Deutsche Tabakkontrollkonferenz
Tabakkontrolle: Krebsforscher hoffen auf Nationalen Präventionsplan
Die Ampelkoalition zeigt sich williger als die große Koalition, bei der Tabakkontrolle Zeichen zu setzen, findet das Deutsche Krebsforschungszentrum. Skeptisch werden aber Avancen der Industrie gesehen, Ärzte für E-Dampf zu sensibilisieren.
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Nein, danke! Bis sich genügend Deutsche gegen die Kippe entscheiden, wird es wohl noch ein weiter Weg sein – zumindest aus Sicht der Tabakkontrolle.
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Heidelberg. Trotz des gesundheitspolitischen Drucks von Seiten des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) und weiterer Verfechter einer strengen Tabakkontrolle in Deutschland auch auf die neuen Bundestagsabgeordneten hat es der Punkt Tabakkontrolle als solcher nicht geschafft, Eingang in den Vertrag der Ampelkoalitionäre zu finden. Das bedauerte Dr. Katrin Schaller, kommissarische Leiterin der Stabsstelle Krebsprävention am DKFZ, am Mittwoch zum Auftakt der im virtuellen Format stattfindenden. 19. Deutschen Konferenz für Tabakkontrolle am DKFZ in Heidelberg.
Das im Mai unter Federführung des DKFZ gemeinsam mit 50 Wissenschaftsorganisationen veröffentlichte Strategiepapier für ein tabakfreies Deutschlands bis 2040 – also eine Raucherprävalenz bei Erwachsenen unter fünf und bei Jugendlichen unter zwei Prozent – habe jedoch eine gewisse Schubwirkung bei den jetzigen Koalitionären verursacht, so Schaller.
Raucherparadies Deutschland?
Bundesregierung verteidigt Kurs in der Tabakprävention
Sei die große Koalition über vier Jahre weitgehend untätig gewesen, um die Tabakkontrolle zu forcieren, habe sie zwar im Zuge des Tabaksteuermodernisierungsgesetzes massive Tabaksteuererhöhungen in die Wege geleitet – „primär, um zusätzliche Einnahmen zu generieren“.
Nach Schallers Lesart solle die Tabakkontrolle nun unter das Dach der Weiterentwicklung des Präventionsgesetzes schlüpfen. Als Vehikel zur Stärkung der Primär- und Sekundärprävention soll ein Nationaler Präventionsplan aufgestellt werden. Im Klartext solle die Tabakkontrollstrategie künftig also in die Präventionsstrategie integriert werden.
Tabakentwöhnung auf Kasse eher ein symbolisches Feigenblatt
Unklar sei noch, ob die Kampagne „Rauchfrei leben“ der ehemaligen Drogenbeauftragten Daniela Ludwigs (CSU) fortgesetzt werde, so Schaller. Nachjustierungsbedarf sehe sie auch bei der Tabakentwöhnung auf Kasse. „Ein erster Schritt, aber es gibt nochviel Luft nach oben“, gab sie zu bedenken. Knackpunkt sei die hohe Zugangshürde zu dem einmaligen Versuch und die Wiederholungsmöglichkeit erst nach drei Jahren.
Als positives Signal für eine europaweit schärfere Tabakkontrolle wertete Dr. Ulrike Helbig, Leiterin des Berliner Büros der Deutschen Krebshilfe (DKH), den von der EU-Kommission im Februar verabschiedeten Krebsplan sowie die Einrichtung des Sonderausschusses zur Krebsbekämpfung des EU-Parlamentes (BECA).
So adressierten die im BECA vertretenen Parlamentarier Themen wie die grenzüberschreitende Zusammenarbeit bei klinischen Studien, die teils auch aus datenschutzrechtlichen gründen streng reglementiert sei. Aber auch das Recht auf Vergessen werden stehe auf der BECA-Agenda – ein Punkt, der gerade in Deutschland im Zusammenhang mit der elektronischen Patientenakte an Bedeutung gewinne.
Im EU-Kontext geht es darum, dass ehemalige Krebspatienten zum Beispiel oft nur schlechte Kreditbedingungen bekämen, sei ihre frühere onkologische Erkrankung aus ihren Daten ersichtlich.
Krebshilfe: Schadensminimierung bei E-Dampf noch nicht erwiesen
Ein großer Dorn im Auge sind der DKH Helbig zufolge Bemühungen seitens der E-Zigaretten-Industrie, Ärzte für das Thema Schadensminimierung (Tobacco Harm Reduction/THR) zu sensibilisieren und sie dafür zu gewinnen, solche Produkte als Alternative zum Rauchausstieg zu bewerben. „Das Schadenspotenzial der E-Zigaretten ist noch nicht klinisch geprüft, der Einsatz erfolgt keineswegs in einem therapeutischen Setting“, so Helbig.
Klipp und klar sei der THR-Nutzen bei E-Dampf-Lösungen bei Weitem noch nicht erwiesen. Somit verbiete sich gegenüber Patienten der Verweis auf die rauchfreien Kippenalternativen – zumindest aus Sicht der evidenzbasierten Medizin.