Vitality-Tarif

Generali lässt von strittigem PKV-Modell ab

Transparentes gesundheitsbewusstes Verhalten im Gegenzug für einen günstigeren Tarif? Das Modell sollte die PKV-Branche revolutionieren. Doch nun macht der Initiator Generali einen Rückzieher.

Ilse SchlingensiepenVon Ilse Schlingensiepen Veröffentlicht:
Zum Auslesen bereit: Manche Versicherungskunden würden ihre Daten für günstigere Prämien preisgeben.

Zum Auslesen bereit: Manche Versicherungskunden würden ihre Daten für günstigere Prämien preisgeben.

© pressmaster / Fotolia

BERLIN. Der Versicherer Generali wird in der privaten Krankenversicherung (PKV) auf absehbare Zeit keinen verhaltensbasierten Tarif einführen. Das sagte Dr. Jochen Petin bei der Euroforum-Konferenz „PKV aktuell und digital“ in Berlin.

Petin ist im Vorstand der Generali Deutschland für den Bereich Gesundheit zuständig und Vorstandschef der Central Krankenversicherung. Zurzeit gebe es keine ausreichende Datenbasis, um einen solchen Tarif zu kalkulieren, sagte er.

Generali hatte im Juli 2016 in Deutschland mit der Einführung des von dem südafrikanischen Versicherers Discovery entwickelten Vitality-Programms für große Aufmerksamkeit gesorgt.

Das Programm arbeitet mit Prämien und Rabatten für Kunden, die sich gesundheitsbewusst verhalten. Generali bietet es hierzulande in der Risikolebens- und der Berufsunfähigkeitsversicherung an. Eigentlich war geplant, dass die private Krankenversicherung (PKV) bald folgen sollte.

Basis für Kostenkalkulation strittig

Diese Ankündigung war auf heftige Kritik gestoßen, weil viele Beobachter dadurch eine Risikoselektion befürchten: Ein solcher Tarif würde vor allem gesunde Kunden anziehen und sie belohnen, was sich langfristig negativ auf die anderen Versicherten auswirken würde. Auch in der PKV ist das Modell höchst umstritten.

Führende Versicherer halten es für schwierig bis unmöglich, gesundheitsbewusstes Verhalten zum einen belastbar festzumachen und zum anderen dann angemessen in der Prämienkalkulation zu berücksichtigen. So bezweifelt der Vorstandsvorsitzende der DKV Dr. Clemens Muth, dass die über Fitnesstracker oder andere digitale Instrumente gemessenen Daten Basis für die Kalkulation sein können.

Das sieht Petin ähnlich. Er habe kein Interesse, solche Daten in die Kalkulation einzubauen, sagte er. „Ich wäre jahrzehntelang an die Kalkulation gebunden, ohne zu wissen, ob die Daten überhaupt tragfähig sind.“

Unabhängig davon, wie sich das versicherungstechnisch abbilden lässt, ist die Förderung gesundheitsbewussten Verhaltens ein Schritt in die richtige Richtung.

Dr. Jochen Petin Vorstandschef der Central Krankenversicherung

Die Generali sucht deshalb nach anderen Möglichkeiten, Vitality-Elemente in die Krankenversicherung einzubauen. Sie führe darüber auch Gespräche mit der Finanzaufsicht BaFin, berichtete Petin. Vorstellbar wäre etwa, eine Beitragsrückerstattung an die Teilnahme am Vitality-Programm zu koppeln.

Begeisterung für den Ansatz bleibt

Das Unternehmen denkt grundsätzlich darüber nach, das Thema Vitality weiter auszubauen. „Wir werden unser Partnernetzwerk und unsere Produktpalette kontinuierlich erweitern“, kündigte der Manager an.

Die Einführung des Programms in Deutschland sei bisher ein Erfolg. „Im Vergleich zu anderen Vitality-Märkten weltweit konnten wir den besten Start verbuchen“, so Petin.

Die Zahl der verkauften Verträge in den Sparten, in denen Vitality angeboten wird, habe sich gegenüber dem Zeitraum vor dem Start um 40 Prozent erhöht.

Grundsätzlich hält Petin die Förderung von gesundheitsbewusstem Verhalten für sinnvoll. „Unabhängig davon, wie sich das versicherungstechnisch abbilden lässt, ist es ein Schritt in die richtige Richtung.“

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Transparenz mit Hindernissen

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