Kommentar – KBV
Wie bei Hempels unterm Bett
Nein, es ist keine Petitesse, wenn der KBV-Vorsitzende Dr. Andreas Gassen wider haushalts- und vergaberechtliche Bestimmungen freihändig Politikberatungsleistungen im Wert von über 200.000 Euro einkauft. Und das gleich aus mehreren Gründen.
Zum einen sind formale Fehler gemacht worden. Jenseits von 20.000 Euro hätte die KBV den Auftrag ausschreiben und eine Auswahl unter drei von einander unabhängigen Bewerbern treffen müssen. Beide Voraussetzungen sind nicht erfüllt worden, wie aus dem Bericht der internen KBV-Revision hervorgeht.
Coaching diente nur KBV-Chef persönlich
Jenseits dieser Fehler wiegen allerdings andere Umstände politisch weitaus schwerer. Die Politikberatung sollte nicht der KBV insgesamt dienen, auch nicht dem Vorstand, sondern höchstpersönlich dem KBV-Vorstandsvorsitzenden.
Mag sein, dass es (auch) Gassens Ziel war, mit Blick auf die nächste Legislaturperiode ein für die KBV günstiges Umfeld bei den Fach-Parlamentariern zu schaffen. Aber Tatsache ist, dass die Beratungsleistungen auf ihn höchst persönlich konzentriert und nicht als Leistung für den KBV-Vorstand konzipiert waren.
Im Gegenteil: Gegenstand des Coachings waren auch Taktiken, mit welchen Methoden man Gassens Stellvertreterin Regina Feldmann würde beschäftigen, blockieren und paralysieren können.
Hier wurden Zwangsbeiträge von Ärzten eingesetzt, die dem taktischen machtpolitischen Scharmützel innerhalb des KBV-Vorstandes dienten. Und wenn dafür Tagessätze von bis zu 3000 Euro – bei nicht besonders spezifizierter Leistung – gezahlt worden sind, so wird manchem Arzt die Galle bitter auf der Zunge schmecken.
Stärkung für die Pläne der Regierung
Dieser Vorgang ist weiteres Wasser auf die Mühlen des Gesetzgebers, der insbesondere die KBV mit dem GKV-Selbstverwaltungsstärkungsgesetz unter eine strengere Kontrolle der ministeriellen Rechtsaufsicht und der Vertreterversammlung nehmen will.
Die Wirkung ist kontraproduktiv: Die KBV hat an Beinfreiheit verloren, zu Lasten auch der Vertretung berechtigter Interessen der Vertragsärzte. Um Glaubwürdigkeit zurückzugewinnen, wird sie den Ball künftig ganz flach halten müssen.
Das heißt zum einen mehr Kontrolle, um sicherzustellen, dass Entscheidungen rechtmäßig sind. Zum zweiten Konzentration auf die Umsetzung gesetzgeberischer Vorgaben.
Der künftige Vorstand der KBV, wie immer er besetzt sein mag, wird sich darauf besinnen müssen, dass die KBV eine Körperschaft des Öffentlichen Rechts und kein Unternehmen ist, das sich seine Spielfelder selbst aussuchen kann.
Für politisches Eintänzertum im Vorstand ist – auch vor dem Hintergrund des gesetzlichen Kooperationsgebots – kein Platz.
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