Start der betriebsärztlichen Corona-Impfungen

COVID-19-Impfungen in Unternehmen: Kleine Firmen, große Herausforderungen

Die betriebsärztliche Corona-Immunisierung von Belegschaften hat am Montag teils einen holprigen Start hingelegt. Stolpersteine sind mitunter fehlende Internetzugänge für das Impfmonitoring – und die Abrechnungen.

Matthias WallenfelsVon Matthias Wallenfels Veröffentlicht:
Seit Montag dürfen auch Betriebsärzte gegen Corona impfen – ganz reibungslos wird das wohl nicht ablaufen, so die Erwartungen.

Seit Montag dürfen auch Betriebsärzte gegen Corona impfen – ganz reibungslos wird das wohl nicht ablaufen, so die Erwartungen.

© Elena / stock.adobe.com

Neu-Isenburg. Der Startschuss ist gefallen: Seit diesem Montag dürfen auch Betriebsärzte in Unternehmen Belegschaften gegen Corona vakzinieren. Während im Rahmen von Modellprojekten teilweise bereits seit März vor allem größere Unternehmen wie zum Beispiel Volkswagen am Standort Zwickau oder BASF am Hauptsitz in Ludwigshafen Tausenden Mitarbeitern die Corona-Schutzimpfung anbieten konnten, können Betriebsärzte seit 7. Juni nun in allen Unternehmen ihre Impfdienste offerieren.

Während größere Unternehmen sich quasi generalstabsmäßig auf die Vakzinierung ihrer Belegschaften vorbereiten können, sieht das gerade in kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) ganz anders aus.

Ich bin Einzelkämpferin und muss verschiedene Interessen abwägen

Silke Kretzschmar, Vorsitzende des Bundesverbandes selbstständiger Arbeitsmediziner und freiberuflicher Betriebsärzte (BsAfB)

So berichtet die in Gera niedergelassene Betriebsärztin Silke Kretzschmar, die als Vorsitzende des Bundesverbandes selbstständiger Arbeitsmediziner und freiberuflicher Betriebsärzte (BsAfB) fungiert, im Gespräch mit der „ÄrzteZeitung“, dass gerade das Impfen in KMU eine große Herausforderung auch in logistischer Hinsicht darstellt. „Ich bin Einzelkämpferin und muss verschiedene Interessen abwägen“, so Kretzschmar.

Am Montag habe sie die für jeden Betriebsarzt zugeteilten 102 Impfdosen für die gesamte Woche bekommen. Nun muss sie mit Bedacht disponieren. „Was ich in der Kühltasche im Außendienst in die Firmen mitnehme, muss an diesem Tag verimpft werden. Da es aber durchaus Nebenwirkungen nach der Schutzimpfung gibt, kann ich auch nicht die gesamte Belegschaft an einem Tag impfen, da sonst schlimmstenfalls der Betrieb stillstehen würde, wenn alle Impflinge wegen Nebenwirkungen krank werden“, gibt sie Einblick in ihr Impfmanagement.

Nur eine Zusatzaufgabe

Dann kann es noch zu Unwägbarkeiten vor Ort kommen. „Nicht überall in den KMU gibt es WLAN oder Hotspots, sodass ich teils auch überlegen muss, wie ich das notwendige Impfmonitoring bewältigen kann“, so Kretzschmar.

Wichtig ist ihr auch, den Unterschied zu angestellten Werksärzten hervorzuheben: „Diese können sich, wenn notwendig, jeden Tag nur auf die Corona-Schutzimpfung konzentrieren. Für mich ist das mit einer Honorierung von 20 Euro als niedergelassene Betriebsärztin mit Personal nur eine Zusatzaufgabe zum arbeitsmedizinischen Versorgungsalltag wie zum Beispiel Gefährdungsbeurteilungen.“

Honorarvereinbarungen als Option

Dr. Wolfgang Panter, Präsident des Verbandes Deutscher Betriebs- und Werksärzte (VDBW), rät den niedergelassenen Betriebsärzten dazu, mit KMU, die ihre Belegschaften impfen lassen möchten, eine Vereinbarung über die aufsuchende Impfung inklusive Impforganisation auf Stundenbasis zu treffen, die sich an einem Stundenhonorar von beispielsweise 130 Euro orientieren könne.

„Das sieht die Impfverordnung ausdrücklich vor. Dann dürfen die Betriebsärzte aber die Impfung selbst nicht mehr über die KV abrechnen“, so Panter auf Nachfrage. Laut Panter haben sich 6300 Betriebsärzte gemeldet, die bei der Corona-Vakzinierung in Firmen mitmachen möchten.

Noch gar nicht loslegen mit den Corona-Schutzimpfungen in Betrieben konnte am Montag die aus dem Berufsgenossenschaftlichen Arbeitsmedizinischen Dienst hervorgegangene BAD-Gruppe. Wie es auf Anfrage hieß, würden die Vakzine erst am Montagabend erwartet und müssten dann an die Standorte verteilt werden, sodass die ersten Spritzen am Dienstag gesetzt werden könnten.

Die ias-Gruppe, die ebenfalls bundesweit betriebsmedizinische Dienste anbietet, hätte gerne früher losgelegt als es nun möglich war. „Als Betriebsärztlicher Dienst haben wir völlig andere logistische Rahmenbedingungen und Abläufe als zum Beispiel Hausärzte. Deshalb hätten wir uns eine deutlich frühere Einbindung gewünscht, damit dieser wichtige Schritt der Impfungen in den Betrieben noch besser geplant und vorbereitet werden kann“, verdeutlicht Dr. Alexandra Schröder-Wrusch, Vorsitzende des Vorstands der ias AG. Die Kundenresonanz sei durchweg positiv, das Interesse an einer sofortigen Durchimpfung der jeweiligen Belegschaft riesengroß, so die Fachärztin für Arbeitsmedizin.

„Problem bleibt der knappe Impfstoff“

Die Deutsche Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin (DGAUM) ist mit der gleichzeitigen Aufgabe der Impfpriorisierung und dem Start der Vakzinierung in den Betrieben nicht sehr glücklich. „Das Problem bleibt der knappe Impfstoff“, sagte DGAUM-Hauptgeschäftsführer Dr. Thomas Nesseler am Montag im Gespräch mit der „ÄrzteZeitung“.

Bereits vor Wochen hat die DGAUM in Stellungnahmen 1,5 Millionen Impfdosen pro Woche für Betriebsärzte gefordert, um der Pandemie effektiv begegnen zu können. Laut Nesseler deute sich aber an, dass die Menge des verfügbaren Impfstoffs für Betriebsärzte auf eine halbe Million je Woche sinken werde. Zudem werde nun die Konkurrenzsituation zwischen Impfzentren, Privatärzten, Pädiatern sowie Arbeitsmedizinern verschärft. Ebenfalls ein Dorn im Auge sei die Abrechnung der im betriebsmedizinischen Kontext erfolgten Corona-Impfungen über die KVen. „Wir sind sehr skeptisch, dass das reibungslos klappt“, so Nesseler.

Lesen sie auch
Mehr zum Thema
Das könnte Sie auch interessieren
Umgang mit Multimorbidität in der Langzeitpflege

© Viacheslav Yakobchuk / AdobeStock (Symbolbild mit Fotomodellen)

Springer Pflege

Umgang mit Multimorbidität in der Langzeitpflege

Anzeige | Pfizer Pharma GmbH
COVID-19 in der Langzeitpflege

© Kzenon / stock.adobe.com

Springer Pflege

COVID-19 in der Langzeitpflege

Anzeige | Pfizer Pharma GmbH
Die Chancen der Vitamin-C-Hochdosis-Therapie nutzen

© Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH

Vitamin-C-Therapie

Die Chancen der Vitamin-C-Hochdosis-Therapie nutzen

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Medizinischer Infusions-Tropf mit buntem Hintergrund

© Trsakaoe / stock.adobe.com

Hochdosis-Therapie

Vitamin C bei Infektionen und Long-COVID

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Maximale Vitamin-C-Blutspiegel nach oraler (blau) und parenteraler (orange) Tagesdosis-Gabe.

© Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH

Vitamin-C-Infusion

Parenterale Gabe erzielt hohe Plasmakonzentrationen an Vitamin C

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Kommentare
Dr. Antigone Fritz und Hubertus Müller sitzen trocken am PC. Dort zu sehen: ein Bild vom Hochwasser in Erftstadt vor drei Jahren.

© MLP

Gut abgesichert bei Naturkatastrophen

Hochwasser in der Praxis? Ein Fall für die Versicherung!

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: MLP
Schnelle Kommunikation, aber sicher: Das hilft Teams unterschiedlicher Einrichtungen bei der effizienten Zusammenarbeit.

© [M] Famedly

Neues Kooperationswerkzeug im Netz

Effiziente Kommunikation: Der schnelle Draht von Team zu Team

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Doctolib GmbH
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Porträt

Felix Michl: Unternehmer, Jurist und Medizinstudent

Lesetipps
Arzt injiziert einem älteren männlichen Patienten in der Klinik eine Influenza-Impfung.

© InsideCreativeHouse / stock.adobe.com

Verbesserter Herzschutz

Influenza-Impfraten erhöhen: So geht’s!