Studie „Entspann dich, Deutschland!“
Stress sorgt zunehmend für Krankheitsrisiken
Stress im Job sorgt für eine hohe Krankheitslast in der Bevölkerung. Eine aktuelle Studie der Techniker Krankenkasse zeigt: Seit Jahren nehmen die Stressbelastungen zu. Corona hat den Stress-Level vor allem für Frauen erhöht.
Veröffentlicht:Berlin. Sich kaputt fühlen, erkältet sein oder ein Zwicken im Rücken? Als Ursache vieler Beschwerden gilt Stress. Und das umso mehr, je älter die Menschen werden. Die Techniker Krankenkasse hat das weiche Symptom Stress genauer unter die Lupe genommen und harte Bezüge zwischen Stress und Beschwerden an Körper wie Seele festgestellt.
„Quer durch alle Beschwerden, von der Erschöpfung über Rückenleiden bis hin zu Erkältungskrankheiten, geht es den häufig Gestressten gesundheitlich signifikant schlechter als den selten Gestressten“, heißt es in der TK-Stress-Studie „Entspann dich, Deutschland!“, die die größte Krankenkasse in Deutschland am Mittwoch vorgestellt hat.
Seit der ersten Stress-Studie im Jahr 2013 haben demnach Stress und seine Krankheitsfolgen zugenommen, 2013 gab jeder fünfte Befragte an, sich häufig gestresst zu fühlen. 2021 weist das Ergebnis jeden vierten als von starkem Stress betroffen aus.
Baas: Brauchen früh ansetzende Hilfen
„Stress macht nicht per se krank, kann aber zu Krankheiten führen“. sagte TK-Chef Dr. Jens Baas am Mittwoch. Vor allem psychische Beeinträchtigungen seien zu beobachten. 20 Prozent der Fehlzeiten in Deutschland seien bereits auf psychische Erkrankungen und ihre Folgewirkungen zurückzuführen. Das sei relevant für die Volkswirtschaft, so Baas. Es brauche niedrigschwellige Angebote, gerade auch für Männer, um an dieser Stelle frühzeitige Hilfen anzubieten, sagte Baas.
Die Umfrage unter 1000 Personen ab 18 Jahren erfolgte im März 2021. Regionale Unterschiede in Deutschland hätten sich laut TK nicht aufgetan. Menschen mit einem Nettohaushaltseinkommen von mehr als 3000 Euro netto zeigten sich stärker gestresst als Menschen aus Haushalten mit weniger Geld.
Stress entsteht der Umfrage zufolge vor allem am Arbeitsplatz beziehungsweise in Schule, Studium und Ausbildung. Arbeitszeiten jenseits 40 Wochenstunden, die schiere Arbeitsmenge, Termindruck und Hetze sind demnach die wesentlichen Stressoren.
Stress geht mit Erschöpfung einher
„Wenn Stress chronisch wird, drohen gesundheitliche Risiken“, sagte Studienautor Professor Bertolt Meyer. Die sind ausweislich der Studie breit gestreut. Unter denen, die angeben, häufig gestresst zu sein, grassieren Gefühle von Erschöpfung (80 Prozent), Rückenprobleme (74), Nervosität (62) und Schlafstörungen (52). Auch Kopfschmerzen und Migräne (40) werden angegeben, 34 Prozent sprechen von Depressionen, 26 Prozent von Tinnitus.
Mehr als jede dritte Person, die häufig Stress erlebt, berichtet von psychischen Beschwerden in den zurückliegenden drei Jahren. Allein diese Gruppe, so die TK-Untersuchung, mache rund acht Millionen Menschen in Deutschland aus.
Wer von sich annimmt, nicht gestresst zu sein, ist der TK-Untersuchung zufolge weniger oft betroffen. Lediglich 13 Prozent berichten von Kopfschmerzen, sieben Prozent von Depressionen.
Stress nimmt seit Jahren zu
Im Zeitverlauf zeigen die TK-Daten, dass der Stress in den Corona-Jahren deutlich zugenommen hat, vor allem unter Frauen. Während 2016 noch 21 Prozent der Frauen von extremem Stress berichteten, waren es in der Umfrage 2021 schon 30 Prozent. Der unter Frauen grassierende höhere Stress wird vor allem auf die Schulschließungen und den höheren Aufwand für die Kinderbetreuung zurückgeführt.
Durchschnittlich vier Stunden am Tag verbrächten europäische Frauen zusätzlich zur Arbeit mit Tätigkeiten im Haushalt, rechnete Meyer vor. Bei Männern sei dies nicht in dem Maße der Fall. Immerhin: Die Betroffenen suchen Hilfe – in der Familie, bei Freunden oder in der Ratgeberliteratur. Drei Viertel der extrem gestressten Frauen haben um professionelle Hilfe nachgesucht, bei den Männern waren es lediglich 54 Prozent.
Erste Anlaufstellen sind die Praxen von Psychologen und Psychotherapeuten. An zweiter Stelle stehen die Hausarztpraxen. 28 Prozent der Männer und 33 Prozent der Frauen, die professionelle Hilfe suchten, benötigten einen stationären Klinikaufenthalt, um den Ausweg aus dem extremen Stress zu finden.