Hamburgs Kinder

Spitze in Depressionen und Adipositas

Ein Kassen-Report lässt erkennen, welche Erkrankungen bei Kindern in Hamburg besondere Aufmerksamkeit verdienen. Die gute pädiatrische Versorgung ist dabei ein Pfund.

Dirk SchnackVon Dirk Schnack Veröffentlicht:
Kinder in Hamburg leiden häufiger an Depressionen als ihre Altersgenossen.

Kinder in Hamburg leiden häufiger an Depressionen als ihre Altersgenossen.

© panco971 / iStock / Thinkstock

HAMBURG. Die gesundheitliche Versorgung der Kinder und Jugendlichen in Hamburg ist teurer als im Bundesdurchschnitt – der Nachwuchs ist aber auch gesünder. Diese und weitere Unterschiede zu anderen Regionen in Deutschland zeigt der Kinder- und Jugendreport der DAK Gesundheit, den die Kasse kürzlich in der Hansestadt vorgestellt hat.

Für den Vergleich mit anderen deutschen Großstädten hat Julian Witte vom Bielefelder Lehrstuhl für Gesundheitsökonomie und Gesundheitsmanagement versorgungsrelevante Erkrankungsbilder herangezogen. Hamburg schneidet bei den somatischen Erkrankungen durchweg besser ab als andere Städte – mit einer Ausnahme: Der Nachwuchs in der Hansestadt ist dicker als der in anderen Großstädten.

Risiko ist bei Adipositas erhöht

Geringer sind die Unterschiede bei den psychischen Erkrankungen. In Hamburg treten etwas weniger Verhaltens- und Entwicklungsstörungen auf. Dafür gibt es aber deutlich häufiger Kinder mit Depressionen: Hier liegt die Hansestadt 28 Prozent über den Werten von vergleichbaren Städten wie München oder Berlin.

Witte sieht hier einen direkten Zusammenhang zu den höheren Erkrankungszahlen bei Adipositas: „Das Risiko, dass adipöse Kinder und Jugendliche an Depressionen erkranken, ist um das Dreifache erhöht“, sagte Witte bei der Vorstellung der Daten.

Die hohe Depressions-Prävalenz ist für Hamburgs DAK-Chefin Karin Schmieder ein bedeutsames Ergebnis, das sie auch in die gesundheitspolitische Diskussion einbringen will. Schmieder sieht außerdem einen Zusammenhang zwischen der insgesamt guten ambulanten Versorgung in Hamburg und der Kindergesundheit. Als Konsequenz aus dem Report hält sie eine weitere Verbesserung der Versorgung und eine Intensivierung der Prävention für erforderlich.

Schmieder zeigt sich auch überzeugt, dass die jüngst erfolgreiche Ausschreibung und Besetzung von vier zusätzlichen pädiatrischen Sitzen in Hamburg ein richtiger Schritt war. „Ich bin froh, dass die Eltern über die Pädiater den Zugang zur gesundheitlichen Versorgung ihrer Kinder finden“, sagte Schmieder.

Bedeutung ambulanter Versorgung

Laut Report sehen 90 Prozent der Hamburger Kinder pro Jahr mindestens einmal einen Arzt in der Praxis oder im Krankenhaus. Wie hoch der Anteil der niedergelassenen Pädiater an diesen Kontakten ist, wurde zwar nicht erhoben. Es bestätigt sich aber, dass die Praxen das Einstiegstor in die gesundheitliche Versorgung von Kindern und Jugendlichen sind.

Je nach Altersgruppe haben stets zwischen 66 und 94 Prozent des Nachwuchses mindestens einmal im Jahr Kontakt zu Haus- oder Fachärzten in der ambulanten Versorgung. Den stärksten Klinikkontakt haben Kinder nach der Geburt unter einem Jahr (14,3 Prozent), den seltensten die Fünf- bis Neunjährigen (5,2 Prozent).

Die Inanspruchnahme von Arzneimitteln nimmt mit steigendem Kindesalter stetig ab: Von den Jüngsten bekommen 98 Prozent mindestens ein Arzneimittel im Jahr, bei den 15- bis 17-Jährigen sind es 65 Prozent.

Die Kasse bezieht in ihre Betrachtung aber nicht nur Durchschnittswerte ein, sondern beschäftigt sich auch mit der Situation von Kindern und Jugendlichen in sozialen Brennpunkten. Wie Dr. Susanne Epplée vom Institut für Neuro- und Sozialpädiatrie in Hamburg-Ost berichtete, finden vor allem viele Kinder aus Migrantenfamilien oft erst den Einstieg in die Gesundheitsversorgung, wenn sie schon mit weit fortgeschrittenen Problemen zu kämpfen haben und wegen Entwicklungsstörungen oder ADHS Schulwechsel hinter sich haben.

Nach Erfahrungen Epplées nehmen Eltern aus anderen Kulturkreisen psychische Erkrankungen ihrer Kinder als Erkrankung oft gar nicht an und verhindern damit wirksame Hilfe für ihr Kind.

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