Organspende

Zahl der Spender bricht ein

Die Skandale bei der Organverteilung in drei Kliniken zeigen ihre Wirkung. Im vergangenen Jahr ist die Zahl der Organspenden so stark eingebrochen wie lange nicht.

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Er hat noch ein Organ gefunden.

Er hat noch ein Organ gefunden.

© Soeren Stache / dpa

BERLIN. Die Tricksereien von Ärzten und möglicherweise auch Krankenhausverwaltungen bei der Zuteilung von Spenderorganen wirken sich unmittelbar auf die Spendebereitschaft in der Bevölkerung aus.

Um 12,8 Prozent ist 2012 die Zahl der Organspenden gegenüber dem Vorjahr gesunken. Das hat die Deutsche Stiftung Organtransplantation (DSO) am Montag mitgeteilt.

Lediglich 1046 Menschen in Deutschland erlaubten 2012 die Entnahme ihrer Organe. Das waren 154 weniger als 2011.

Insgesamt konnten Transplantationsmediziner im vergangenen Jahr 3508 Organe entnehmen. 2011 waren es 3917 gewesen

Der Einbruch sei im zweiten Halbjahr nach Bekanntwerden der Manipulationen in drei Transplantationszentren erfolgt.

Noch nicht gegriffen hat die im November in Kraft getretene neue gesetzliche Regelung, nach der die Menschen in Deutschland regelmäßig über die Organspende informiert und zu einer Entscheidung aufgefordert werden sollen.

Die meisten Krankenkassen haben ihre Versicherten noch nicht mit der Entscheidungslösung konfrontiert. Die DSO ist für die Gewinnung von Organen zuständig, nicht für deren Zuteilung. (af)

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Kommentare
Christina Manthey 08.01.201312:31 Uhr

Priorisierungsentscheidung der Versicherten?

Der Zusammenhang zwischen dem Rückgang der Spenderorgane und der skandalisierten Organverteilung an drei deutschen Kliniken ist nur eine Vermutung. Verlässliche Zahlen, wie viele Bürger ihren vorhandenen Organspenderausweis tatsächlich zerrissen haben, nachdem sie in der Presse von den staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen erfahren haben, gibt es nicht. Die Berichterstattung überdeckt andere mögliche Ursachen für den Rückgang. Mit der Aufklärung der Bürger über Tatsachen und Hintergründe bei Organtransplantationen im Zuge der Gesetzesnovellierung, die schon vor der speziellen Beratungs- und Informationspflicht der Krankenkassen eingesetzt hat, sind den Versicherten auch die Kosten und die Folgekosten von Transplantationen ins Bewusstsein gekommen. Vielen potentiellen Spendern war bis dahin nicht klar, wie teuer eine Lungentransplantation ist, und wie intensiv die Patienten auch lange nach deren Durchführung noch behandelt werden müssen.Jeder Versicherte einer gesetzlichen Krankenkasse kennt, wenn nicht am eigenen Beispiel dann zumindest aus dem Bekanntenkreis, genügend Fälle, in denen alte, kranke, behinderte Menschen sich ein notwendiges Hilfsmittel vor den Sozialgerichten erstreiten müssen. Oft genug erledigt sich die Klage ohne Urteil, weil der Versicherte die durchschnittliche Dauer des Rechtsstreits von 2-3 Jahren nicht mehr erlebt. Manche Krankenkassen scheinen sogar darauf zu setzen und verzögern bewusst die Entscheidung. Selbst Hilfsmittel wie behindertengerechte Betten, die nur leihweise zur Verfügung gestellt werden, müssen eingeklagt werden, sofern der Versicherte nicht über genug eigene Mittel zur privaten Anschaffung verfügt. Wenn die Mittel in der GKV nach dem Eindruck vieler Versicherter noch nicht einmal für einfache, günstige und wiederverwendbare Hilfsmittel reichen, die zudem kostenintensive Krankenhausaufenthalte vermeiden helfen, sollten dann mittels der Bereitschaft zur Organspende teure Transplantationen favorisiert werden? Die Antwort der Versicherten ist bekannt. Dass ausgerechnet die sonst durch Ablehnungsbescheide bekannten gesetzlichen Krankenkassen nun farbenprächtige Hochglanzbroschüren zur Förderung der Organspende versenden, tut ein übriges, das Misstrauen und den Ärger der Versicherten zu schüren. Statt als Egoisnmus könnte man das Verhalten der Versicherten auch als Priorisierung bezeichnen.

Dr. Karlheinz Bayer 08.01.201308:52 Uhr

Der Organhandel und die Organ"spende" sind und bleiben verlogene Geschäfte


Was hat an das Organspendegesetz durchgepaukt! Und wie gerne hätten interessierte Kreise eine gnadenlose Widerspruchslösung gehabt! Es hat kein Schwein interessiert, daß weite Teile der Bevölkerung den "Hirntod" als ein unmenschliches und wahrheitsfremdes Konstrukt angesehen haben. Es hat niemand interessiert, daß Herr Steinmeyer eine LEBEND-Spende vorgenommen hat und keineswegs hirntot war. Es war und ist und bleibt auch weiter allen Beteiligten egal, welche Wege die Organe gehen und wie unkontrolliert von aller Öffentlichkeit die Transplantationszentren arbeiten.

Und dann werden die Organempfänger quasi wie menschliche Schutzschilde vor den vor diesem Industriekomplex Transplantation hergetrieben. Man hat die wartenden Empfänger als dritte Gruppe von Werbeträgern ausgemacht, neben den Haustieren und den Kindern.

Es ist verlogen!

Der Gesetzgeber ist gefordert. Der reißerische Werbung mit dem Schicksal der Wartenden soll ebenso ein Ende gemacht werden wie der Allmacht der Transplantateure. Die Lebendspende soll als einzig zutreffende Organspende auch im Gesetz so formuliert werden. Von Toten kann man nur wenige Organe wie Hirn- und Hornhaut oder Knochen nehmen. Eine echte Spende setzt einen lebenden Organismus voraus - mit allen juristischen Konsequenzen!

Juristische Konsequenzen sind z.B., daß Angehörige die organentnehmenden Ärzte verklagen können, wenn die sich nicht 100% an die Regeln halten.

Es ist ein verlogenes Geschäft, und die Spendebereitschaft wird erst dann steigen, wenn Ehrlichkeit, Offenheit und Kontrolle eingeführt worden sind. Meinen Organspendeausweis habe ich mit der Einführung der neuen gesetzlichen Regelung zerrissen und die Spendebereitschaft widerrufen.
Ich traue diesem System nicht mehr!

Dr.Karlheinz Bayer, Bad Peterstal

Dr. Christoph Luyken 07.01.201323:38 Uhr

ekelhafte Egozentrik

Es gibt viel zu wenige Organspender in Deutschland.
Die Not, die ein Kranker hat, der auf ein Spenderorgan wartet, ist so groß, daß die persönlich betroffenen Ärzte dieser Patienten bisweilen tricksen (müssen), um für sie schnell an ein Spenderorgen zu kommen.
Das ist die traurige Realität.
Wenn nun diese uneigennützigen Tricksereien jener Ärzte bekannt werden, die alles Menschenmögliche tun, um die Not ihrer Patienten zu wenden, sollte das Anlaß für jeden Bürger sein, seine Spendenbereitschaft nun endlich zu erklären!
Daß das Gegenteil der Fall ist, ist der Beweis für den gnadenlosen Egoismus eines Großteils unserer Bevölkerung.

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