Krankenversicherung
TK-Chef prophezeit: Beitragssatz wird 2022 deutlich steigen
Die Corona-Pandemie wird die Kassenfinanzen weit über das Jahr 2021 bestimmen, prognostiziert TK-Chef Baas. Nicht nur wegen der Kosten, sondern auch, weil die Einnahmen der Kassen sinken.
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Um einen Prozentpunkt könnte der Kassenbeitrag 2022 nochmals steigen, vermutet TK-Chef Baas.
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Düsseldorf. Der Vorstandsvorsitzende der Techniker Krankenkasse (TK), Dr. Jens Baas, rechnet für das Jahr 2022 mit einer durchschnittlichen Anhebung des Beitragssatzes in der gesetzlichen Krankenversicherung um einen guten Prozentpunkt – nach der Anhebung um 0,2 Prozentpunkte für 2021.
„Das Ende der guten Zeit ist wirklich absehbar“, betonte Baas auf dem digitalen Medica Econ Forum der TK.
„Frage, wie wir das finanzieren, brennt uns auf der Seele“
Die starke Steigerung komme selbst dann, wenn die Corona-Pandemie überwunden sein sollte und keine zusätzlichen Kosten mehr verursachen würde, sagte Baas. Es reiche das Fortschreiben der sonstigen Ausgaben. „Die Frage, wie wir das finanzieren, brennt uns auf der Seele.“
Für Baas ist klar, dass dem Gesundheitswesen jetzt wieder Jahre des Sparens bevorstehen. Während die Kassen zu Beginn der aktuellen Legislaturperiode gut gefüllt waren, werden sie am Ende der Legislatur leer sein. „Die Einnahmen gehen nach unten durch Corona, die Ausgaben haben sich aber steil entwickelt.“
Regierung will an Obergrenze für Sozialabgaben festhalten
Sabine Weiss, Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesgesundheitsministerium, ist mit Blick auf die finanzielle Ausstattung des Gesundheitswesens deutlich optimistischer als der TK-Chef. „Wenn wir es konstruktiv anfassen, glaube ich, dass wir das alles gut hinkriegen.“
Wie in allen anderen Bereichen werde man nach dem Ende der Pandemie auch im Gesundheitswesen Kassensturz machen müssen und prüfen, was getan werden muss, sagte sie. Die Erhöhung des Beitragssatzes könne eine Möglichkeit sein, räumte Weiss ein. „Aber wir haben im Koalitionsvertrag vereinbart, dass die Sozialabgaben unter 40 Prozent insgesamt liegen sollen, und da wollen wir auch bei bleiben.“
Sowohl Weiss als auch Baas sehen in der Digitalisierung ein großes Potenzial, um die Probleme in den Griff bekommen zu können. Sie setzen dabei auf europäische Lösungen. „Nur europäisch haben wir eine Chance, ein Gegengewicht zu den großen amerikanischen und chinesischen Unternehmen zu haben“, sagte der TK-Chef.
Health-Apps: Datenschutzargument überholt
Im Endeffekt würden die Menschen die Angebote wählen, die am besten für sie sind. Als Beispiel nannte er auf Künstlicher Intelligenz (KI) basierende Diagnostik-Anwendungen. Genutzt würden nicht die Apps mit dem besten Datenschutz, sondern die mit den besten Ergebnissen.
Und das seien diejenigen KI-Systeme, die mit den meisten Daten trainiert wurden. „Wenn wir nur im Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf trainieren, und China sagt, wir trainieren in China, dann ist relativ klar, wo hinterher die besten Ergebnisse herauskommen werden“, skizzierte er die Problematik.
Um viele Daten zu erhalten, sei der europäische Ansatz notwendig. „Das ist auf keinen Fall einfach, aber relativ alternativlos“, betonte Baas. Sonst würde es nur kleine, nicht gut funktionierende, wenn auch datensichere Lösungen geben, und die Menschen würden die Angebote von Google oder des chinesischen Versicherers Ping An nutzen.
Europäische Zusammenarbeit sei auf dem Sektor extrem wichtig, sagte er. „Sie ist mühsam, sie ist holperig, aber wir müssen den Weg trotzdem gehen.“