Schnüffeln gegen Corona

Spürhunde helfen bei der Corona-Früherkennung

Wie riecht eine Corona-Infektion? Extra ausgebildete Spürhunde sollen dabei helfen, frühzeitig Infektionen zu erkennen. Gerade in Alten- und Pflegeheimen ist die Corona-Früherkennung extrem wichtig.

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Corona-Spürhund Drago·schnüffelt im Garten einer Pflegeeinrichtung an einer speziellen Trainingsbox nach Corona-positiven Geruchsproben. Der vierjährige Schäferhund-Mischling wurde darauf trainiert, das Corona-Virus zu erschnüffeln.

Corona-Spürhund Drago·schnüffelt im Garten einer Pflegeeinrichtung an einer speziellen Trainingsbox nach Corona-positiven Geruchsproben. Der vierjährige Schäferhund-Mischling wurde darauf trainiert, das Corona-Virus zu erschnüffeln.

© Boris Roessler / dpa

Wiesbaden. Schäferhund-Mischling Drago braucht nur ein bis zwei Sekunden, bis er die Corona-Probe in der Geruchsmaschine erschnüffelt hat. Nach einer schnellen Belohnung mit einem Leckerli erkennt der schwarze, vierjährige Hund am Montag sofort auch die übrigen Proben auf dem Gelände der Nassauischen Blindenfürsorge in Wiesbaden.

Drago ist einer von zwei extra ausgebildeten Spürhunden, die an einem interdisziplinären Forschungsprojekt der Universitätsmedizin Mainz teilnehmen. Das Land Hessen übernimmt mit 90.000 Euro rund ein Drittel der Gesamtkosten des Vorhabens, bei dem die Altenpflegeheime im Fokus stehen.

In den Heimen kam es während der Corona-Pandemie bereits mehrfach zu Ausbrüchen, die dann oftmals eine Schließung der gesamten Einrichtung zur Folge hatten. Mit der Studie erhofften sich die Verantwortlichen entscheidende Hinweise für die Früherkennung als zentrales Element der Pandemieeindämmung, erklärten der hessische Sozialminister Kai Klose (Grüne) und Professor Bodo Plachter, kommissarischer Direktor des Instituts für Virologie der Universitätsmedizin Mainz.

Zweiter Abstrich wird im Labor untersucht

Bei der anonymen und unter realen Bedingungen durchgeführten Studie werden bei positiven Sars-CoV-2-Schnelltests bei den Heimbewohnern Hautabstriche und ein Nasen-Rachen-Abstrich zur PCR-Testung durchgeführt. Ein Abstrich wird den Spürhunden außerhalb des Gebäudes präsentiert. Ein zweiter Hautabstrich wird in einem Labor auf spezielle Geruchsinformationen untersucht. Mit ersten Ergebnissen der Studie werde im Herbst gerechnet, sagte Studienleiterin Professor Petra Staubach-Renz. Danach soll über die weitere Etablierung des Verfahrens entschieden werden.

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Bislang wird die Studie in einem der insgesamt 955 hessischen stationären Pflegeheime durchgeführt. Es könnten sich aber alle Einrichtungen im Land daran beteiligen, erklärte die Oberärztin und Leiterin des Clinical Research Centers der Hautklinik und Poliklinik der Universitätsmedizin Mainz.

Spürhunde können eine Corona-Infektion mit hoher Genauigkeit erschnüffeln. Das haben zahlreiche Studien belegt. Sie können an der molekularen Zusammensetzung eines Geruchs nicht nur Sprengstoff oder Drogen wahrnehmen, sondern auch die drohende Unterzuckerung von Diabetikern und verschiedene Krebserkrankungen.

Socken von 200 Infizierten und 200 Gesunden

Als erstes hatten britische Forscher – schon im Mai 2020, wenige Monate nach Ausbruch der Pandemie – diese Idee erprobt. Nach Angaben der London School of Hygiene and Tropical Medicine hatten sechs Hunde Proben von Infizierten mit einer Genauigkeit von 82 bis 94 Prozent erschnüffelt. Die britischen Forscher nutzten dafür Socken von 200 Infizierten und 200 Gesunden in der Kontrollgruppe.

Im Juli 2020 startete der erste Test in Deutschland: an der Diensthundeschule der Bundeswehr in der Vulkaneifel. Die Spürhunde waren nach einem Training in der Lage, 92 Prozent der über 5000 vorgelegten Proben korrekt zu identifizieren, wie die Tierärztliche Hochschule Hannover 2021 im Fachblatt „BMC Infectious Diseases“ berichtete. Der Erfolg der Hunde war dabei unabhängig davon, ob den Tieren eine Urin-, Speichel- oder Schweißprobe vorgelegt wurde.

Hunde zuvor für die Sprengstoff-Suche eingesetzt

Corona-Spürhunde wurden schon früh testweise an Flughäfen eingesetzt. Nach Angaben des Flughafens von Helsinki gehörte Finnland dabei zu den Pionieren. Später kamen immer neue Einsatzgebiete dazu: In Frankreich gab es einen Corona-Spürhund in einem Altersheim, einer der ersten deutschen Praxiseinsätze war ein Konzert der Band Fury in the Slaughterhouse in Hannover.

2022 veröffentlichte die Tierärztliche Hochschule Hannover im Journal „Frontiers in Medicine“ eine weitere Studie, die besagt, dass Corona-Spürhunde auch Long-Covid-Patienten erkennen können.

Die beiden Hunde, die an der Studie der Universitätsmedizin Mainz teilnehmen, wurden zuvor zum Erkennen von Sprengstoffen eingesetzt, wie Daniel Jannett, Leiter des Hundeausbildungszentrums der Awias Aviation Services GmbH aus Braunschweig, berichtet. Drei bis vier Monate dauerte die spezielle Ausbildung für das Coronaprojekt. (dpa)

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