Obamacare

Trumps Ping-Pong-Politik

Pharmapreise regulieren, Impfgegner protegieren, Forschungsgelder in Frage stellen: Die gesundheitspolitischen Ansätze Donald Trumps lassen aufhorchen. Stringenz fehlt – doch die Basis für eine Abschaffung von Obamacare ist bereits gelegt.

Von Jana Kötter Veröffentlicht:
Donald Trump: In seiner Gesundheitspolitik ist bisher kein klarer Weg zu erkennen.

Donald Trump: In seiner Gesundheitspolitik ist bisher kein klarer Weg zu erkennen.

© REBECCA COOK / newscom / picture alliance

WASHINGTON. Obamacare abschaffen oder – in veränderter Form – beibehalten: Diese Frage scheint der zukünftige US-Präsident Donald Trump noch nicht entschieden zu haben. Im Wahlkampf hatte er die von Amtsvorgänger Barack Obama geschaffene Gesundheitsreform immer wieder als "Katastrophe" bezeichnet und angekündigt, sie abzuschaffen. Zuletzt wich er von diesem Punkt wieder ab: Er wolle die Reform doch nicht abschaffen und Teile übernehmen, sagte er vor wenigen Wochen (die "Ärzte Zeitung" berichtete).

Nun stehen die Zeichen wieder schlecht für Obamacare: Eine gute Woche vor Beginn seiner Präsidentschaft ruderte Trump wieder zu seiner Wahlkampf-Position zurück und betonte, die Reform abschaffen zu wollen. "Obamacare ist ein komplettes Desaster", sagte er bei seiner ersten Pressekonferenz nach der Wahl. Wie und womit er Obamacare ersetzen will, sagte er jedoch nicht.

Politik stellt Weichen für Abschaffung

In der Nacht zum Donnerstag haben die Republikaner im US-Senat währenddessen den ersten Schritt zur Abschaffung getan. Sie verabschiedeten nach langer Sitzung mit 51 zu 48 Stimmen einen Haushaltsentwurf. Damit können US-Medienberichten zufolge große Teile der Reform per sogenanntem Reconciliation-Verfahren außer Kraft gesetzt werden. Bei der Prozedur reicht eine einfache Mehrheit zur Verabschiedung von Gesetzen aus. Die Demokraten im Senat um ihren neuen Fraktionschef Chuck Schumer protestierten in Redebeiträgen gegen die Maßnahme. Das Abgeordnetenhaus muss nun darüber abstimmen.

Die Zukunft der Gesundheitsreform, die mehr als zehn Millionen zusätzlichen Menschen eine Krankenversicherung verschafft hat, bleibt damit ungewiss. Und Trump zeigt einmal mehr, dass er in der Gesundheitspolitik keinen klaren Kurs verfolgt.

Scharfe Kritik an Arznei-Preisen

Ein weiterer Teil dieses Hin-und-Her-Spiels lässt die Pharmaindustrie aktuell aufhorchen: Gab sich Trump anfangs als Anhänger des freien Marktes im Gesundheitswesen – zur Kostensenkung sollte es Wettbewerb zwischen den Bundesstaaten geben –, so kritisiert er nun scharf die Arzneihersteller: Sie verlangten in den USA viel zu hohe Preise, sagte er in seinem Statement vor der Presse. Hier wolle er gegensteuern. Zudem, so Trumps Kritik, stellten sie ihre Produkte nicht in den USA her.

Amerikanische Pharma- und Biotechaktien wie Pfizer und Biogen verloren unmittelbar nach den Aussagen deutlich. Und auch die Schweizer Branchenwerte Novartis, Roche und Actelion zeigten zu Handelsschluss am Mittwoch ein Minus.

Der Verband forschender Arzneimittelhersteller (vfa) sieht hingegen keinen Grund zur Sorge. "Preisverhandlungen für Medikamente sind in vielen Gesundheitssystemen der Welt Normalität", sagte vfa-Hauptgeschäftsführerin Birgit Fischer der "Ärzte Zeitung". "Wichtig ist, dass sie fair und nach nachvollziehbaren Kriterien ablaufen." Auch bezüglich der Produktionsproblematik zeigt sich Fischer zunächst entspannt: "Wir glauben an fairen internationalen Standortwettbewerb und vertrauen auf die Stärken unseres pharmazeutischen Produktionsstandortes in Deutschland", so Fischer. Dazu zählten etwa die hohe Qualifikation der Beschäftigten sowie die zentrale Lage in Europa.

"Erster Anti-Wissenschafts-Präsident"

In den USA machen sich neben den Pharmaunternehmen währenddessen auch Forscher Sorgen. "Trump wird der erste Anti-Wissenschafts-Präsident", fürchtet Michael Lubell von der American Physical Society.

Nun zeichnen sich erste Bereiche ab, in denen dies zutage treten könnte: So soll Trump Medienberichten zufolge den berüchtigten Impfgegner Robert F. Kennedy Jr. zum Vorsitzenden einer neuen Impf-Sicherheitsstudie machen. Nach offiziellen Angaben ist diese Personalentscheidung zwar noch nicht bestätigt, doch die Nähe lässt bereits aufhorchen: So propagiert Kennedy den Zusammenhang zwischen Impfungen und Autismuserkrankungen. 2015 war er in die Schlagzeilen geraten, nachdem er die Zahl der durch Impfungen geschädigten Kinder einen "Holocaust" nannte.

Und auch die Erforschung globaler Bedrohungen durch Mikroorganismen steht vor neuen Hürden. So zweifelt Mick Mulvaney, ein von Trump bestellter Budget-Verantwortlicher im Weißen Haus: "Die Frage ist, brauchen wir dafür überhaupt von der Regierung bezuschusste Forschung?"

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