Masterplan Medizinstudium

"Die Enttäuschung ist groß"

Drei von vier Medizinstudenten lehnen ein PJ-Pflichtquartal in der ambulanten Versorgung ab. Das ergab eine Online-Umfrage des Hartmannbunds mit 8300 Teilnehmern. Warum klärt die ÄZ im Gespräch mit Moritz Völker, dem Vorsitzenden des Ausschusses Medizinstudierende.

Florian StaeckVon Florian Staeck Veröffentlicht:
Ringen um die Studienreform: Proteste von Medizinstudenten im Mai 2012 in Münster.

Ringen um die Studienreform: Proteste von Medizinstudenten im Mai 2012 in Münster.

© FSMED/Lukas Materna /bvmd

Ärzte Zeitung: Das im Masterplan Medizinstudium 2020 geplante Pflichtquartal in der ambulanten Versorgung wird von mehr als drei Viertel der Teilnehmer an der HB-Umfrage abgelehnt. Warum?

Moritz Völker: Schon bisher können Medizinstudierende nur an wenigen Punkten frei entscheiden. Viele Kommilitonen würden gerne mehr Wahlfreiheiten im Studium haben. Deshalb wird das Pflichtquartal als zusätzliche Bevormundung empfunden.

 

Ärzte Zeitung:

Die Befürworter eines Pflichtquartals argumentieren, durch diesen PJ-Abschnitt könnten Studierende besser auf ihre Arbeit in der ambulanten Versorgung vorbereitet werden. Können Sie dem folgen?

Völker: Es ist völlig unbestritten, dass die ambulante Medizin ein sehr wichtiger Teil unseres späteren Arbeitslebens sein wird. Die Frage ist allein, ob das über Zwang im Medizinstudium geschehen muss. Der Hartmannbund hat immer wieder darauf hingewiesen, dass die ambulante Medizin eine größere Rolle im Studienverlauf spielen sollte.

Wir haben bereits 2015 dafür plädiert, freiwillig ein Quartal in der ambulanten Versorgung absolvieren zu können. Zudem würden wir uns wünschen, dass es mehr Kurse oder Zusatzangebote im Studium gibt, die auf die ambulante Versorgung hinführen.

Der Masterplan sieht vor, dass die Allgemeinmedizin zum verpflichtenden Prüfungsfach im mündlichen Examen nach dem PJ werden soll. Argumentiert wird: Was nicht geprüft wird, wird auch nicht gelernt.

Völker: Selbst wenn diese Prämisse richtig sein sollte, wird im Masterplan die falsche Konsequenz daraus gezogen. Die Studierenden werden bisher geradezu darauf gedrillt, von Prüfung zu Prüfung zu lernen.

Sinnvoller wäre es aus unserer Sicht, wenn Prüfungsinhalte aus intrinsischer Motivation gelernt werden - dann behält man sie auch.

Warum hat es die Allgemeinmedizin im Ansehen der Medizinstudierenden so schwer?

Völker: Es ist wichtig, dass junge Ärzte breit aufgestellt in den Beruf starten können. Von daher sollten wir die ambulante Medizin und insbesondere die Allgemeinmedizin im Studium unbedingt kennenlernen.

Wer aber im Zusammenhang mit der Allgemeinmedizin andauernd von Pflichten im Studium redet, erweckt nicht den Eindruck, dass er gute Argumente für sein Fach hat.

Im Ergebnis könnte der Masterplan in der Wahrnehmung der Studierenden der ambulanten Medizin eher schaden als nützen.

Im Masterplan werden Änderungen an der Approbationsordnung mit versorgungspolitischen Fragen – Stichwort Landarztquote – verquickt. Hat das den ganzen Prozess erschwert?

Völker: In der Entwicklung des Masterplans ist kommunikativ viel schiefgelaufen. Der Prozess startete gut, alle Verbände und die Studierenden wurden angehört.

Dann folgte eine lange Phase des Stillstands, bis Ende Mai plötzlich Kompromissvorschläge lanciert wurden, die anschließend gar nicht mehr diskutiert werden konnten.

Das hat bei vielen Studierenden große Enttäuschung ausgelöst, die sich zum ersten Mal aus eigener Motivation am politischen Prozess beteiligt haben - und zwar, obwohl sie selber von den Folgen des Masterplans gar nicht mehr betroffen sein werden.

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Kommentare
Dr. Henning Fischer 24.07.201622:17 Uhr

man sträubt sich, das Leben außerhalb des Krankenhauses kennzulernen?


merkwürdig.

Die meisten Studenten würden ohnehin vergrellt. Die Allgemeinmedizin ist eine Einbahnstraße in den Kassenarztkäfig, der nicht mehr golden sondern rostig ist.

Aber welche Perspektive bleibt noch?

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