Corona-Drittimpfung

Spahn weist Ärztekritik am schnellen Booster-Schuss zurück

Drittimpfungen gegen Corona seien wichtig, um den Impfschutz aufzufrischen, sagt Gesundheitsminister Jens Spahn. Viele, die den dritten Piks wünschten, würden aber in den Praxen zurückgewiesen. Das sei mit Blick auf die vierte Welle nicht gut.

Thomas HommelVon Thomas Hommel Veröffentlicht:
Gesundheitsminister Jens Spahn, RKI-Präsident Lothar Wieler und Charité-Infektiologe Leif Erik Sander (v.r.n.l.) äußern sich zu Auffrischungsimpfungen gegen Corona.

Gesundheitsminister Jens Spahn, RKI-Präsident Lothar Wieler und Charité-Infektiologe Leif Erik Sander (v.r.n.l.) äußern sich zu Auffrischungsimpfungen gegen Corona.

© Kay Nietfeld / dpa

Berlin. Der geschäftsführende Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat seine Forderung nach Corona-Auffrischungsimpfungen für möglichst viele Bürger verteidigt. Der Boosterschuss sei wichtig, um bei einer länger zurückliegenden Impfserie den Impfschutz aufzufrischen, sagte Spahn am Mittwoch in Berlin.

Das Tempo bei den Drittimpfungen sei zu langsam, sagte Spahn. Die Bundesländer sollten daher alle Menschen ab 60 Jahren anschreiben und auf die Drittimpfung aufmerksam machen. Es gebe viele Menschen in diesem Alter, die sich den dritten Piks wünschten, ihn aber nicht bekämen. „Das ist nicht gut“, kritisierte Spahn.

Verweis auf Israel

Israel habe die vierte Welle auch mit Booster-Impfungen gebrochen, betonte Spahn. „Deswegen werde ich auch mit der Ärzteschaft und mit den Ländern noch einmal darüber reden, wie wir da – das ist wichtig – möglichst einheitlich vorgehen.“ Momentan sei die Sache für manchen, der sich die vielen Meldungen und Pressekonferenzen anschaue, „etwas verwirrend“.

Ärzte hatten die Forderung Spahns nach möglichst breitem Boostern als wenig hilfreich bezeichnet. Die Politik presche übereilt und entgegen der Empfehlung der Ständigen Impfkommission (STIKO) vor, hatte etwa der Vorstand der Kassenärztlichen Bundesvereinigung kritisiert.

Die STIKO empfiehlt die Booster-Impfung bisher für Über-70-Jährige, Vorerkrankte sowie medizinisches Personal. Auch Menschen, die mit Vaxzevria® und der COVID-19-Vakzine Janssen geimpft worden, sollen sich demnach boostern lassen.

„Muss eigentlich schon seit Wochen schnell gehen“

Bei der Frage der Drittimpfungen gegen Corona gehe nichts hoppla hopp vor sich, erwiderte Spahn die Kritik der Ärzteschaft. Die Gesundheitsminister von Bund und Länder hätten bereits im August beschlossen, dass es ein Angebot für Drittimpfungen auch für die Über-60-Jährigen geben solle. „Es muss nicht jetzt schnell gehen, es muss eigentlich schon seit einigen Wochen schnell gehen.“

Wichtig seien – außer den Impfungen in Praxen – auch öffentliche Angebote für Booster-Impfungen, so Spahn. Das habe nicht zwingend in großen Impfzentren stattzufinden. Ärztevertreter hatten betont, das Boostern alleine bewerkstelligen zu können.

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Mit Blick auf die aktuellen Inzidenzen sagte Spahn, die Pandemie sei „alles andere als vorbei“. Mancherorts kämen Intensivstationen wegen vermehrter Corona-Fälle erneut ans Limit, teils müssten Patienten in andere Krankenhäuser verlegt werden.

Nötig seien Testkonzepte in Pflegeheimen. In Regionen mit hoher Inzidenz müsse über Zugangsregeln nur noch für Geimpfte und Genesene nachgedacht werden. Ein Treffen der Regierungschefs von Bund und Ländern könne ein wichtiges Signal für ein einheitliches Vorgehen setzen.

Intensivstationen laufen erneut voll

Der Leiter der Forschungsgruppe für Infektionsimmunologie und Impfstoff-Forschung der Berliner Charité, Professor Leif Erik Sander, sagte, die Lage auf den Intensiv- wie Normalstationen der Kliniken sei zunehmend angespannt. Ein Grund dafür sei, dass das Pflegepersonal aufgrund der hohen Belastungen in den vorangegangenen Corona-Wellen „regelrecht weggebrochen ist“.

Im Unterschied zum Herbst 2020 gebe es aber mittlerweile „hochwirksame Impfstoffe“, betonte Sander. Die Vakzine seien milliardenfach verimpft und „extrem sicher“. Das zeigten Studien, für die „Millionen Datensätze“ ausgewertet worden seien.

Umso bedauerlicher sei es, dass „ein zu großer Teil der Bevölkerung“ die Impfung weiter ablehne, so Sander. „Es ist völlig klar, dass die Belastung der Intensivstationen sehr eng mit der Zahl ungeimpfter Menschen verknüpft ist.“ Allein bei den Bundesbürgern ab 60 Jahren seien rund 3,2 Millionen ohne Impfschutz.

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