Coronavirus
Tönnies-Reaktion: Grüne schreiben Brief an Spahn
Die Fraktion der Grünen fürchtet einen Primat der Wirtschaft über die Sicherheit in Corona-Pandemiezeiten.
Veröffentlicht:Berlin. Der massive Ausbruch des Coronavirus in den Schlachthöfen der Tönnies Unternehmensgruppe hat den Konflikt zwischen wirtschaftlichen Interessen und den Sicherheitsinteressen der Bevölkerung erneut offen gelegt. Die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag hat sich nun in einem Brief an Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) gewandt. Es bestünden Zweifel, ob alle politisch Verantwortlichen den Schutz der Bevölkerung vor den der Wirtschaft stellten, heißt es in dem Schreiben, das der „Ärzte Zeitung“ vorliegt.
Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sagte in der Sendung „Berlin direkt“ am Sonntagabend, die Reaktion auf den Ausbruch bei Tönnies habe wie zwischen Bund und Ländern verabredet funktioniert.
Taskforce aus Bund und Ländern
Gleichwohl schlagen die Grünen-Abgeordneten in ihrem Brief eine Corona-Taskforce von Bund und Ländern vor. Diese solle bei Ausbrüchen die lokalen Behörden mit Ressourcen und Personal sowie fachlich unterstützen.
Als Schwachstelle der nationalen COVID-19-Politik haben die Grünen das „nicht zielgenaue Testen“ ausgemacht. „Erneut fordern wir Sie, Herr Minister, daher auf, gemeinsam mit den Ländern und dem Robert Koch-Institut (RKI) ein verbindliches Konzept für bundesweite Corona-Tests vorzulegen und in Kraft zu setzen“, schreiben die Fraktionsvorsitzende Katrin Göring-Eckardt, die Sprecherin für Innenpolitik Irene Mihalic und die Gesundheits- und Pflegepolitikerin Kordula Schulz-Asche.
Je mehr Fälle in einer Region aufträten, desto mehr Stichproben auch bei symptomfreien Menschen solle es geben. Kommunen dürften nicht aus Kostengründen auf Tests verzichten müssen. In diesem Zusammenhang fordern die Grünen einheitliche Konzepte zum Schutz vor Superspreading-Ereignissen wie in Gütersloh und Warendorf.
Es verwundere, dass es bislang keine Empfehlungen zur Prävention von Infektionen in solchen Einrichtungen gebe. Die solle das RKI nun entwickeln.
Soziale Verhältnisse bestimmen Risiko mit
„Wir sehen natürlich, und das ist eine soziale Frage, dass die Wohn- und Arbeitsverhältnisse das Risiko mitbestimmen dafür, dass das Virus sich schneller ausbreiten kann. Das ist das, was wir jetzt bei Tönnies gesehen haben“, sagte Spahn am Sonntagabend in der ZDF-Sendung „Berlin direkt“. Deshalb müsse in den Schlachthöfen regelmäßig getestet werden. Zudem müssten in solchen Betrieben zügig Filter eingebaut werden, um die Lüftungen sicherer zu machen.
Spahn betonte, dass die Behörden in Nordrhein-Westfalen schnell reagiert hätten und Einschränkungen des öffentlichen Lebens in zwei Landkreisen verhängt hätten. Das führe zu Enttäuschungen, sei aber notwendig.
Weitere Punkte im Schreiben der Grünen an Spahn sind „gemeinsame und verbindliche Pandemieschutzpläne“ sowie die Einberufung eines Pandemie-Rats aus unabhängigen Experten.