Bundestagswahl
TV-Duell zwischen Scholz und Merz: Zwei kurze Minuten für die Pflege
Migration, Inflation und die Ukraine beherrschten das Fernsehduell zwischen Kanzler Scholz und Herausforderer Merz – die Gesundheitspolitik spielte keine Rolle. Und zur Pflegemisere gab es ein paar Sätze im Schweinsgalopp.
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TV-Duell zur Wahl: Kanzler Olaf Scholz und Unions-Herausforderer Friedrich Merz am Sonntagabend bei ARD und ZDF.
© Michael Kappeler/dpa-Pool/dpa
Berlin. Wachsende Defizite, steigende Kosten, fehlende Fachkräfte: Im Gesundheits- und Pflegebereich türmen sich die Probleme. Bei dem mit Spannung erwarteten TV-Wahlduell zwischen Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz am Sonntagabend spielten diese Baustellen jedoch so gut wie keine Rolle.
Einzig die hohen finanziellen Belastungen für die derzeit rund 5,7 Millionen Pflegebedürftigen und deren Angehörige waren ein Thema – und das auch nur für zwei der insgesamt 90 Minuten, die das Fernsehduell andauerte.
Merz will Pflege zu Hause stärken
Drohende Leistungskürzungen in der gesetzlichen Pflege- wie in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) mieden beide Politiker wie der Teufel das Weihwasser. CDU-Chef Merz rechnete vor, dass ungefähr 15 Prozent der Pflegebedürftigen in Heimen lebten, 85 Prozent würden zu Hause gepflegt.
Großer Wahlprogramm-Check
So planen die Parteien die Gesundheitsversorgung der Zukunft
„Ich finde, wir sollten auch die in den Blick nehmen, die die Pflege zu Hause leisten an ihren Angehörigen, an ihren Eltern, auch häufig an pflegebedürftigen Kindern.“ Diese „Aufgabe“ sei über ein höheres Pflegegeld zu unterstützen.
Die Pflegeversicherung zeige Wirkung, betonte Merz. Sie sei aber als Teil- und nicht als Vollversicherung angelegt. Es gebe aktuell eine „intensive Diskussion“ über die Frage, ob man daraus eine Vollversicherung machen solle. „Ich persönlich bin skeptisch, das zu tun“, kommentierte Merz entsprechende Vorstöße etwa von Wohlfahrts- und Sozialverbänden.
Obligate Zusatzversicherung – perspektivisch
Es sei aus seiner Sicht „besser“, so der Unions-Kanzlerkandidat, wenn man „in der längeren Perspektive“ den Menschen auch eine verpflichtende private zusätzliche Pflegeversicherung auferlegen würde, „damit sie entsprechend vorsorgen können“.
Einen Zeitraum dafür nannte er nicht – auch nicht, wie die obligate Zusatzpflegepolice für Geringverdiener bezahlbar gehalten werden soll. Stattdessen zog Merz einen größeren Rahmen auf: „Wir müssen sehr im Blick halten, dass wir durch die Sozialversicherungsbeiträge auch den Faktor Arbeit in Deutschland verteuern.“
Schon jetzt liege Deutschland hier bei 42 Prozent. „Das geht immer weiter nach oben, wir müssten eigentlich weiter runter.“ Sein Credo sei daher: „Wir werden es immer wieder austarieren und ausgleichen müssen, was wir auf der einen Seite für den Sozialstaat der Bundesrepublik Deutschland tun – dafür müssen wir etwas tun.“ Auf der anderen Seite müsse die Politik für „wettbewerbsfähige Arbeitsplätze“ sorgen.
Scholz wirbt für „Solidaritätsverschränkung“
Kanzler Scholz erklärte, bei den Pflegekosten wollten er und die SPD zweigleisig fahren: „Ich bin für einen Kostendeckel von 1000 Euro. Und ich bin für mehr Solidarität zwischen den gesetzlichen Kassen und den privaten Versicherungen.“ Auf die Frage, ob er gesetzliche und private Pflegeversicherung „zusammenführen“ wolle, antwortete Scholz: „Nein! Ich möchte eine Solidaritätsverschränkung.“
Ein „kurzes“ Rechenbeispiel führte Scholz auch gleich an: „Wenn ich 5000 Euro verdiene und bin Single, zahle ich mit für die alleinerziehende Mutter mit drei Kindern, die 2000 Euro verdient.“
Folge man diesem Modell, im Wahlprogramm der SPD ist von einem „Risikostrukturausgleich“ zwischen sozialer und privater Pflegeversicherung die Rede, „dann haben wir was gekonnt, dann wird es nämlich billiger für uns alle“, zeigte sich Scholz überzeugt.
vdek: Wichtige und dringliche Themen
Mehr gab es nicht zu hören. Der Ersatzkassenverband reagierte denn auch verärgert. „Dass die Gesundheitspolitik beim Kanzlerduell gar nicht vorkam und die Pflege nur sehr kurz gestreift wurde, steht in keinem Verhältnis zur Wichtigkeit und Dringlichkeit der Themen“, sagte Verbands-Chefin Ulrike Elsner der Ärzte Zeitung am Montag.
Die neue Bundesregierung müsse sowohl bei der Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung als auch der sozialen Pflegeversicherung „sofort“ Stabilisierungsmaßnahmen auf den Weg bringen, so Elsner.
Lasten seien dabei fair zu verteilen, ansonsten drohten trotz der zu Jahresbeginn „drastisch“ gestiegenen Beitragssätze weitere Erhöhungen, so Elsner. Es gelte, zu einer stabilitätsorientierten Ausgabenpolitik zurückzukommen. (hom)