Studien in Deutschland: G-BA bereitet Regelwerk auf
Pharmaunternehmen warnen vor bürokratietreibender Formel
Das Medizinforschungsgesetz war schon vor dem Ampel-Beben in Kraft. Im Dezember nimmt sich der G-BA seine Verfahrensordnung vor. Ziel ist eine Incentivierung klinischer Studien am Forschungsstandort Deutschland.
Veröffentlicht:Berlin. Das Medizinforschungsgesetz ist eines der Gesundheitsgesetze der ehemaligen „Ampel-Koalition“, das es ins Gesetzblatt geschafft hat. Dieses Gesetz soll den Forschungsstandort Deutschland stärken. Den nötigen Schub dafür soll die Incentivierung von klinischen Studien in Deutschland selbst geben: Kommen mindestens fünf Prozent der Probanden aus Deutschland, sollen erhöhte Preisabschläge nicht gelten. Die Industrie wittert allerdings in der Verknüpfung von Nutzenbewertung und Forschung auch erhöhte Bürokratiegefahr.
In seiner Sitzung am 5. Dezember wird der Gemeinsame Bundesausschuss im Zusammenhang mit der Arzneimittelforschung über Änderungen an seiner Verfahrensordnung beraten. Dazu werde auch die Frage gehören, wie der Anteil klinischer Prüfungen in Deutschland bemessen und festgestellt werden könne, sagte der Unparteiische Vorsitzende des G-BA, Professor Josef Hecken, der Ärzte Zeitung auf Anfrage.
Erleichterungen bei der Preisbildung
Den forschenden Pharmaunternehmen gilt das Medizinforschungsgesetz als sehr wichtig. „Auf einmal ist man in der Situation, dass man im SGB V Forschungsanreize umsetzen muss“, sagt Geschäftsführerin Ulrike Götting vom Verband der forschenden Pharmaunternehmen (vfa). Tatsächlich hat die „Ampel“ mit dem Gesetz Hersteller, die in Deutschland forschen und entwickeln, von bestimmten Verschärfungen im Preisbildungssystem, den sogenannten Leitplanken, befreit.
Im Gegenzug müssen mindestens fünf Prozent der Probandinnen und Probanden in Arzneimittelstudien aus Deutschland sein. Wie dies alles zu administrieren sein wird, soll das oberste Gremium der gemeinsamen Selbstverwaltung rechtzeitig zum Inkrafttreten des Gesetzes am 1. Januar 2025 aufsetzen.
„Tatsächlich muss der G-BA das jetzt in seiner Verfahrensordnung klarziehen“, sagt Andrej Rasch (HTA-Koordinator im vfa). Unklar sei, mit welcher Formel die fünf Prozent tatsächlich berechnet werden können, welche Studien herangezogen werden sollen und welche juristischen Personen die infrage kommenden Studien überhaupt verantworten dürfen. Der Forschungsförderung drohe Bürokratiegefahr, heißt es bei der Industrie.
Bürokratiegefahr im Verzug
Für die Vertreter der forschenden Pharmaunternehmen ist klar, dass die Studien, die mit einem Dossier zur Nutzenbewertung übermittelt werden, auch zur Bestimmung des deutschen Anteils an Probanden herangezogen werden sollten. Dann könne eine planbare Berechnung pro Dossier und Beschluss stattfinden. Und die Unternehmer hätten überhaupt erst eine weitgehend sichere und aufwandsarme Chance, die Vorteile des Forschungsanreizes zu heben.
Würden dagegen alle Studien, die in die tausende gehen können, zu allen Anwendungsgebieten eines Mittels immer wieder aufsummiert herangezogen, sei die Berechnung nicht mehr praktikabel und transparent. Die ohnehin sehr hohe Komplexität der AMNOG-Verfahren würde weiter wachsen.
Universitätsmedizin sieht Studienanreize
Die Fünf-Prozent-Hürde wird bei der forschenden Industrie als „sportlich“ eingestuft: nicht als Selbstläufer, aber auch nicht unerreichbar. Mehr Studien als heute dürften ihren deutschen Anteil über die Hürde hieven, nehmen die Branchen-Vertreter an. Würden zusätzlich bürokratische Hindernisse aufgestellt, könnte sich der erhoffte Effekt allerdings in sein Gegenteil verkehren, warnen die Vertreter der Pharmaindustrie.
Die Universitätsmedizin sieht mit dem Gesetz den biomedizinischen Forschungsstandort Deutschland gestärkt. Es würden Anreize gesetzt, klinische Studien durchzuführen, heißt es beim Verband der Universitätsklinika. (af)