Schulterschluss von Ärzten und Apothekern

Ärzte und Apotheker planen die gemeinsame Versorgung von Patienten, die fünf und mehr Arzneien einnehmen müssen. Das kann sich für Ärzte finanziell lohnen.

Anno FrickeVon Anno Fricke Veröffentlicht:
Die Ärztin verschreibt nur den Wirkstoff, die Apothekerin wählt das Präparat aus.

Die Ärztin verschreibt nur den Wirkstoff, die Apothekerin wählt das Präparat aus.

© [M] Klaro / Stephan Thomaier

BERLIN. Bis zu zwei Drittel des Arzneimittelumsatzes wollen Ärzte und Apotheker in Zukunft gemeinsam steuern. Schon 2014 sollen darüber 2,1 Milliarden Euro - rund zehn Prozent - eingespart werden.

Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) haben am Dienstag in Berlin ein Konzept vorgelegt, das sich im künftigen Versorgungsgesetz wiederfinden solle, sagte KBV-Vorstand Dr. Carl-Heinz Müller.

Zielgruppe des "Zukunftskonzeptes Arzneimittelversorgung" sind die sieben Millionen GKV-Versicherten, die dauerhaft fünf und mehr Wirkstoffe einnehmen müssen. Ihre Einnahmetreue liege bei lediglich 50 Prozent, sagte ABDA-Präsident Heinz-Günter Wolf.

Mangelnde Compliance und unerwünschte Arzneimittelereignisse seien Ursache für fünf Prozent aller Krankenhausaufnahmen in Deutschland, sagte Wolf. Nicht zuletzt deshalb, weil viele Patienten sich zusätzlich mit OTC-Präparaten behandelten. Zudem landeten jedes Jahr Arzneimittel im Wert von rund einer Milliarde Euro im Müll.

Das gemeinsame Konzept von Ärzten und Apothekern hat drei Bestandteile.

  1. Ärzte verordnen Wirkstoffe, Stärke, Menge und die Darreichungsform anstelle von spezifischen Präparaten. Die Namen der Wirkstoffe sollen auch für ältere Patienten gut sichtbar auf den Packungen erscheinen. Der Apotheker wählt das Präparat aus.
  2. Über eine bundesweit einheitliche, kassenübergreifende, leitliniengerechte Versorgung soll allmählich ein Medikationskatalog aufgebaut werden. Darin enthalten sind die Mittel der Wahl und Reservewirkstoffe für versorgungsrelevante Indikationen.
  3. Über diesen beiden Säulen des Konzeptes steuern Arzt und Apotheker das Medikationsmanagement. Jeweils ein Arzt und ein Apotheker übernehmen für ein Jahr die kontinuierliche Betreuung des Patienten. Sie erstellen Medikamentionspläne und aktualisieren sie bei Bedarf.

Was ist Ihre Meinung?

Sollen sich Ihre Patienten an einen bestimmten Apotheker binden? Kann der Apotheker einen Patienten sachgerecht und vertraulich beraten? Wollen Sie Ihre Patientendaten mit einem oder mehreren Apothekern teilen? Halten Sie es für richtig, dass der Apotheker je Patient ein Honorar von 180 Euro bekommt? Halten Sie die Compliance Ihrer chronisch Kranken für problematisch?

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Dass der Aufbau eines Medikationskataloges den Kern einer Positivliste in sich trage, wollten die Vertreter der Organisationen nicht bestätigen. Es handle sich vielmehr um "einen Behandlungskorridor", in dem evidenzbasierte Medizin betrieben werde, sagte Carl-Heinz Müller.

Ärzte, Apotheker und die Krankenkassen sollen für das Programm geeignete Patienten darauf ansprechen. Sollte das Konzept umgesetzt werden, rechnen die Verbände mit Einsparungen von 2,1 Milliarden Euro im Jahr 2014. Davon sollen 700 Millionen Euro als Honorar an Ärzte und Apotheker fließen. Je Patient wären dies 360 Euro, die sich die Leistungserbringer teilen.

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Kommentare
Reinhard Rodiger 15.04.201114:21 Uhr

Wer einen Fehler macht kann auch was lernen...

so ernst war das ja nicht gemeint.Ich wollte die Aufmerksamkeit darauf lenken,dass es für
kollegiales Zusammenarbeiten nicht förderlich ist,sich gegenseitig die stetig sinkenden Ertragsbereiche
(besonders krass auf Apothekenseite) weiter zu vermindern.

Dr. Juraj Galan 15.04.201107:57 Uhr

Wer einen Fehler findet, darf ihn behalten

Tja, wenn man zu schnell schreibt...
Die Idee das Dispensierrecht den Ärzten in Deutschland zurückzugeben ist nicht neu. Der NAV Wirchovbund hat bereits 2002 die Übertragung des Dispensierrechts auf die Vertragsärzte gefordert, auf den KBV Seiten wird von einem "überholten Apotheker Monopol" gesprochen. In den MedNachrichten der Deutschen Bank 2/2008 wird auf die Situation in den anderen Europäischen Ländern hingewiesen und ausderechnet, dass "die Verbreitung des Modells in Deutschland würde für gdie Ärzteschaft einen Zusatzumsatz von mehr als 1 Mrd.Euro bedeuten."

Reinhard Rodiger 13.04.201115:49 Uhr

Lieber wissen,wovon man spricht

Dispersion ist im Vogelflug die Folge von Dismigration oder in der Chemie ein Gemenge von verschiedenen
nicht lösbaren Stoffen usw.Es geht also um das Recht des falschen Weges?

Dr. Juraj Galan 13.04.201108:07 Uhr

Einfacher und besser

Deutlich einfacher und besser wäre es den Ärzten in unterversorgten Gebieten das Dispersionsrecht zurück zu geben, wie es in anderen Europäischen Ländern üblich ist. Der zusätzliche Verdienst könnte ein willkommener Anreiz zur Niederlassung werden.
Dr. Juraj Galan, Mainz

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