Krankenversicherung

„Trennung zwischen PKV und GKV ist unsolidarisch“

Eine Zusammenlegung von PKV und GKV würde die Beitragszahler entlasten – und zwar alle. So das Ergebnis einer neuen Studie. Die Bertelsmann-Stiftung fordert ein Ende des dualen Systems.

Christiane BadenbergVon Christiane Badenberg Veröffentlicht:
G oder P? Das soll für die Bertelsmann-Stiftung keine Frage mehr sein.

G oder P? Das soll für die Bertelsmann-Stiftung keine Frage mehr sein.

© sharpi1980 / stock.adobe.com

Gütersloh. Wenn alle Bundesbürger gesetzlich krankenversichert wären, würde die GKV neun Milliarden Euro im Jahr mehr einnehmen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des Berliner IGES-Instituts im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung. Je nach Szenario könnten die Beitragssätze um 0,6 bis 0,2 Prozentpunkte sinken.

Die Wissenschaftler haben simuliert, wie sich Einnahmen und Ausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung entwickeln würden, wenn alle bisher privat Versicherten in die gesetzliche Krankenversicherung einbezogen wären.

„Jedes momentan in der GKV versicherte Mitglied und sein Arbeitgeber könnten demnach zusammen pro Jahr 145 Euro an Beiträgen sparen, wenn auch Gutverdiener, Beamte und einkommensstarke Selbstständige am Solidarausgleich der Gesetzlichen Krankenversicherung teilnähmen“, heißt es.

Würden die durch den Wegfall der PKV anfallenden Honorarverluste der Ärzte ausgeglichen, beliefe sich der Betrag laut IGES-Studie auf 48 Euro.

PKV-Versicherte sind wohlhabender und gesünder

Die positiven Effekte für die GKV-Mitglieder führen die Studienautoren auf das in doppelter Hinsicht günstigere Risikoprofil der Privatversicherten zurück. Diese verdienten im Durchschnitt 56 Prozent mehr als gesetzlich Versicherte und sorgten so für ein erheblich höheres Beitragsaufkommen.

So liegen nach der Studie der Bertelsmann-Stiftung die jährlichen durchschnittlichen beitragspflichtigen Einnahmen aller PKV-Mitglieder bei 37.858 Euro, die der GKV-Mitglieder dagegen bei 24.149 Euro (siehe nachfolgende Grafik).

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Außerdem seien Privatversicherte gesünder. So liegt bei ihnen der Anteil mit mindestens einem Krankenhausaufenthalt pro Jahr bei 17 Prozent. GKV-Versicherte kommen auf 23 Prozent (siehe nachfolgende Tabelle).

Zudem ist der Anteil von Menschen mit chronischen Erkrankungen, Behinderungen oder Pflegebedürftigkeit deutlich höher als unter den Privatversicherten.

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Versicherten ist kein Vorwurf zu machen

Fakt sei, dass gerade die finanziell leistungsstarken Versicherten in die PKV abwanderten. Das sei auch nachvollziehbar, da die Beiträge zur PKV beim Einstieg oft günstiger seien als in der gesetzlichen Krankenversicherung.

Ein moralischer Vorwurf sei daher fehl am Platz, so der Gesundheitsexperte der Bertelsmann-Stiftung Stefan Etgeton. Vielmehr müsse über die duale Struktur der Krankenversicherung selbst gesprochen werden, die eine solche Risikoselektion ermögliche.

„Der durchschnittliche GKV-Versicherte zahlt jedes Jahr mehr als nötig, damit sich Gutverdiener, Beamte und Selbstständige dem Solidarausgleich entziehen können“, kritisiert er. Das sei der Preis dafür, dass sich Deutschland als einziges Land in Europa ein duales Krankenversicherungssystem leiste.

Mehr Privatversicherte, mehr Ärzte

Die Studienautoren gehen auch davon aus, dass die Unterscheidung zwischen PKV und GKV zu Fehlanreizen in der Versorgungslandschaft führt. Bei der haus- und fachärztlichen Versorgung gebe es einen gewissen statistisch signifikanten Zusammenhang nach dem Muster „wo mehr PKV-Versicherte wohnen, gibt es auch mehr niedergelassene Ärzte.

So fänden sich bei einem um einen Prozentpunkt höheren Anteil der PKV-Versicherten (13,7 Prozent statt durchschnittlich 12,7 Prozent) 1,7 Prozent mehr Hausärzte. Das heißt: 68,3 statt durchschnittlich 67,2 je 100.000 Einwohner.

Die Zahl der Kinderärzte lag sogar um 4,6 Prozent höher: 43,1 statt 41,2 je 100.000 Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren. Die von den Studienautoren verwendeten Daten der KV Bayerns zeigten, dass privat Versicherte in manchen Städten und Landkreisen deutlich stärker vertreten seien als in anderen Regionen des Landes. Das gleiche treffe auf die Vertragsärzte zu.

Stiftung plädiert für einheitlichen Versicherungsmarkt

Die Bertelsmann-Stiftung spricht sich klar für die Aufhebung zwischen privater und gesetzlicher Krankenversicherung aus. Dazu schlägt sie folgende Reformschritte vor:

  • Einführung eines Risikoausgleichs zwischen GKV und PKV, um die Effekte der Risikoentmischung auszugleichen
  • Einführung eines beihilfefähigen Tarifs in der GKV, damit gesetzlich versicherte Beamte vor dem Verlust des Beihilfeanspruchs geschützt werden
  • Ausbau der Mobilität der Altersrückstellungen im PKV-System und darüber hinaus
  • Leichterer Wechsel von der PKV in die GKV unter Mitnahme der Altersrückstellung.
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Kommentare
Dr. Hans-Ulrich Stücker 17.02.202013:36 Uhr

Wieder eine typische Stellungnahme der linkslastigen Bertelsmannstiftung. Privatversicherte verursachen weniger Kosten nicht unbedingt weil sie gesünder sind,sondern weil sie das Gesundheitssystem weniger in Anspruch nehmen,um Kosten zu sparen.Privatversicherte haben häufig hochdotierte Jobs,sind Selbstständige ,lassen sich daher seltener krankschreiben,suchen den Arzt erst auf bei wirklich ernsten Beschwerden,leben auch gesünder.Im GKV- Bereich wird der Arzt viel häufiger wegen Bagatellen frequentiert,auch die AU häufiger eingefordert. Privatversicherte wollen gerne die Rückvergütung bei Nichtinanspruchnahme der Krankenkasse erhalten. Ich habe Patienten erlebt,die sich trotz ernster Erkrankungen nur alle paar Jahre zur Kontrolluntersuchung vorstellten,nur um die Rückvergütung zu erhalten. Kuren werden Privatpatienten deutlich restriktiver verordnet.— Ohne die PKV würden neue innovative Diagnostik-und Therapieformen erst viel später in die Patientenversorgung eingeführt.Die mangelhafte GKV- Versicherung soll auf die gesamte Bevölkerung ausgedehnt werden.— Besser wäre es umgekehrt. Jeder Patient sollte mit z.B. 10% Selbstbeteiligung (bis zu einem Höchstbetrag von z.B. 1000.- € im Jahr) privat versichert sein ( ähnlich in Frankreich).Die Patienten würden dann sicherlich nur bei eindeutigen Beschwerden den Arzt aufsuchen. M. E. ist das zumutbar für die eigene Gesundheit,die ja angeblich das höchste Gut ist.Die wirklich 20% Bedürftigen könnten weiter wie bisher mit Krankenschein vollversorgt werden. Eine solche Regelung wird aber bei Gewekschaften,Sozialdemokraten,Grünen und Linken kaum durchsetzbar sein.

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