Kliniken
Proteste gegen Entlassungswelle von Pflegekräften in Spanien
Bei hoher Corona-Impfquote und niedriger Inzidenz werden in vielen Regionen Spaniens tausende Pflegekräfte in Krankenhäusern entlassen. Pflegeverbände halten dies für fatal.
Veröffentlicht:Madrid. Mit einer landesweiten Sieben-Tage-Inzidenz von nur noch 24 Fällen pro 100.000 Einwohner und einer Impfquote von fast 78,5 Prozent beginnt in Spanien derzeit eine große Entlassungswelle im Gesundheitssektor.
Jüngsten Medienberichten zufolge wurden in den vergangenen Wochen bereits über 21.000 Krankenpfleger entlassen, die im vergangenen Jahr eigens für den Kampf gegen die COVID-19-Pandemie mit befristeten Verträgen eingestellt worden waren.
Und es sollen weitere Stelle im Krankenpflegesektor gestrichen werden. Allein die südspanische Region Andalusien wird zum 1. November die Verträge von 8000 während der Pandemie eingestellten Krankenpflegern nicht verlängern.
Im nordspanischen Galicien sind es 1200 Pfleger, die ihren Job wieder verlieren. Außer Katalonien, die Balearen, La Rioja und die Kanarischen Inseln entlassen fast alle spanischen Regionen einen Großteil des Krankenpflegepersonals, das im Vorjahr eingestellt wurde.
„Historische Chance“ wird vergeben
Die spanischen Krankenpfleger- und Ärztegewerkschaften protestieren. Für José Sánchez vom andalusischen Krankenpfleger-Verband vergebe man durch die Massenentlassungen „eine historische Chance, endlich den chronischen Mangel an Krankenpflegepersonal zu beheben. In Andalusien haben wir nur 4,3 Krankenpfleger pro 1000 Einwohner. Der Durchschnitt in Spanien liegt bei 5,4 und in Europa bei 8,8“, gibt Sánchez zu bedenken.
Für Samstag sind vor Andalusiens Krankenhäusern erste Krankenpfleger-Protestaktionen geplant. María José García vom spanischen Krankenpfleger-Verband Satse hält die Nicht-Übernahme des während der Pandemie eingestellten Krankenpflegepersonals für „fahrlässig“.
Die Pandemie habe zwar an Geschwindigkeit abgenommen. Aber nun beginne die massive Grippeimpfkampagne, die zusammen mit der dritten Auffrischungsimpfung gegen COVID-19 für Personen über 70 Jahre und Risikogruppe vorgenommen werden soll.
Bis zu 120.000 Fachkräfte fehlen
„Es wird uns an Personal fehlen“, versichert García. Nach Schätzung des spanischen Krankenpfleger-Verbands fehlen in Spanien bis zu 120.000 Fachkräfte. Dabei gebe es noch ein weiteres Problem, erklärt María José Campillo vom spanischen Ärzteverband: Wie in Deutschland und anderen EU-Staaten nehmen auch in Spanien die Corona-Infektionen in der vergangenen Wochen wieder leicht zu und in den kälteren Wintermonaten sei auch in Spanien wieder mit einem Aufwärtstrend bei den Neuinfektionen zu rechnen. (mame)