Personalnot in Heimen und Kliniken

Pflegepraktika und ihr „Klebeeffekt“ für den Nachwuchs

Pflege braucht Nachwuchs. Um den zu locken, könnten Praktika in Altenheimen oder Krankenhäusern ein probates Mittel sein. Das Interesse ist da – aber es gibt Hürden. Experten sehen mehrere Stellschrauben.

Veröffentlicht:
Eine Lehrerin steht vor einer Klasse.

Schon in der Schule drüber reden: Pflegepraktika gelten als wichtiges Instrument der Berufsorientierung.

© Thomas Trutschel / photothek / picture alliance

Berlin. Pflegeberufe brauchen vor allem eines: Nachwuchs. Bis zum Jahr 2030, rechnet der Deutsche Pflegerat (DPR), gehen bis zu 500.000 der angestammten Fachkräfte in den Ruhestand. Woher den Nachwuchs nehmen und nicht stehlen?

Einen Hebel gibt es, um Mädchen und Jungen frühzeitig auf das Berufsfeld Pflege aufmerksam zu machen und ihr Interesse dafür zu wecken. „Praktika sind ein wichtiger Weg, um junge Menschen an den Pflegeberuf heranzuführen. Viele von ihnen entdecken dabei die spannenden Aufgaben und die attraktiven beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten in der Langzeitpflege“, sagt Norbert Grote, Geschäftsführer beim Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste (bpa).

bpa-Chef Grote: „Oft familiäre Verbindungen“ entscheidend

Rund 11.000 Mitgliedseinrichtungen vertritt der bpa eigenen Angaben zufolge. Glaubt man Grote, dann engagieren sich viele der privaten Pflegeeinrichtungen im Bereich Nachwuchs und bieten zu diesem Zweck auch Praktikumsmöglichkeiten für junge Menschen an. Die Idee hinter den Praktika: reinschnuppern in den Pflegeberuf, Eindrücke aus dem Berufsalltag sammeln, erste Kontakte knüpfen.

Lesen sie auch

Grote betont aber auch, dass es oft familiäre Verbindungen in den Pflegeberuf hinein seien, die junge Menschen auf die Idee brächten, in einer Pflegeeinrichtung oder in einem Krankenhaus ein Praktikum zu beginnen. „Denn wir hören eben auch immer wieder, dass in den Schulen der Pflegeberuf als mögliches Praktikumsfeld nicht immer auf dem Schirm ist.“ Hier seien Lehrerinnen und Lehrer gefragt, ihren Schülerinnen und Schülern dieses „zukunftssichere Arbeitsfeld“ näherzubringen.

Von einem „Klebeeffekt“ der Praktika“ spricht auch die Bertelsmann Stiftung in einer kürzlich veröffentlichten Repräsentativ-Studie. Für die ließ der „Think Tank“ im Juni 1.694 Jugendliche im Alter zwischen 14 und 25 Jahren online befragen.

Bertelsmann-Studie zu Praktikumserfahrungen

Mit „Klebeeffekt“, schreiben die Autoren der Studie, sei gemeint, „dass das gegenseitige Kennenlernen von Jugendlichen und Betrieb in vielen Fällen zu einem späteren Zeitpunkt in die Aufnahme einer Ausbildung, eines dualen Studiums oder Ähnlichem münden kann“.

Die meisten jungen Menschen absolvierten während ihrer Schulzeit ein Praktikum. In der Mehrheit offensichtlich mit Erfolg: So geben 34 Prozent der Befragten an, dass sie mit ihren Praktikumserfahrungen „voll und ganz“ zufrieden waren. Weitere 46 Prozent sagen, sie seien „im Großen und Ganzen“ zufrieden. In beiden Kategorien sind die Einschätzungen von jungen Menschen mit niedriger Schulbildung mit 39 beziehungsweise 50 Prozent noch besser als diejenigen der beiden anderen Gruppen. Allerdings geben 16 Prozent der Befragten an, dass sie nicht zufrieden waren, weitere vier Prozent sagen, sie seien sogar überhaupt nicht zufrieden gewesen mit ihrem Praktikum (siehe nachfolgende Grafik).

An dieser Stelle finden Sie Inhalte aus Datawrapper Um mit Inhalten aus Datawrapper zu interagieren oder diese darzustellen, brauchen wir Ihre Zustimmung. Ich bin damit einverstanden, dass mir Inhalte aus Sozialen Netzwerken und von anderen Anbietern angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät notwendig. Weitere Information dazu finden Sie hier.

Ohne Begleitung geht es nicht

Laut Umfrage beruhen die positiven Erfahrungen mit dem Praktikum vor allem auf fairem und wertschätzendem Verhalten der Kolleginnen und Kollegen, einem „guten Betriebsklima“, neuen Lernerfahrungen und der Verfügbarkeit einer Ansprechperson. Zu den kritischen Aspekten gehört, dass 23 Prozent der Befragten sich während ihres Praktikums eher langweilten und bei nur 31 Prozent die Praktikumserfahrungen anschließend in der Schule besprochen wurden. 13 Prozent kritisieren, dass sie nicht gut behandelt oder nicht wirklich ernst genommen wurden.

Lesen sie auch

In der Begleitung durch Profis liegt laut Pflegerat denn auch der Schlüssel, damit Praktika Erfolg haben und ihren Absolventen Spaß machen. „Schulpraktikanten sind in der Regel etwa 15 Jahre alt“, sagt DPR-Präsidentin Christine Vogler.

Damit die Mädchen und Jungen die praktischen Einsätze in den Einrichtungen tatsächlich als „Klebeeffekt“ wahrnehmen könnten, brauche es eine gute Anleitung und Begleitung. „Das ist natürlich bei der prekären Personalsituation die Quadratur des Kreises“, gibt Vogler zu bedenken. Die Personalnot in der Alten- und der Langzeitpflege macht sich eben schon jetzt bemerkbar – und kommt nicht erst in knapp zehn Jahren. (hom)

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Gemeindenotfallsanitäter und Surveillance-System in außerklinischer Intensivpflege

Innovationsausschuss vergibt Prüfaufträge

Das könnte Sie auch interessieren
Umgang mit Multimorbidität in der Langzeitpflege

© Viacheslav Yakobchuk / AdobeStock (Symbolbild mit Fotomodellen)

Springer Pflege

Umgang mit Multimorbidität in der Langzeitpflege

Anzeige | Pfizer Pharma GmbH
COVID-19 in der Langzeitpflege

© Kzenon / stock.adobe.com

Springer Pflege

COVID-19 in der Langzeitpflege

Anzeige | Pfizer Pharma GmbH
Ein Roboter, der Akten wälzt? Künstliche Intelligenz kann bereits mit Leitlinien umgehen – jedenfalls wenn sie so gut strukturiert sind wie die der DEGAM.

© Iaroslav / stock.adobe.com

Digitalisierung in der Medizin

Kollegin Dr. ChatGPT? Wie Künstliche Intelligenz Ärzten helfen könnte

Digital und innovativ: Klinikum Siegen überzeugt von Fluency Direct

© Solventum Germany GmbH

Solventum Spracherkennung

Digital und innovativ: Klinikum Siegen überzeugt von Fluency Direct

Anzeige | 3M Healthcare Germany GmbH
Kommentare
In der Klinik Königshof in Krefeld werden Menschen mit psychischen Erkrankungen behandelt. Die digitale Terminvergabe über Doctolib senkt eine Hemmschwelle: Es fällt leichter, mit wenigen Klicks einen Termin zu buchen, als im direkten Gespräch am Telefon.

© St. Augustinus Gruppe

Unternehmensstrategie für Krankenhäuser

Patientenportal stärkt die Reichweite der Klinik

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Doctolib GmbH
Patientenportale: Greifbarer Mehrwert für Klinik und Patienten

© MQ-Illustrations / stock.adobe.com

Digitalisierung von Krankenhäusern

Patientenportale: Greifbarer Mehrwert für Klinik und Patienten

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Doctolib GmbH
Susanne Dubuisson, Product Leader in Health Tech beim E-Health-Unternehmen Doctolib.

© Calado - stock.adobe.com

Tools zur Mitarbeiterentlastung

Online-Termine gegen den Fachkräftemangel

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Doctolib GmbH
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Porträt

Felix Michl: Unternehmer, Jurist und Medizinstudent

Lesetipps
Arzt injiziert einem älteren männlichen Patienten in der Klinik eine Influenza-Impfung.

© InsideCreativeHouse / stock.adobe.com

Verbesserter Herzschutz

Influenza-Impfraten erhöhen: So geht’s!