Bonität von Neukunden unter der Lupe

Das Risiko, Nichtzahler zu bekommen, will die Allianz Private Krankenversicherung gezielt ausschließen. Dafür wird das Scoring-Verfahren schärfer.

Ilse SchlingensiepenVon Ilse Schlingensiepen Veröffentlicht:
Versicherungsfachleute der Allianz nehmen die Finanzkraft potenzieller Kunden unter die Lupe.

Versicherungsfachleute der Allianz nehmen die Finanzkraft potenzieller Kunden unter die Lupe.

© Gina Sanders / fotolia.com

KÖLN. Angesichts der Probleme durch Nichtzahler hat die Allianz Private Krankenversicherung ihrer Bonitätsprüfung bei potenziellen Neukunden verschärft. "Wir prüfen nicht mehr nur medizinische Risiken, sondern ganz klar auch finanzielle", sagte Vorstand Christian Molt bei der Fachkreistagung Krankenversicherung der Vereinigung der Versicherungs-Betriebswirte in Köln.

Anteil säumiger Kunden im Bestand nimmt seit 2009 zu

Wegen der gesetzlichen Versicherungspflicht dürfen PKV-Unternehmen seit dem 1. Januar 2009 Kunden auch dann nicht mehr kündigen, wenn sie ihre Beiträge nicht bezahlen. Seitdem habe der Anteil nicht zahlender Kunden am Versicherungsbestand zugenommen, sagte Molt.

Die Allianz Private Krankenversicherung habe darauf reagiert und die Mahn-Prozesse bei säumigen Kunden überarbeitet. Die Briefe, mit denen solche Kunden zum Zahlen der ausstehenden Beiträge aufgefordert werden, wurden um eine Beschreibung von Konsequenzen und Lösungsmöglichkeiten erweitert.

 Außerdem telefoniert ihnen das Unternehmen hinterher. Auf diese Weise könne eine Reihe von Versicherten doch noch dazu bewegt werden, vor einer gerichtlichen Auseinandersetzung zu zahlen, berichtete er.

Für Versicherte mit vorübergehenden Zahlungsschwierigkeiten arbeitet die PKV-Branche zurzeit an einer Art Untertarif zum Basistarif, der ein deutlich geringeres Prämienniveau als der Basistarif hat. Damit soll verhindert werden, dass die Versicherten mit zu hohen Beitragsrückständen belastet sind, wenn ihre Krise überwunden ist. Außerdem entlastet ein solcher Nottarif auch die Bilanzen der Versicherer.

Es gebe aber auch Versicherte, die das Kündigungsverbot ausnutzen und bewusst keine Prämien zahlen, sagte Molt. Da Zusatzversicherungen von dem Verbot ausgenommen sind, zahlten manche Kunden für sie weiter Beiträge. "Wir müssen mit dem Gesetzgeber sprechen, dass die Regelungen hier verschärft werden."

Treffsichere Prognose des Zahlungsverhaltens im Fokus

Bei der Annahmeprüfung von Neukunden gehe es für die Allianz Kranken jetzt darum, das Zahlungsverhalten möglichst treffsicher zu prognostizieren, sagte er. Dabei arbeitet der Versicherer sowohl mit professionellen Anbietern wie der Schufa als auch mit eigenen Scoring-Verfahren, die bestimmte Merkmale wie den Beruf erfassen oder Beitragsrückstände aus einem früheren Versicherungsverhältnis.

Die Kunden unterschreiben eine Einwilligungserklärung über die Einholung von Bonitätsdaten bei einem Informationsdienstleister.

Gerade bei günstigen Einstiegstarifen ist die Gefahr groß, Kunden zu gewinnen, die sich als nicht zahlungskräftig herausstellen. So haben insbesondere die Unternehmen viele Nichtzahler im Bestand, die viel Geschäft mit Kleinstunternehmern gemacht haben.

Für die Allianz Private Krankenversicherung sei es positiv, dass sie schon vor Einführung des Scoring-Verfahrens damit begonnen habe, ihre Vertriebe auf andere Zielgruppen umzusteuern, sagte Molt. "In den vergangenen Jahren hatten die Starter-Tarife einen hohen Anteil, das hat sich im vergangenen Jahr deutlich geändert."

Bei der Allianz stehe das gehobene Kundensegment im Vordergrund, betonte er. Dabei profitiert der Versicherer - wie im Übrigen die gesamte Branche - von der Tatsache, dass gut verdienende Angestellte jetzt wieder ein Jahr nach Überschreiten der Versicherungspflichtgrenze von der gesetzlichen in die private Krankenversicherung wechseln können.

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Hausgemachte Probleme

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