Geriatrie-Ziffer

Hausärzte haben ihre Hausaufgaben gemacht

Die geriatrische Versorgung zu fördern - das war ein wichtiges Ziel des neuen Hausarzt-EBM, der seit gut einem Jahr gilt. Die KBV zieht nun eine erste Bilanz. Die "Ärzte Zeitung" hat einige Regionen genauer unter die Lupe genommen.

Rebekka HöhlVon Rebekka Höhl Veröffentlicht:
Die Förderung der geriatrischen Versorgung war das Ziel des neuen Hausarzt-EBM, der seit etwas mehr als einem Jahr gilt.

Die Förderung der geriatrischen Versorgung war das Ziel des neuen Hausarzt-EBM, der seit etwas mehr als einem Jahr gilt.

© LuminaStock/iStock/Thinkstock

NEU-ISENBURG. Seit etwas mehr als einem Jahr gilt nun schon der neue Hausarzt-EBM (Einheitlicher Bewertungsmaßstab). Ein Ziel war, die geriatrische Versorgung auf stabilere Beine zu stellen - und sie zu fördern. Zwar liegen längst nicht die Abrechnungsdaten aus allen vier Quartalen mit den beiden neuen Geriatrie-Ziffern vor, aber zumindest die Daten von Oktober 2013 bis Ende Juni 2014.

Sie zeigen, dass sich die Hausärzte sehr intensiv mit den neuen Ziffern auseinandergesetzt haben.

Bereits die Daten aus dem ersten Quartal mit dem neuen Hausarzt-EBM, also aus 4/2013, die die KBV im Juni dieses Jahres veröffentlichte, ließen aufhorchen: Um 2,3 Prozent sei der Leistungsbedarf der Hausärzte insgesamt gestiegen, hieß es (wir berichteten).

Und dieser Zuwachs gehe nicht zuletzt auf die neuen Leistungen in der Geriatrie, aber auch der Palliativmedizin zurück.

Neue Ziffer 13 Mal häufiger angesetzt

Viel beeindruckender sind allerdings die tatsächlichen Abrufe der neuen Geriatrie-Ziffern, die sich aus dem Geriatrischen Basisassessment (EBM-Ziffer 03360) und dem Geriatrischen Betreuungskomplex (EBM-Ziffer 03362) zusammensetzen.

Wurde das alte Geriatrische Basisassessment nach der Ziffer 03240 über alle KV-Gebiete im vierten Quartal 2012 (als Vergleichsquartal wird für Abrechnungsdaten stets das Vorjahresquartal herangezogen) noch genau 187.182 Mal abgerechnet, kam das neue Assessment nach Ziffer 03360 in 4/2013 mit 2.350.233 abgerechneten Leistungen nahezu 13 Mal häufiger zum Ansatz.

Das zeigt die Abrechnungsstatistik der KBV. Der geriatrische Betreuungskomplex wurde in 4/2013 insgesamt 2.070.703 Mal von den Hausärzten abgerechnet.

Im ersten Quartal dieses Jahres gab es bundesweit zwar beim Geriatrischen Basisassessment einen deutlichen Rückgang, die Ziffer 03360 wurde in diesem Zeitraum nur noch 1.429.960 Mal angesetzt. Doch im Vergleich zum alten Basisassessment nach Ziffer 03240, das in 1/2013 von den Hausärzten 212.382 Mal abgerechnet wurde, besteht immer noch ein enormer Unterschied.

Das gesteckte Ziel wurde erreicht

Insbesondere vor dem Hintergrund, dass das Basisassessment nach der Ziffer 03360 im Krankheitsfall - also innerhalb von vier aufeinanderfolgenden Quartalen - höchstens zweimal berechnungsfähig ist, überrascht dieses hohe Niveau an abgerechneten Assessments dennoch. Und so erklärt sich auch der Dämpfer im ersten Quartal 2014.

Für die KBV steht angesichts der Abrechnungsdaten aus den ersten beiden Quartalen mit den neuen Ziffern fest: Das gesteckte Ziel der Förderung der geriatrischen Versorgung wurde eindeutig erreicht.

Betrachtet man nun die Zahlen aus dem zweiten Quartal, die einige KVen bereits vorhalten, bestätigt sich der konstant hohe Bedarf der Versorgung bei den Patienten ebenso wie der Trend bei den Ärzten, die Versorgung auch tatsächlich zu erbringen.

Die "Ärzte Zeitung" hat sich sechs Regionen genauer angesehen. Beim Betreuungskomplex gab es in allen sechs KVen - genauer in Brandenburg, Niedersachsen, Sachsen, Schleswig-Holstein, Westfalen-Lippe und im Saarland - über alle drei Quartale einen kontinuierlichen Anstieg.

Im zweiten Quartal 2014 lag der Betreuungskomplex nach Ziffer 03362 in Brandenburg mit 110.728, in Niedersachsen mit 340.801, in Sachsen mit 203.996, in Schleswig-Holstein mit 104.390 und in Westfalen-Lippe mit 265.041 abgerechneten Leistungen im sechsstelligen Bereich. Aus Westfalen-Lippe heißt es ganz klar, dass seit der Einführung der neuen Geriatrie-Ziffern rund 3000 hausärztliche Praxen vor Ort die beiden Ziffern regelmäßig abrechnen.

Leider keine volle Vergütung

Beim Geriatrischen Basisassessment fällt in der Drei-Quartals-Betrachtung auf, dass in denselben sechs KVen im ersten Quartal 2014 ein Rückgang bei den abgerechneten Assessments erfolgte, im zweiten Quartal 2014 gab es aber in allen sechs KVen wieder eine Zunahme bei den abgerechneten Assessments.

Auch hier wurde in drei Regionen, nämlich in Niedersachsen, Westfalen-Lippe und Sachsen die Ziffer 03360 im sechsstelligen Bereich angesetzt.

Aus der KV Nordrhein ist zu hören, dass die Inanspruchnahme der neuen Geriatrieziffern von Anfang an höher als erwartet war. Der Punktwert habe sich von etwa 4,26 Cent (4/2013) auf 4,52 Cent (1/2014) erhöht, die Leistungsmenge sei im ersten Quartal 2014 gegenüber dem Vorquartal um gut 4,7 Prozent gesunken - deutlich weniger als erwartet.

Eine Kröte müssen die Hausärzte allerdings schlucken: Es zeige sich, dass die von den gesetzlichen Kassen bereitgestellten, zweckgebundenen Finanzmittel nicht ausreichen, um die geleistete bedarfsgerechte Versorgung durch die Vertragsärzte 1:1 zu vergüten, berichtet die KV Westfalen-Lippe (KVWL).

Dies hat zur Folge, dass etwa die KVWL die angeforderten Leistungsvolumina nur zu 70 Prozent des eigentlichen Wertes vergüten kann.

Unterfinanzierungsquote von 220 Prozent

Die KV Nordrhein berichtet, dass - da der Gesamtbetrag zur Honorierung der neuen Geriatrieziffern begrenzt sei - die Leistungen trotz der leicht gestiegenen Punktwerte geringer vergütet werden als prognostiziert worden war.

Für das gesamte Bundesgebiet stellte die KBV im Juni fürs vierte Quartal 2013 - allerdings für die Geriatrie- und Palliativziffern - eine Unterfinanzierungsquote von 220 Prozent fest.

Die Unterfinanzierungsquote bildet das Verhältnis von abgerechneter Leistungsmenge für die neu eingeführten Leistungen zu den bundesweit bereitgestellten Finanzmitteln gemäß Beschluss des Bewertungsausschusses dar. Alles über 100 Prozent wird nicht mehr durch die Finanzmittel abgedeckt.

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