Kapitalanlage

Europa und seine neue grüne Anlage-Taxonomie

Nachhaltigkeitsfonds glänzen mit überdurchschnittlichen Renditen. Von März an gelten für sie neue EU-Regeln. Deren Manager dürfen künftig nur noch in Aktien von Unternehmen investieren, deren Aktivitäten weder Klima noch Umwelt gefährden.

Von Richard Haimann Veröffentlicht:
Wie grün ist die Anlage wirklich?

Wie grün ist die Anlage wirklich?

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Neu-Isenburg. Die Bezeichnung ist zwar sperrig, ihre Konsequenzen dürften ökologisch orientierten Anlegern jedoch gefallen. Mit der im März in Kraft tretenden „Verordnung 2019/2088 über nachhaltigkeitsbezogene Offenlegungspflichten im Finanzdienstleistungssektor“ zwingt die EU Anbieter sogenannter Nachhaltigkeitsfonds, ausschließlich in Aktien von Unternehmen zu investieren, deren Geschäfte weder Klima noch Umwelt nachhaltig gefährden.

„Die neue grüne Taxonomie der Europäischen Union definiert europaweit, welche wirtschaftlichen Aktivitäten nachhaltig sind und damit in einem als nachhaltig beworbenen Finanzprodukt stecken dürfen“, sagt Dyrk Vieten, Geschäftsführer des Düsseldorfer Vermögensmanagers ficon.

Der Begriff Taxonomie – von altgriechisch táxis, zu deutsch Ordnung – bezeichnet Verfahren, mit denen einheitliche Kriterien für vergleichbare Produkte vorgegeben werden.

Mit gutem Gewissen investieren

Mit der grünen Taxonomie will die EU verhindern, dass Investmentgesellschaften Fonds mit dem Prädikat „Nachhaltigkeit“ schmücken, obwohl sie auch in Aktien von Unternehmen investieren, die bei der Produktion ihrer Güter in hohem Umfang das Klimagas Kohlendioxid emittieren. Viele Anleger wollten „mit gutem Gewissen investieren und damit Umwelt, Wirtschaft und Gesellschaft zum Guten verändern“, sagt Vieten. Die neuen Regeln könnten ihnen dabei helfen.

Die neue Verordnung ist Teil des „EU-Aktionsplans zur Finanzierung nachhaltigen Wachstums“. Mit ihm will die Staatengemeinschaft sicherstellen, dass künftig jene Unternehmen mehr Geld vom Kapitalmarkt erhalten, die nachhaltig wirtschaften.

Die neuen Regeln schreiben dabei auch vor, dass Investmentgesellschaften bei der Auswahl von Unternehmensaktien für ihre „grünen Fonds“ etwaige Nachhaltigkeitsrisiken offen legen. So sollen Anleger entscheiden können, ob die Investmentstrategie ihren persönlichen Vorstellungen entspricht oder nicht.

Ein Beispiel für einen solchen Abwägungsprozess sind Anlagen in Aktien von Herstellern und Betreibern von Kernkraftanlagen. Bei dieser, in vielen EU-Staaten genutzten Technologie wir zwar Strom ohne Kohlendioxidemissionen erzeugt. Bei einem Unfall besteht jedoch die Gefahr, dass radioaktive Strahlung freigesetzt wird, die Menschen und Tiere tötet sowie die Natur nachhaltig schädigt.

Mit dem steigenden Klimabewusstsein wächst bei immer mehr Investoren die Nachfrage nach ökologischen Geldanlagen.

Petra Ahrens, Vorstand Majestas Vermögensmanagement

Zudem sind die Fondsanbieter künftig verpflichtet, Investoren genauer über die Unternehmen zu informieren, in deren Aktien sie investieren. „Wichtig ist für Anleger zu wissen, dass es Unterschiede beim nachhaltigen Investieren gibt“, so Samir Zakaria, Standortleiter Frankfurt beim Vermögensverwalter Hansen & Heinrich. „Manche Fonds schließen nur bestimmte Branchen, wie die Ölindustrie, aus, so dass nicht automatisch nur Aktien von Unternehmen mit einem positiven Einfluss auf die Umwelt in das Portfolio gelangen.“

Viele Anleger investieren aus ethischen Gründen in Nachhaltigkeitsfonds. Doch auch für Renditejäger sind die Investmentvehikel sehr interessant. Nach einer Studie des US-Analysehauses Morningstar haben in den vergangenen zwölf Jahren 59 Prozent der „grünen Fonds“ mehr Ertrag für ihre Anleger generiert als gewöhnliche Aktienfonds.

Auch der MSCI-World-SRI-Index, der die Kursentwicklung der Aktien der weltweit 358 größten, nachhaltig operierenden Unternehmen misst, schlägt seit 2008 Jahr für Jahr den MSCI World Index, der die Performance der Aktien der Wirtschaftsgiganten aus 23 Industrienationen widerspiegelt.

Umverteilung in der Finanzwelt

Die Daten zeigten, dass „der wachsende Stellenwert, den Nachhaltigkeit im privaten Konsum erfährt, sich auf die Präferenzen der Anleger bei Investitionsentscheidungen übertragen hat“, sagt Lena Lochner, Portfoliomanagerin der Bayerische Vermögen Management in Bad Reichenhall. „Aktien nachhaltiger Unternehmen werden verstärkt nachgefragt, was sich positiv auf die Kursentwicklung auswirkt.“

Zugleich künde die bessere Performance der Nachhaltigkeitsfonds von „einer enormen Umverteilung in der Finanzwelt“, so Petra Ahrens, Vorstand der Maiestas Vermögensmanagement in Köln. „Mit dem steigenden Klimabewusstsein wächst bei immer mehr Investoren die Nachfrage nach ökologischen Geldanlagen.“

Im Idealfall sollten Konzerne nicht nur nachhaltig wirtschaften und die Umwelt schützen, sondern auch ihre Beschäftigten auskömmlich bezahlen und fair behandeln. Ob Unternehmen sich diesen Kriterien verpflichtet fühlen, können Anleger über das UN-Projekt „Global Compact“ erfahren.

„Das ist die weltweit größte und wichtigste Initiative für verantwortungsvolle Unternehmensführung“, sagt Bernd Heimburger, Geschäftsführer der Vermögensverwaltung Gies & Heimburger in Kelkheim. Bislang hätten sich rund 16.000 Unternehmen aus 161 Ländern dem Vorhaben angeschlossen.

Eine Liste der Teilnehmer bietet die Internetseite des Projekts.

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