Sachverständigenrat

Ist deutsche Forschung zu automobillastig?

Deutschland investiert relativ viel in F+E, hat dabei möglicherweise aufs falsche Pferd gesetzt.

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Berlin. Mit mehr als drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts investiert Deutschland mehr in Forschung und Entwicklung als nach der Lissabon-Strategie vorgesehen und steht auch überdurchschnittlich da. Vor allem die von Unternehmen finanzierte F+E steigt überproportional. Aber: 53 Prozent der Forschungsaktivitäten entfallen auf die Automobilindustrie, weit abgeschlagen folgt an zweiter Stelle die Biotechnologie mit einem Anteil von 16 Prozent. Diese Daten hat der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung in seinem am Mittwoch vorgestellten Jahresgutachten veröffentlicht und analysiert.

In den beiden führenden Wirtschaftsnationen USA und China entfällt etwa die Hälfte aller F+E-Investitionen auf die Informationstechnologie, die wiederum als Querschnittsindustrie große Bedeutung für die Innovationsfähigkeit der gesamten Volkswirtschaft hat. In anderen Ländern wie der Schweiz und Israel sind Forschungsaktivitäten in der Biotechnologie absolut dominant, und auch im Durchschnitt der EU liegt ihr Forschungsanteil mit 27 Prozent knapp vor der Informationstechnologie. Biotech liegt auch in den USA auf Platz 2.

Die gesamten Ausgaben des Bundes und der Länder für Forschung lagen 2015 bei rund 26 Milliarden Euro. Ausdrücklich würdigt der Rat die 2018 eingerichtete Agentur für Springinnovationen, die den Wissenstransfer von der Grundlagenforschung zu marktfähigen Produkten fördern soll. Mit einem Volumen von jährlich 100 Millionen Euro sollen vielversprechende Projekte binnen drei bis sechs Jahren zur Marktreife gebracht werden. Daneben wächst die Bedeutung der europäischen Innovationspolitik mit einer Steigerung des Budgets von derzeit 70 auf 100 bis 120 Milliarden Euro für die Zeit von 2021 bis 2027 für das Programm „Horizon Europe“. Durch internationale Zusammenarbeit und mehr Forschermobilität werde die Forschungseffektivität verbessert, schreiben die Wirtschaftsweisen.

Als ein Hemmnis für den notwendigen Strukturwandel identifiziert der Sachverständigenrat die schwache Gründungsdynamik in Deutschland. Ein Grund dafür sei, dass bisher der Anteil relativ hoch bezahlter wissensintensiver Industrie steige; das resultiert aus der Dominanz der Automobilindustrie – wo diese nicht vorhanden sei, steige der Anteil der wissensintensiven Dienstleistungen. Das senke hierzulande die Anreize für hoch qualifizierte Arbeitskräfte, selbst Unternehmen neu zu gründen. Eine weitere Ursache ist die in Deutschland nahezu fehlende Wagniskapitalfinanzierung: Sie hat sich zwar binnen acht Jahren fast verdreifacht, bleibt aber mit 0,043 Prozent des BIP oder 1,734 Milliarden Dollar marginal. In den USA sind die Gründer dagegen mit 0,55 Prozent des BIP – das sind 113 Milliarden Dollar – ausgestattet. (HL)

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