Digitale Gesundheitsdaten

Deutsche haben Angst - Chinesen sehen Nutzen

Die Bevölkerung in Deutschland und China nimmt die Digitalisierung konträr wahr - gerade beim Umgang mit Gesundheitsdaten. Wollen Deutsche sie eher schützen, suchen Chinesen nach einem Benefit.

Matthias WallenfelsVon Matthias Wallenfels Veröffentlicht:
Gesundes Essen, Sport: Während nur wenige Deutsche zur Gesundheits-App greifen, sind Chinesen dabei offener.

Gesundes Essen, Sport: Während nur wenige Deutsche zur Gesundheits-App greifen, sind Chinesen dabei offener.

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BERLIN. Für Chinesen ist Deutschland das zweitbeliebteste Land der Welt - knapp hinter Frankreich. Für Deutsche ist China einer der wichtigsten Handelspartner - zum Teil noch vor den USA.

In Sachen Digitalisierung aber ticken die Menschen beider Nationen am unterschiedlichsten: 60 Prozent der Deutschen glauben, dass durch die fortschreitende Digitalisierung bestehende Arbeitsplätze abgebaut werden. Im Gegensatz dazu sind 57 Prozent der Chinesen davon überzeugt, die Digitalisierung schaffe zusätzliche Arbeitsplätze.

Grundsätzlich gilt: Während 53 Prozent der Deutschen digitale Innovationen eher als Gefahr wahrnehmen, sehen rund 66 Prozent aller Chinesen den Nutzen.

Das ist ein Ergebnis der großen Länder-Studie des chinesischen Technologiekonzerns Huawei, die nach 2012 und 2014 nun zum dritten Mal vorgelegt wird. Erstmals sei in diesem Jahr der "Digitalisierung" ein eigener Thementeil gewidmet worden. Die repräsentative Befragung entstand nach Unternehmensangaben in Zusammenarbeit mit GIGA German Institute of Global and Area Studies der Universität Duisburg-Essen und TNS Emnid.

2600 Personen seien befragt worden, jeweils 1000 aus der Bevölkerung, je 200 Wirtschaftsentscheider und je 100 politische Entscheider.

Wie die Studie ergab, sind 75 Prozent der deutschen Befragten nicht bereit, Daten über ihre Gesundheit, Ernährung und sportliche Betätigung an ihre Krankenkasse weiterzuleiten, auch wenn sie dafür finanzielle Vorteile erhalten.

Allerdings steige die Bereitschaft zur Datenweitergabe erheblich auf 41 Prozent an, wenn die Versicherten im Gegenzug dazu professionelle Ratschläge zur Verbesserung ihrer Gesundheit erhielten. Unter den Geringverdienern seien sogar 46 Prozent der Befragten bereit, Gesundheitsdaten an ihre Kasse weiterzuleiten.

Datenschützer warnen

In Deutschland wurde die Diskussion um die Weitergabe von Gesundheitsdaten richtig virulent, als der private Krankenversicherer Generali ankündigte, künftig über eine App Daten wie Fitness, Lebensstil und Ernährungsgewohnheiten seiner Kunden zu erfassen. Wer gute Werte hat, dem winken Vergünstigungen.

Das rief Deutschlands oberste Datenschützerin Andrea Voßhoff auf den Plan, die Nutzer von Gesundheits-Apps warnte, nicht unüberlegt Informationen preiszugeben (wir berichteten).

In China hingegen verschwendet die Bevölkerung wenige Gedanken an den Datenschutz - auch wenn es um die Gesundheit geht. "Die Sensibilität der Daten scheint hier keine große Rolle zu spielen. Es besteht eine grundsätzliche Tendenz zur Sorglosigkeit", heißt es in der Studie.

So zeigten sich 67 Prozent der befragten Chinesen bereit, ihre Gesundheitsdaten weiterzugeben. Die Bereitschaft hänge allerdings auch vom Alter ab. Bei jüngeren Befragten sei die Bereitschaft mit 80 Prozent sehr hoch.

Einkommen entscheidend

Überraschend sei jedoch, dass der finanzielle Reiz auf Geringverdiener in China keinerlei Wirkung zeige. "Vielmehr sind es die Besserverdienenden, die eine höhere Bereitschaft zeigen, persönliche Daten gegen finanzielle Vorteile an Dritte weiterzugeben", so die Autoren. 73 Prozent der Besserverdienenden würden demnach ihre Gesundheitsdaten preisgeben.

Die unterschiedliche Bereitschaft der Menschen in Deutschland und China, ihre Privatdaten preiszugeben, könne auch auf die unterschiedliche Kultur zurückgeführt werden, lautet ein Deutungsansatz der Ergebnisse in der Studie, "denn Privatsphäre wird in Deutschland anders wahrgenommen als in China".

Die spannende Frage, ob die Bereitschaft bestünde, die Gesundheitsdaten auch an behandelnde Ärzte weiterzugeben, war - wie in vielen nationalen Studien in Deutschland zuvor - nicht Gegenstand der Befragung.

Die Fragen zur Weitergabe von Gesundheitsdaten an Krankenversicherer ist unterdessen für viele Chinesen mit geringem Einkommen noch Utopie. Denn Chinas staatliches Gesundheitswesen befindet sich im Reformprozess. Ziel des 2009 implementierten Programms "Healthy China" ist es, bis 2020 eine staatliche Grund-Krankenversicherung für die gesamte Bevölkerung zu gewährleisten.

Deutschland begleitet China, so sieht es eine Vereinbarung der zweiten Deutsch-Chinesischen Regierungskonsultationen von 2012 vor, bei der Reform unter dem Dach des Deutsch-Chinesischen Forums.

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Kommentare
Dr. Wolfgang P. Bayerl 20.05.201600:50 Uhr

Angst ist nun wirklich der falsche Begriff für den Schutz der Privatsphäre.

Medizinische Erkenntnisse sind auch anonym möglich, wo Deutschland allerdings etwas (deutlich) zurück liegt.
Es gibt noch nicht einmal einflächendeckendes "Krebsregister"
und auch über die Impffrequenz in Deutschland gibt es keine flächendeckende Statistik,
so sieht öffentliche Gesundheitsvorsorge aus.
Wann möchte man denn bitte den §202 StGB speziell für Ärzte abschaffen, liebe Politiker?

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