Ärzte-Umfrage zeigt
Patientenrechtegesetz war überflüssig
Was hat das Patientenrechtegesetz von 2013 gebracht? Es war wohl eher überflüssig. Das zeigen zumindest Ergebnisse des Gesundheitsmonitors der Bertelsmann-Stiftung und der Barmer GEK, für den 800 Ärzte befragt wurden.
Veröffentlicht:NEU-ISENBURG. Eine große Mehrheit der Ärzte bescheinigt sich gute oder sogar sehr gute Kenntnisse von Patientenrechten. Andererseits sind die konkreten Bestimmungen des Patientenrechtegesetzes von 2013 nur teilweise zur Ärzteschaft durchgedrungen.
Dies ist das Ergebnis einer Umfrage des Projekts Gesundheitsmonitor der Bertelsmann-Stiftung und der Barmer GEK unter 800 Ärzten, die im Jahr 2014 rund eineinhalb Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes stattgefunden hat.
Sowohl von Ärzten wie auch von Juristen war das Patientenrechtegesetz kontrovers diskutiert worden - das Urteil reichte von hilfreich (Transparenz angesichts einer unübersichtlichen Rechtsprechung) und überflüssig (lediglich Zusammenfassung der Rechtsprechung, aber nichts Neues) bis schädlich (Gesetz schafft neue Interpretationsprobleme).
Ärzte bescheinigen sich gute Kenntnis
Generell bescheinigen sich die befragten Ärzte ganz überwiegend eine gute oder sogar sehr gute Kenntnis von Patientenrechten: In allen vier Kategorien - Qualität/Sicherheit, Dokumentation, Patientenrecht auf Einsicht in Krankenunterlagen und Aufklärungspflichten - behaupten das um die 80 Prozent der Mediziner von sich.
Eine gewisse Differenzierung ergibt sich für Klinik- und niedergelassene Ärzte: Eine hohe Kenntnis behaupten 35 Prozent der Kliniker, aber nur 28 Prozent der niedergelassenen Kollegen.
Als Informationsgrundlagen geben die Krankenhaus-Mediziner Fachliteratur und interne Fortbildungsveranstaltungen, niedergelassene Ärzte ebenfalls Fachliteratur an erster Stelle und Qualitätszirkel an zweiter Stelle an.
Von der generellen Kenntnis über Patientenrechte unterscheidet sich aber die Einschätzung der befragten Ärzte, in welchem Umfang sie die Bestimmungen des Patientenrechtegesetzes kennen.
Lediglich 20 Prozent sind der Meinung, ihnen seien die meisten Bestimmungen (Experten) bekannt, 48 Prozent sind über einige Bestimmungen orientiert (Kenner) , und 32 Prozent kennen das Gesetz nicht oder nur vom Hörensagen.
Dabei zeigt sich, dass 44 Prozent der Befragten mit hoher Kenntnis von Patientenrechten auch das Patientenrechtegesetz sehr gut kennen. Andererseits sind 16 Prozent mit hoher Kenntnis von Patientenrechten Nichtkenner des Gesetzes.
Fast 70 Prozent derjenigen, die das Patientenrechtegesetz in fast allen Bestimmungen kennen, haben auch hohe Kompetenz in Patientenrechten generell.
Größere Belastung durch Papierkram
Hat das Gesetz den Patienten etwas gebracht? Vor allem Ärzte, die sich intensiv mit dem Gesetz beschäftigt haben, beurteilen dessen Wirkung kritisch, was den zusätzlichen Arbeitsaufwand angeht: 75 Prozent dieser "Experten" beklagen eine höhere Belastung.
Diese fällt vor allem für zusätzliche Dokumentationsaufgaben an, sagen 61 Prozent der niedergelassenen und sogar 71 Prozent der Klinikärzte. Durch Information und Aufklärung von Patienten fällt Mehrarbeit an, sagen 44 Prozent der niedergelassenen und 52 Prozent der Krankenhausärzte.
Patienten selbst scheinen hingegen trotz gestärkter Rechte bei deren Wahrnehmung eher zurückhaltend zu sein: nur fünf Prozent der niedergelassenen und zehn Prozent der Klinikärzte sagen, sie hätten Mehrarbeit auch mit Blick auf Patientenwünsche, etwa Einsicht in die Krankenunterlagen.
Ob das Gesetz den Patienten Vorteile bietet, bleibt unter Ärzten umstritten: 51 Prozent sind der Meinung, es schaffe für Patienten mehr Rechtssicherheit und Transparenz, 31 Prozent sagen teils/teils, 18 Prozent verneinen dies. Die Auswirkung in Bezug auf die Rechtssicherheit für Ärzte wird genau umgekehrt beurteilt: gut die Hälfte sieht eher wachsende Rechtsunsicherheit für sich selbst.
Nur eine Minderheit von Ärzten (26 Prozent) sehen im Patientenrechtegesetz eine Einengung bei der Auswahl ihrer Therapie, 47 Prozent verneinen dies, 27 Prozent sagen teils/teils.
Generell ist das Gesetz vor allem bei Ärzten umstritten, die sich intensiv damit auseinandergesetzt haben: Nahezu jeder zweite dieser Ärzte hält es für überflüssig; jeder fünfte niedergelassene Arzt und jeder zwölfte Klinikarzt hält es für schädlich. Nur ein Viertel der Niedergelassenen und ein Drittel der Kliniker vermag einen Nutzen für Patienten darin erkennen.
Eine weitere Erkenntnis aus der Umfrage: Besonders gut in Patientenrechten kennen sich Klinikärzte und darunter die "schneidenden Disziplinen" aus - Vertreter der sprechenden Medizin schneiden unterdurchschnittlich ab.