Vorübergehende Regelung
AU-Bescheinigung per Telefon wirft Fragen auf
Ärzte dürfen nun leicht erkrankte Patienten nach telefonischer Beratung arbeitsunfähig schreiben. Die Bedingungen sorgen allerdings für Diskussion.
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Ärzte müssen für sich entscheiden, ob sie die neue Möglichkeit der Krankschreibung für sich nutzen wollen oder ob die AU-Feststellung per Telefon für sie nicht sinnvoll ist.
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Neu-Isenburg. Husten, Schnupfen, Heiserkeit – leicht erkrankte Patienten müssen ab sofort nicht die Wartezimmer der Praxen verstopfen. Ärzte dürfen die Erkrankten nach einer telefonischen Beratung bis zu maximal sieben Tagen krankschreiben. Das hatten KBV und der GKV-Spitzenverband am Montag beschlossen, um sie zu entlasten.
Zeit für telefonische Abklärung
Aber bringt das den Praxen wirklich etwas? Fakt ist, dass Ärzte auch am Telefon feststellen müssen, ob ein leichter Atemwegsinfekt vorliegt und der Patient tatsächlich nur leicht erkrankt ist. Und sicher ist, dass die telefonische Beratung Zeit in Anspruch nimmt und die Diagnose übers Telefon nicht unbedingt leichter fällt.
Von der Abrechnung her darf die Praxis in solchen Fällen telefonischer Inanspruchnahme – sofern der Patient im Quartal noch nicht in der Praxis war – die GOP 01435 ansetzen (88 Punkte, 9,67 Euro).
Postversand kein Minusgeschäft
Kann ein Verwandter oder Nachbar die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nicht in der Praxis abholen, ist ein Versand per Post durch die Arztpraxis erforderlich. Das kostet pro Brief 80 Cent. Am Dienstagabend einigten sich KBV und GKV-Spitzenverband, dass in diesen Fällen die Kostenpauschale GOP 40122 angesetzt werden darf. Sie ist mit 90 Cent bewertet.
Fazit: Ärzte müssen für sich entscheiden, ob sie die neue Möglichkeit für sich nutzen wollen oder ob die AU-Feststellung per Telefon für sie nicht sinnvoll ist. Auch ist noch fraglich, ob – wenn es dann um die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall geht – die telefonisch ausgestellte AU zählt.
Das müsste eigentlich so sein. Wenn der Patient dann aber doch länger krank ist und es um das Krankengeld geht, könnten sich Krankenkassen möglicherweise quer stellen. Das wiederum hätte Konsequenzen für Patient und Arzt.
Zum jetzigen Zeitpunkt ist jedenfalls nicht ganz klar, ob der Beschluss der KBV und des GKV-Spitzenverbandes Ärzten auch rechtlich Sicherheit bietet.
Politiker lobt und fordert Überprüfung
Der CDU-Gesundheitspolitiker Alexander Krauß hat die Vereinbarung zwischen Ärzten und Krankenkassen am Dienstag gelobt. „Diese Regelung wird helfen, die Arztpraxen von leichten Grippefällen zu entlasten und bei Corona-Verdacht die Arbeit der Praxen nicht über Gebühr einzuschränken“, sagte er.
Allerdings müsse die Inanspruchnahme anschließend überprüft werden. „Es darf nicht dazu kommen, dass die Regelung missbraucht wird“, so der CDU-Politiker weiter. Damit sei aber derzeit nicht zu rechnen, so Krauß.
(Anm. der Red.: Dieser Beitrag ist nach Veröffentlichung eines Beschlusses von KBV und GKV-Spitzenverband aktualisiert worden.)