Intransparentes Testgeschehen
KVen steigen bei Corona-Bürgertests aus
Die Kassenärztlichen Vereinigungen wollen Corona-Bürgertests nicht mehr abrechnen, weil sie eine „eklatante Betrugsproblematik“ durch ein intransparentes Testgeschehen sehen. Eine KV befindet sich bereits im Fokus der Staatsanwaltschaft.
Veröffentlicht: | aktualisiert:Berlin. Die Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) machen ernst und ziehen sich als Dienstleisterinnen aus den Corona-Bürgertests zurück.
„Nach sehr sorgfältiger Prüfung der neuen Test-Verordnung müssen wir Ihnen vor dem Hintergrund der jetzt schon bestehenden, eklatanten Betrugsproblematik mitteilen, dass die Kassenärztlichen Vereinigungen Bürgertestungen zukünftig nicht mehr abrechnen und auszahlen können“, heißt es in einem gemeinsamen Schreiben der KVen an Bundesgesundheitsminister Professor Karl Lauterbach (SPD).
Das Schreiben liegt der Ärzte Zeitung vor. Es trägt das Datum 30. Juni. Zu diesem Datum haben die KVen ihre Dienstleistungen eingestellt.
Gleichzeitig ist zu diesem Datum die neue Testverordnung in Kraft getreten. Die KVen bieten dem Minister „weitere Gespräche in dieser Thematik“ an.
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Die KVen schicken voraus, dass das Ministerium ihnen lediglich vier Stunden und 15 Minuten eingeräumt habe, die neue Verordnung zu kommentieren. Auf Einwände habe das Ministerium anschließend nicht reagiert.
Hintergrund des Ausstiegs sind Befürchtungen bei den KVen, die Anspruchsvoraussetzungen für Bürgertestungen nicht rechtssicher prüfen zu können. Schon die bisherige Praxis habe Betrugsfälle nicht verhindern können, heißt es in dem Schreiben.
Für die KVen ergeben sich daraus manifeste Gefahren. Bereits am Mittwochabend hatten die Vorstände der Kassenärztlichen Bundesvereinigung von staatsanwaltlichen Ermittlungen gegen eine KV wegen Auszahlungen an Bürgertestanbieter berichtet. Dabei handelt es sich um die KV Berlin.
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Erschüttertes Vertrauen in die Teststellen
Nach wie vor würden Teststellen nicht flächendeckend auf Eignung und Zuverlässigkeit überprüft, beklagen sich die KVen in ihrem Brief beim Gesundheitsminister. Die neue Testverordnung sorge nun für eine Vielzahl von bislang nicht bestehenden Anspruchsvoraussetzungen wie der Besuch von Veranstaltungen in Innenräumen am Tag der Testung und der Besuch von Personen im Alter ab 60 Jahren.
Die Einhaltung dieser Vorgaben zu prüfen, sei den KVen nicht möglich. „Aufgrund der Erfahrungen in der Vergangenheit können wir nicht darauf vertrauen, dass alle Teststellen die Leistungen korrekt erbringen werden“, heißt es in dem Schreiben.
Im Ergebnis könnten es die KVen daher nicht verantworten, sehenden Auges Auszahlungen auf Abrechnungen zu leisten, deren Richtigkeit sie „nicht ansatzweise“ nachverfolgen könnten. (af)