Aufwind für die E-Zigarette

Sind Elektrozigaretten Arzneimittel oder nicht? In diesem Streit zeichnet sich nun ein Richterspruch zugunsten der Hersteller ab. Dennoch könnte der E-Kippe bald das Aus drohen.

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Dampfer in Essen: Die Hersteller von E-Zigaretten hoffen auf juristische Rückendeckung.

Dampfer in Essen: Die Hersteller von E-Zigaretten hoffen auf juristische Rückendeckung.

© biky / imago

MÜNSTER (nös). Für die Hersteller der umstrittenen E-Zigaretten zeichnet sich womöglich ein kleiner Etappensieg ab.

Nachdem das Gesundheitsministerium in Nordrhein-Westfalen Ende vergangenen Jahres vor den E-Zigaretten gewarnt und sie öffentlich als Arzneimittel bezeichnet hatte, könnte das dortige Oberverwaltungsgericht (OVG) in Münster nun diese Warnung kippen.

Auf Antrag eines Herstellers mussten sich die Richter mit der Frage auseinandersetzen, ob die Warnung vor den E-Zigaretten rechtens war.

Das Ministerium hatte im Dezember argumentiert, der Verkauf sei verboten, da die nikotinhaltigen Liquids als Arzneimittel einzustufen seien.

Nun haben die Richter des OVG einen "rechtlichen Hinweis" an das Gesundheitsministerium und den Hersteller verschickt. Darin kommen sie zu der Einschätzung, dass sowohl die Warnung als auch ein Erlass an die nachgeordneten Behörden rechtswidrig sein könnten.

Genussmittel oder Arzneimittel

Der Grund: Das betroffene Produkt samt Nikotintank ist den Richtern zufolge eher als Genussmittel einzuordnen, statt als ein Arzneimittel.

Allerdings: Ein Urteil ist in dieser Sache noch nicht gesprochen. Die Entscheidung im Eilverfahren wird in den nächsten Wochen erwartet. Das Ministerium hat nun Zeit zur Stellungnahme, sagte eine Gerichtssprecherin auf Anfrage.

Der Hersteller und einige der Branche nahestehende Juristen sehen mit diesem ersten Bescheid allerdings schon den Kampf zugunsten der Elektrokippe entschieden.

Die verweisen auf Bewertungen des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) und das Bundesgesundheitsministerium. Auch deren Einschätzungen seien nach dem jetzigen Bescheid "falsch", teilte der betroffene Hersteller mit.

Sowohl das BfArM als auch die Bundesregierung bewerten die Nikotinliquids als Arzneimittel und die Inhaler entsprechend als Medizinprodukte.

Im Jahr 2009 hatte die Bonner Behörde auf Antrag einer Landesbehörde eine E-Zigarette als Arzneimittel eingestuft. Ausschlaggebend war die Definition von Nikotin als Funktionsarzneimittel, da es eine physiologische Wirkung hat.

Razzien bei mehreren Händlern

Auch die Bundesregierung hatte sich jüngst in einer Antwort auf eine parlamentarische Anfrage auf diese BfArM-Bewertung berufen und argumentiert, diese Einordnung gelte beispielhaft für ähnliche Produkte.

Allerdings können Ministerien Stoffe nicht einfach als Arzneimittel einstufen. Das müssen die Zulassungsbehörden, in Deutschland also das BfArM, jeweils auf Antrag der Hersteller entscheiden.

Außerdem können die zuständigen Aufsichtsbehörden in den Bundesländern, etwa die Regierungspräsidien oder Landesgesundheitsämter, entsprechende Prüfungsanträge an das BfArM stellen.

Zudem können sie, wie auch die Staatsanwaltschaften, je nach Fall strafrechtliche Ermittlungen einleiten - wenn sie den Verdacht haben, dass das Produkt unter das Arzneimittelgesetz fallen müsste und Hersteller oder Händler gegen die Vorschriften des Arzneimittelgesetzes verstoßen haben.

Genau das ist seit Anfang des Jahres mehrfach passiert. In mehreren Fällen wurden Räume von Herstellern und Händlern durchsucht und E-Zigaretten und Nikotinliquids beschlagnahmt. In allen Fällen ermitteln die Staatsanwälte wegen des unerlaubten Inverkehrbringens von Fertigarzneimitteln.

In etlichen Fällen ermittelt die Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main zentral. Hier hatte der Zoll im vergangenen Jahr E-Zigaretten-Importe abgefangen, die an mehrere Händler in der Bundesrepublik geliefert werden sollten.

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Kommentare
Dr. Klaus Aschern 29.03.201221:59 Uhr

Das kleinere Übel

Ichm uss mich meinem Vorredner anschließen: Der Husten läßt bei harten Rauchern und Umsteigern auf E-Dampf nach, das kann ich zumindest aus den n=10 Umsteigern unter meinen Patienten, von denen ich das weiß, ableiten. Ebenso die fehlende Mitraucherbelästigung, von stinkender Kleidung, Autos, Gardinen etc., die dann wegfällt, mal ganz abgesehen.

Den potentiell schädigenden Effekt des Nikotins sehe ich natürlich, den haben wir bei Vitamin- und Spurenelementezufuhr ohne vorliegenden Mangel aber erwiesenermaßen auch, sogar mit wahrscheinlich lebensverkürzenden Effekten. Und die Lebensmittelindustrie mit Zucker Salz und gehärteten Fetten sowie Glutamin etc. An solche Brocken trauen sich die Politiker erst gar nicht ran. Eweitern könnte man die Warnungen auch auf Fernseher, Spielekonsolen, Computern und evtl sogar Handys für Kinder und Jugendliche...
Man kann die E-Zigarette ja als potentiell gesundheitsschädlich deklarieren und den Verkauf an Minderjährige streng ahnden, alles andere ist doch sehr durchsichtige Angst vor dem schleichenden Abbröckeln der Tabaksteuer.

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