Deutscher Schmerzkongress
Schmerzmediziner puzzeln an neuen Versorgungskonzepten
Schmerzmedizin ist eine Gemeinschaftsaufgabe: Die beiden großen Fachgesellschaften der Disziplin wollen daher künftig gemeinsam die Baustellen hin zu einer besseren Versorgung angehen.
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Ziel der Zusammenarbeit der beiden Fachgesellschaften ist es, dauerhaft eine bessere Versorgung von Schmerzpatienten "in der Breite und in der Tiefe" sicherzustellen.
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MANNHEIM. Im jahrelangen Konflikt um bessere ambulante und stationäre Versorgungsstrukturen von Schmerzpatienten in Deutschland gibt es Bewegung. Der Präsident der Deutschen Schmerzgesellschaft (DSG) Professor Martin Schmelz von der Uni Heidelberg wies beim Deutschen Schmerzkongress in Mannheim darauf hin, dass es zuletzt gute und konstruktive Gespräche mit der Deutschen Gesellschaft für Schmerzmedizin (DGS) gegeben habe, die sich vor allem um eine bessere Versorgung im ambulanten Bereich bemüht. Die DGS hatte vor einigen Monaten einen Zehn-Punkte-Plan vorgelegt, der die Einführung einer Spezialisierten ambulanten schmerzmedizinischen Versor-gung vorsieht.
"Wir haben durchaus unterschiedliche Positionen in Detailfragen", sagte Schmelz im Gespräch mit der "Ärzte Zeitung". "Aber wir wissen auch, dass es zu viele Baustellen gibt, die nur gemeinsam mit der DGS erfolgreich bearbeitet werden können." Ziel sei es, dauerhaft eine bessere Versorgung von Patienten "in der Breite und in der Tiefe" sicherzustellen. "Da sind wir auf einem guten Weg", sagte Schmelz.
Die Deutsche Schmerzgesellschaft sucht nach neuen Konzepten, um die bisher kaum verbreitete gemeinsame Entscheidungsfindung zwischen Arzt und Patient auf eine breitere Basis zu stellen. Beim Schmerzkongress in Mannheim, der unter dem Motto "Gemeinsam entscheiden" steht, räumte Kongresspräsident Professor Winfried Häuser vom Klinikum Saarbrücken ein, dass hier noch viele Hausaufgaben zu machen sind, um dieser anspruchsvollen Herausforderungen gerecht zu werden. "Die Medikamenten-Beipackzettel zum Beispiel sind eine einzige Katastrophe", sagte er. Bisher gebe es kaum laienverständliche Informationen als Basis, um tatsächlich vertrauensvolle Entscheidungen zwischen Arzt und Patient möglich zu machen. "Wir müssen diese Informationen leider erst noch entwickeln," sagte er.
Kongresspräsident Häuser warnte davor, die Chancen von Cannabis bei der Schmerztherapie überzubewerten. "Es besteht keine ausreichende Evidenz, dass cannabisbasierte Arzneimittel in der Therapie bei Tumorscherzen, rheumatischen und gastrointestinalen Schmerzen oder bei Appetitlosigkeit bei Krebs und Aids wirksam sind." Eine ausreichende Evidenz gebe es nur bei neuropathischem Schmerz.
Die DSG und die Deutsche Gesellschaft für Schmerzmedizin begrüßten dennoch die Gesetzesänderung mit Blick auf Cannabis, weil sie die bisherigen Barrieren bei der Kostenerstattung von cannabishaltigen Rezeptur- und Fertigarzneimitteln abbaue. "Cannabinoide sollten jedoch nicht als isoliertes Therapieverfahren, sondern in Kombination mit physiotherapeutischen und schmerzpsychotherapeutischen Verfahren Anwendung finden.", sage Häuser.
Der Schmerzkongress dauert bis zum 14. Oktober, erwartet werden an die 2000 Teilnehmer.