Steffen Augsberg
Staatsrechtler hält Impfpflicht „in Teilbereichen“ für möglich
Die Impfbereitschaft von Gesundheitspersonal wird es zeigen: Braucht die Republik eine Corona-Impfpflicht? Die Politik hat ihr wiederholt eine Absage erteilt. Doch eine Teilpflicht wäre möglich, sagt ein Ethikratsmitglied.
Veröffentlicht:Frankfurt/Main. Der Gießener Rechtswissenschaftler Professor Steffen Augsberg hält mit Blick auf Corona-Impfungen eine Impfpflicht für bestimmte Berufsgruppen oder Tätigkeitsbereiche grundsätzlich für möglich. „Ob man die aber tatsächlich braucht, zum Beispiel auf den Intensivstationen, das hängt von der freiwilligen Befolgung ab“, sagte Augsberg am Samstag hessenschau.de.
Für die Gesamtgesellschaft werde es mit Sicherheit dabei bleiben, dass es keine Impfpflicht geben werde. Augsberg hat an der Universität Gießen die Professur für Öffentliches Recht innen. Er ist auch Mitglied des Deutschen Ethikrates. Eine Impfpflicht für bestimmte Berufsgruppen gibt es bekanntlich seit März 2020 für Gesundheitspersonal gegen Masern.
Die Bundesregierung hatte einer Impfpflicht allerdings frühzeitig ein Absage erteilt. Auch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hatte dies am Samstag in einer Online-Diskussion erneut bekräftigt: „Klipp und klar: Nein.“ Das habe er auch im Bundestag versprochen. Auch die Vorsitzende des Deutschen Ethikrates Professor Alena Buyx hatte zuletzt gesagt, dass sie nicht von einer Impfpflicht ausgeht.
Priorisierung statt Impfpflicht
Die Ständige Impfkommission (STIKO), der Deutsche Ethikrat und die Wissenschaftsakademie Leopoldina hatten jüngst eine Priorisierung für die Corona-Impfungen vorlegt. Danach sollten sich Risikogruppen wie Ältere und Vorerkrankte vorrangig impfen lassen, aber auch Gesundheitspersonal sowie Menschen in Berufen zur Aufrechterhaltung staatlicher Funktionen und des öffentlichen Lebens.
Augsberg sprach sich für eine Behandlung des Themas Impfpflicht in den Parlamenten aus: „Bei der konkreten Impfsituation glaube ich aber, dass wir dringend eine gesetzliche Grundlage im Infektionsschutzgesetz brauchen, die die groben Leitlinien enthält. Auf der Basis könnte dann etwa eine Rechtsverordnung des Bundesgesundheitsministeriums ergehen oder eine Verordnung, die zusätzlich noch auf eine Empfehlung der Ständigen Impfkommission verweist. Wir brauchen ein gestuftes Verfahren, das in jedem Fall eine Beteiligung des Gesetzgebers enthält.“
Auch andere Rechtsexperten hatten jüngst darauf verwiesen, dass eine Impfpflicht rechtlich grundsätzlich möglich wäre. Das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit könne etwa dann eingeschränkt werden, wenn wissenschaftlich bewiesen werden könne, dass flächendeckende Impfungen der „leichteste Weg“ seien, das Virus auszurotten, sagte etwa der Jurist Christian Solmecke im „ÄrzteTag“-Podcast. (dpa/nös)