Kommentar
Rund um die Uhr Praxis: Gute Idee, die Folgen haben könnte
In Paris bietet eine radiologische Praxis Termine zu jeder Tages- und Nachtzeit an. Ärzteverbände beobachten das Modell mit Skepsis.
Veröffentlicht:Noch um die Jahrtausendwende gab es in Frankreich so wenige CT-und MRT Geräte, dass viele Patienten, die nicht monatelang auf Termine warten konnten oder wollten, sich auf eigene Kosten in Nachbarländern untersuchen ließen. Vor allem in Deutschland. Inzwischen hat sich die Lage deutlich verbessert, auch wenn die Zahl der Geräte immer noch von amtlichen Genehmigungen abhängt und aus reinen Spargründen begrenzt bleibt.
Da Not erfinderisch macht, bietet seit einigen Jahren die ambulante Radiologiepraxis Olympe Imagerie in Antony bei Paris solche Termine rund um die Uhr an. Das Angebot nehmen viele Patienten gerne wahr, um sich lange Wartezeiten zu ersparen. Manche kommen extra aus schlecht ausgestatteten Regionen, auch an einem Feiertag um drei Uhr nachts.
Die leitenden niedergelassenen Radiologen von Olympe, die mit Dutzenden in Teilzeit angestellten Kollegen arbeiten, halten dieses einzigartige Modell für einen Erfolg. Von den schnelleren Diagnosen profitieren die Patienten zweifellos. Doch das Angebot wirft auch neue Fragen auf, die nicht nur Radiologen, sondern alle Ärzte, die mit hochtechnisierten Geräten arbeiten, betreffen.
Könnte das Rund-um-die-Uhr-Modell auch eines Tages in weniger besiedelten Regionen Frankreichs angeboten werden? Wenn ja, was heißt das für die kleineren, schon bestehenden Praxen, die auch mit solchen Geräten arbeiten und für die Versorgung der Bevölkerung unersetzlich sind?
Es wundert nicht, dass die Ärzteverbände das Modell zurückhaltend beobachten. Hier geht es nicht nur um die Nachtruhe der Radiologen. Im Handel führten die Lockerungen der Öffnungszeiten immer zum gleichen Ergebnis: Es gab kein Zurück mehr. Braucht und will die ambulante Medizin das auch?