Westfalen-Lippe
Fünf Millionen Euro für Ärztenetze
Was Ärztenetze betrifft, sei man in Westfalen-Lippe "Tabellenführer", lobte Thomas Müller von der KV Westfalen-Lippe. Auch die Krankenkassen erkennen das Potenzial der Zusammenarbeit und stellen fünf Millionen Euro für den Ausbau zur Verfügung.
Veröffentlicht:DORTMUND. Bei der künftigen Gestaltung der Versorgung spielen für die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL) Ärztenetze eine zentrale Rolle.
Die KV ist Vorreiter bei der Zertifizierung von Netzen und setzt auf die gemeinsame Entwicklung von Versorgungsprogrammen mit den dort engagierten Ärzten.
"Die KVWL begrüßt die regionale Versorgungsgestaltung und unterstützt die betreffenden Regionen bei der Umsetzung", sagte KVWL-Geschäftsführer Thomas Müller bei einem "Praxis- und Wissenstag" der KV zum Thema Praxisnetze in Dortmund.
Als Beispiele für die Unterstützung nannte er die Beratung, regionale Strukturanalysen, Vertragsverhandlungen mit den Krankenkassen sowie Gespräche mit politischen und anderen Entscheidungsträgern.
In Westfalen-Lippe sind 40 Prozent der niedergelassenen Ärzte in einem Netz organisiert, 79 Praxisnetze sind bei der Agentur Deutscher Arztnetze gemeldet.
Die aus dem Jahr 2013 stammende Rahmenvorgabe für die Anerkennung von Praxisnetzen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und des GKV-Spitzenverbands ist in der Region ein Jahr später in eine Richtlinie zur Anerkennung förderungswürdiger Praxisnetze umgesetzt worden. 13 Netze sind schon nach der Richtlinie anerkannt. "Damit sind wir Tabellenführer", sagte Müller.
Nicht nur die KV misst den Zusammenschlüssen große Bedeutung bei. Auch die Krankenkassen haben das Potenzial erkannt. Für 2015 stellen die Kassen einmalig zweckgebundene Mittel in Höhe von fünf Millionen Euro zur Verfügung.
Das Geld dient der Förderung anerkannter Arztnetze und innovativer Versorgungsmodelle, die von Netzen entwickelt werden. Anerkannte Netze erhalten für die Basisstufe einmalig 100.000 Euro, für die Stufe I gibt es weitere 100.000 Euro. Der KV liegen 22 Anträge für innovative Modelle vor.
Die Netze in Westfalen-Lippe tauschen sich aus und entwickeln in Zusammenarbeit mit der KV auch übergreifende Versorgungsmodelle.
So ist auf Initiative der nordrhein-westfälischen Gesundheitsministerin Barbara Steffens (Grüne) ein Vertrag zur besseren Kooperation von Ärzten und Pflegeheimen entwickelt worden, der in einigen Netzen umgesetzt wird.
Neue Felder beschreiten
In den Vertrag sind inzwischen fast 3000 Pflegeheimbewohner eingeschrieben, berichtete Dr. Hans-Jürgen Beckmann, Vorstand des Ärztenetzes Medizin und Mehr aus Bünde. Er begrüßte, dass zumindest in einem Teil der Netze alle Kassen beteiligt sind. "So können wir alle Patienten versorgen.
"Die Erfahrung zeige, dass die Kooperation das Verständnis von Ärzten und Pflegeheimen für die Belange des jeweils anderen erhöht."Das Budget gibt uns die Möglichkeit, neue Felder zu beschreiten", sagte Beckmann. So wollen die Netzmitglieder eine elektronische Visite mit der möglichen Übertragung von Vitaldaten erproben.
Inzwischen können sich auch Ärzte und Pflegeheime beteiligen, die nicht Teil eines Netzes sind, sagte Beckmann. "Sie werden assoziiert und eingebunden."
Der Erfolg des Pflegeheimprojektes habe den zertifizierten Netzen Mut gemacht. Gemeinsam mit der KV haben die Netzärzte beschlossen, ein Versorgungsprojekt für geriatrische Patienten zu entwickeln.
Bei der Vorbereitung sei den Ärzten rasch klar geworden, dass die medizinische Versorgung bei dieser Gruppe allein nicht reicht. Das Konzept sei zwar noch in Bearbeitung, es sei aber schon klar, dass eine qualifizierte Pflegekraft eingebunden wird, erklärte Beckmann.
"Sie wird das Assessment der Patienten übernehmen und eine entscheidende Rolle spielen, aber unter der Leitung des Arztnetzes." Der Chirurg ist zuversichtlich, dass das Konzept in der ersten Hälfte 2016 fertig sein wird.
Auch für Müller von der KVWL steht fest, dass die Vernetzung nicht auf die Ärzte beschränkt bleiben darf. "Unser Ziel ist die Vernetzung mit allen anderen Akteuren im Gesundheitswesen", betonte er.
Müller und Beckmann halten es für dringend notwendig, dass die Ärztenetze den Leistungserbringerstatus erhalten. Das sei notwendig, damit sie Praxen aufkaufen und so Arztsitze in der Region erhalten können, sagte Beckmann.
Zudem: "Wir müssen als Netz spezialisierte Leistungen mit der KV kollektivvertraglich abrechnen können."