Deutliche Unterschiede
So hoch sind die Rücklagen der einzelnen Kassenarten
Die Finanzsituation in der GKV wird zusehends eng. Doch der Notgroschen der Kassen je Versicherten fällt bei AOK, BKK, IKK und Co unterschiedlich üppig aus, wie ein Vergleich zeigt.
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Differenziert man das Vermögen nach dem Betrag je Versicherten, wird deutlich, dass die Kassenarten in unterschiedlichen Ligen unterwegs sind.
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Berlin. Die Krankenkassen gehen finanziell herausfordernden Zeiten entgegen. Dabei ist die Ausgangssituation der Kassenarten durchaus unterschiedlich, wie aus Analysen des BKK-Dachverbands hervorgeht.
Zur Erinnerung: Das Jahr 2020 haben die Kassenarten sämtlich mit einem Minus abgeschlossen: Am höchsten fällt dieses beim Ersatzkassenverband vdek mit 1,1 Milliarden aus. In der AOK-Familie sah es mit einem Minus von 974 Millionen Euro nur wenig besser aus. Betriebs- und Innungskassen lagen fast gleichauf (minus 235 und 250 Millionen Euro). Die Knappschaft verbuchte einen Ausgabenüberhang von 138 Millionen Euro.
GKV-Bilanz für 2020
Defizite der Krankenkassen wachsen – jetzt geht’s an die Reserven
Anders sieht die Lage aus, wenn die Mindestrücklage und das Nettoreinvermögen je nach Kassenart betrachtet wird: Die AOK-Familie hat demnach – Stand Ende 2020 – 8,3 Milliarden Euro auf der hohen Kante, GKV-weit waren es insgesamt 16,5 Milliarden Euro (siehe nachfolgende Grafik).
Den Ersatzkassen stehen noch knapp 4,7 Milliarden Euro zur Verfügung, bei den Betriebskassen sind es 2,1 Milliarden Euro. Der Notgroschen der Innungskassen beläuft sich auf 975 Millionen, bei der Knappschaft sind es 455 Millionen Euro.
AOK und Knappschaft stehen vergleichsweise gut da
Differenziert man das Vermögen nach dem Betrag je Versicherten, wird deutlich, dass die Kassenarten in unterschiedlichen Ligen unterwegs sind: In der AOK-Familie standen Ende des Vorjahres 308 Euro zur Verfügung, bei den Ersatzkassen mit 167 Euro nur rund halb so viel.
In der gleichen Vermögens-Liga spielt nur noch die Knappschaft mit 296 Euro. Betriebs- und Innungskassen bilden mit 192 Euro Vermögen je Versicherten das Mittelfeld (siehe nachfolgende Grafik).
Vergleicht man Einnahmen und Ausgaben in der GKV, so geht spätestens seit 2018 die Schere auf: Damals stiegen die Ausgaben um 5,5 Prozent, die Einnahmen – getrieben von einer guten Konjunktur – noch um 4,2 Prozent. Angesichts der wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie werden die Einnahmen im laufenden Jahr vermutlich nur noch um 2,3 Prozent steigen – die Ausgaben aber um 6,8 Prozent.
Scheinbar paradox dabei ist: Sollte das Leistungsgeschehen in der GKV im Laufe dieses Jahres in den Prä-Pandemie-Modus zurückkehren, würde dies einen Ausgabenschub von 2,5 Milliarden Euro zusätzlich zur „normalen“ Ausgabendynamik bedeuten, prognostiziert der BKK-Dachverband.
2022 wird sich die Lage zuspitzen
Der Schätzerkreis beim Bundesamt für Soziale Sicherung erwartet für 2021 Ausgaben von 274,9 Milliarden und Einnahmen von 223,7 Milliarden Euro. Angesichts der Ausgabendynamik könnte sich trotz des regulären Steuerzuschusses an die GKV von 14,5 Milliarden und des einmaligen, zusätzlichen Bundeszuschusses von fünf Milliarden Euro eine weitere Finanzierungslücke auftun.
2022 wird sich die Lage der GKV dann zuspitzen: Denn die Rücklagen der Kassen können nur einmal abgeschmolzen werden.