Einzelkämpfer adé
Junge Ärzte wollen in Teams arbeiten
Ja zur Patientenversorgung - aber nur im Team, nicht als Einzelkämpfer: Assistenzärzte wollen angestellt in Praxen und Kliniken arbeiten. Kinderbetreuung wird zum Standortvorteil. Das geht aus einer Umfrage des Hartmannbundes hervor.
Veröffentlicht:NEU-ISENBURG/BERLIN. Die Hälfte der jungen Assistenzärztinnen und Assistenzärzte wollen nach der Facharztprüfung in der ambulanten Versorgung arbeiten. Darunter sind 26 Prozent, die sich in eigener Praxis niederlassen wollen.
Knapp 27 Prozent aller Befragten wünschen sich aber eine Tätigkeit im Team - mit einer Anstellung in einer Praxis oder in einem MVZ. Rund 41 Prozent der Assistenzärzte wollen in der Klinik bleiben.
Das geht aus einer Umfrage des Hartmannbundes unter 1400 Assistenzärzten hervor, die zwischen Ende Dezember 2014 und Anfang Januar 2015 zur Teilnahme aufgerufen waren.
In einer Studie des HB aus dem Jahr 2012 planten nur 21 Prozent der Teilnehmer eine Anstellung in einer Praxis, 46 Prozent wollten in der Klinik arbeiten.
Immerhin: Nur etwa zwei Prozent der Teilnehmer gaben an, dass sie künftig nicht mehr in der Patientenversorgung tätig sein wollen.
Gespräche selbst einfordern
Die Teilnehmer der Umfrage, von denen sich laut den statistischen Angaben derzeit 67 Prozent im ersten bis zweiten Jahr der Weiterbildung befinden, bewerten die Qualität ihrer Weiterbildung unterschiedlich.
Knapp die Hälfte der Teilnehmer (46,4 Prozent) beurteilt die Qualität ihrer Weiterbildung als durchschnittlich, 28,2 Prozent als gut, 19,3 Prozent als schlecht.
Vor allem wird kritisiert, dass es weiterhin keine strukturierten Weiterbildungspläne gibt - nur 21,3 Prozent gaben an, vor Beginn ein strukturiertes Konzept erhalten zu haben.
Nach Angaben der Hälfte der Befragten finden regelmäßige Gespräche mit dem Weiterbilder statt, 23,6 Prozent müssen dieses Gespräch selbst einfordern.
Um den Beruf des Arztes attraktiver zu machen, schlagen 74,1 Prozent geregelte Arbeitszeiten vor, 72,2 Prozent fordern mehr Bemühungen beim Bürokratieabbau und 72 Prozent fordern mehr Qualität in der Weiterbildung.
Der mit 75,5 Prozent wichtigste Punkt zur Steigerung der Attraktivität ist für die Teilnehmer die Unterstützung bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. 60,5 Prozent der Befragten planen eine Familiengründung.
Dafür wollen 71,9 Prozent - für einen bestimmten Zeitraum - eine Anstellung in Teilzeit in Anspruch nehmen. Generell sehen die jungen Mediziner die Vereinbarkeit von Familie und Arztberuf kritisch: So werde nur selten Kinderbetreuung angeboten.
Wenn sie besteht, gibt es keine Garantie auf einen Platz, sagen 20,2 Prozent der Teilnehmer. 37,3 Prozent geben an, dass es keine Kita-Plätze gebe.
Nachteile durch Schwangerschaft
Viele junge Ärztinnen sind der Meinung, dass sich ihre Schwangerschaft negativ auf ihre Weiterbildungszeit auswirkte. So sahen sich 47,9 Prozent der Ärztinnen im Nachteil, 30,6 Prozent empfanden bisher keine Nachteile gegenüber ihren Kolleginnen oder Kollegen ohne Kind.
71,1 Prozent wünschen sich ein ausführliches Gespräch über die Elternzeit und den geplanten beruflichen Wiedereinstieg. Ob und wie oft dies vom Arbeitgeber bereits umgesetzt wird, hat die Umfrage nicht ermittelt.
Als "alarmierend" bezeichnet der Hartmannbund, dass 70 Prozent der schwangeren Ärztinnen ihre Pausenzeiten nicht einhalten können. "Die möglichen Folgen zwingen gerade zu einer besseren Kontrolle der Arbeitszeiten", mahnt Dr. Kathrin Krome, Vorstandsmitglied des Hartmannbundes.
Die Einhaltung der Arbeitszeit ist auch für Assistenzärzte ohne Kind ein Thema: So geben 32,4 Prozent der Befragten an, durchschnittlich bis zu acht Überstunden pro Woche geleistet zu haben, 21,2 Prozent haben bis zu zwölf Stunden mehr gearbeitet.
In einem Viertel der Kliniken gibt es laut Umfrage eine unvollständige Dokumentation von Überstunden. 40,8 Prozent der Teilnehmer geben an, dass ihre Weiterbildung nicht innerhalb der Kernarbeitszeit stattfindet.
Interessant auch: Die Zahl der Assistenzärzte, die künftig im Ausland arbeiten wollen, ist im Vergleich zu der Umfrage von 2012 gesunken.
85 Prozent der Teilnehmer sagen nun, dass sie keine Verlagerung ihrer Tätigkeit ins Ausland planen, 2012 waren es noch 75 Prozent. Die 15 Prozent, die im Ausland arbeiten wollen, zieht es ins EU-Ausland, die Schweiz oder in die USA.
Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Kommentar zur Umfrage: Niederlassung mit Anlauf?