege

Umgang mit Multimorbidität in der Langzeitpflege

Anzeige | Pfizer Pharma GmbH
COVID-19 in der Langzeitpflege

© Kzenon / stock.adobe.com

Springer Pflege

COVID-19 in der Langzeitpflege

Anzeige | Pfizer Pharma GmbH
Kommentare
Tab. 2: Schlaf bei Kindern nichtpharmakologisch optimieren

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach Angaben von Prof. Dr. Christian F. Poets und [6]

Einschlafstörungen und Melatonin

Was braucht es für einen gesunden Schlaf bei Kindern und Jugendlichen?

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: P&G Health Germany GmbH, Schwalbach am Taunus
Abb. 1: Zeitaufwand pro Verabreichung von Natalizumab s.c. bzw. i.v.

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [9]

Familienplanung und Impfen bei Multipler Sklerose

Sondersituationen in der MS-Therapie

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Biogen GmbH, München
Protest vor dem Bundestag: Die Aktionsgruppe „NichtGenesen“ positionierte im Juli auf dem Gelände vor dem Reichstagsgebäude Rollstühle und machte darauf aufmerksam, dass es in Deutschland über drei Millionen Menschen gebe, dievon einem Post-COVID-Syndrom oder Post-Vac betroffen sind.

© picture alliance / Panama Pictures | Christoph Hardt

Symposium in Berlin

Post-COVID: Das Rätsel für Ärzte und Forscher

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: vfa und Paul-Martini-Stiftung
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Nach Bundesrats-Votum

Unterschiedliche Reaktionen auf beschlossene Klinikreform

Kommentar zur Entscheidung des Bundesrats

Klinikreform – ein Fall fürs Lehrbuch

Lesetipps