Mitarbeiterführung
Sinnkrise? – Dann ist auch der Chef gefragt
Lebenskrisen von immer älter werdenden Arbeitnehmern müssen auch in den Betrieben verarbeitet werden. Ein Report nimmt sich des Themas an.
Veröffentlicht:BERLIN. Scheidung, Erkrankung des Lebenspartners und Tod oder das eigene Altern sowie eigene schwere Erkrankung: Krisen im privaten Bereich schlagen auf das Berufsleben durch. Mehr als jeder zweite Arbeitnehmer berichtet, einschneidende Lebenskrisen erfahren zu haben. Bei Männern und Frauen von 50 bis 65 Jahren steigt dieser Anteil auf knapp zwei Drittel.
Die Unternehmen in Deutschland sollten sich nach Ansicht des AOK-Bundesverbandes daher mehr um Beeinträchtigungen ihrer Mitarbeiter durch Lebenskrisen kümmern. Wie aus dem am Donnerstag in Berlin vorgestellten Fehlzeiten-Report 2017 des Kassenverbands hervorgeht, können kritische Lebensereignisse die Gesundheit belasten und damit die Arbeit negativ beeinflussen. So berichten 58,7 Prozent der Beschäftigten von körperlichen und 79 Prozent von psychischen Problemen durch Lebenskrisen.
In der Folge fühlten sich mehr als die Hälfte (53,4 Prozent) in der Leistungsfähigkeit im Berufsleben eingeschränkt. Knapp die Hälfte (48,8 Prozent) gab demnach an, trotz Erkrankung in diesem Kontext zur Arbeit gegangen zu sein. Mehr als ein Drittel (37,3 Prozent) fühlte sich aufgrund eines kritischen Lebensereignisses unzufrieden mit der Arbeit oder meldete sich häufiger krank (34,1 Prozent).
Aufgrund des demografischen Wandels werden Unternehmen künftig verstärkt mit den älter werdenden Belegschaften und damit verbundenen häufigeren Krisen der Mitarbeiter konfrontiert sein, erklärte Helmut Schröder, Herausgeber des Reports und stellvertretender Geschäftsführer des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO).
Psychische Erkrankungen führen ausweislich der Statistiken mehrerer Kassenverbände zu immer längeren Arbeitsausfallzeiten. Je 100 AOK-Mitgliedern führten sie 2016 zu knapp 275 Arbeitsunfähigkeitstagen. Das bedeutet Platz vier in der Reihenfolge der Hauptverursacher von Arbeitsunfähigkeit nach muskulo-skelettalen Krankheiten (746), Verletzungen (333) und Erkrankungen der Atemwege (330).
Es besteht also Handlungsbedarf: Den Führungskräften weisen die Autoren des Reports eine wichtige Rolle zu, wenn es um betriebliche Unterstützung bei der Bewältigung von Lebenskrisen geht. Sie könnten als Ansprechpartner für klärende Gespräche zur Verfügung stehen, haben aber auch die Möglichkeiten, die Arbeitszeiten der Betroffenen zu flexibilisieren, sie in Sonderurlaub zu schicken oder ihnen falls nötig einen neuen Arbeitsplatz zuzuweisen.
Kleine Firmen können sich Hilfe bei der Krisenbewältigung auch einkaufen. Darauf hat der AOK-Chef Martin Litsch am Donnerstag verwiesen. Zudem könnten sie Partnerschaften eingehen und ein gemeinsames Betriebliches Gesundheitsmanagement aufstellen. Solche Partnerschaften würden auch von Krankenkassen organisiert.