Kommentar
Rechenspiele ohne Bodenhaftung
Die Vogelperspektive hat Vorzüge: Aus großer Höhe hat man einen guten Überblick, nur die Details verschwinden aus dem Blick. Die Umfrage zu Sprechzeiten vor allem von Hausärzten, die vom GKV-Spitzenverband in Auftrag gegeben worden ist, leidet unter diesem Mangel.
Die Botschaft der Kassen ist klar: Wenn Ärzte ihre Praxen länger als im Schnitt 28,5 Stunden pro Woche aufmachten, würde die Diskussion über Ärztemangel verstummen. Folgerichtig spricht Doris Pfeiffer, Chefin des Spitzenverbands, auch von "gefühlter Unterversorgung".
Dass die Kassen ihre aus dem Dezember 2009 stammende Umfrage gerade jetzt aus der Schublade holen, ist kein Wunder. Am Mittwoch tagen die Gesundheitsminister der Länder und fordern ein Mitspracherecht, wo wie viele Praxen betrieben werden.
Längst haben vielerorts besorgte Bürgermeister ihre Länderfürsten für Versorgungsengpässe sensibilisiert. Den Kassen aber passt eine "Politisierung" der Bedarfsplanung gar nicht. Die Vogelperspektive des GKV-Spitzenverbands vernachlässigt zudem die immer größere Rolle von Frauen in der vertragsärztlichen Versorgung.
Im Ergebnis gehen die Rechenspiele der Kassen an der Versorgungsrealität gerade auf dem Land vorbei.
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