ePA

KBV-Vorstand plädiert für digitale Entschleunigung

Corona und Digitalisierung sind zwei große Baustellen für Praxen, die sie nicht gleichzeitig gut bewältigen können: Das denkt zumindest KBV-Vorstand Dr. Thomas Kriedel. Zustimmung findet er aber nicht bei allen Seiten.

Matthias WallenfelsVon Matthias Wallenfels Veröffentlicht:
Wie schnell kommt die Digitalisierung in Arztpraxen voran? Die elektronische Patientenakte könnte ein Prüfstein sein.

Wie schnell kommt die Digitalisierung in Arztpraxen voran? Die elektronische Patientenakte könnte ein Prüfstein sein.

© maxsim / stock.adobe.com

Berlin. „Boost or Burst: Welche Wirkung hat die Corona-Pandemie auf die elektronische Patientenakte (ePA) und die Digitalisierung im Gesundheitswesen?“ Unter diesem Motto stand am Mittwoch die 22. Plattform Gesundheit“, eine gesundheitspolitische Diskussionsplattform der IKK im hybriden Format. Wie IKK-Vorstandsvorsitzender Hans-Jürgen Müller vorausschickte, stehen die Kassen hinter der zum 1. Januar nächsten Jahres kassenseitig verpflichtend anzubietenden elektronischen Patientenakte (ePA) für ihre Versicherten. Die ePA biete eine Chance, die im europäischen Vergleich besonders im Gesundheitsbereich rückständige Digitalisierung in Deutschland voranzutreiben.

Unverständnis für Kelber-Vorstoß

Sein klares Unverständnis äußerte Müller für den Vorstoß des Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit Professor Ulrich Kelber zum Datenschutz in der ePA, Kelber hatte das im Patientendatenschutzgesetz (PDSG) geregelte Konzept als defizitär gerügt und gleichzeitig das Einschreiten seiner Behörde gegenüber den Kassen angekündigt, wenn sich am Status quo nichts ändern sollte.

„Die Diskussion sollte nicht auf dem Rücken der Versicherten ausgetragen werden, sondern gehört in die Politik“, forderte Müller. Eine Zugriffsoption für die forschende Pharmaindustrie auf in der ePA generierte Daten, lehnte Müller kategorisch ab.

Der CDU-Bundestagsabgeordnete Tino Sorge, Mitglied im Ausschuss für Gesundheit und Berichterstatter für Digitalisierung (Telematik, elektronische Gesundheitskarte) und Gesundheitswirtschaft, mahnte an, die gegenwärtige Corona-Pandemie als Schubkraft für die weitere Digitalisierung im Gesundheitswesen zu nutzen. Als Knackpunkt nannte Sorge die Interoperabilität der verschiedenen digitalen Systeme, die im medizinischen und pflegerischen Versorgungsalltag in Anwendung seien.

„Auch das vierte Digitalisierungsgesetz wird noch kommen“

Sorge versprach, die Bundesregierung werde die Entwicklung der Digitalisierung im Gesundheitssektor genau im Blick haben. Das vom Bundesgesundheitsministerium (BMG) angekündigte, dritte Digitalisierungsgesetz werde mit Sicherheit nicht das Letzte sein. „Es wird auch ein viertes Digitalisierungsgesetz geben“, so die Einschätzung Sorges.

Christian Klose, im BMG Unterabteilungsleiter „Telematik, gematik und eHealth“, gab sich zuversichtlich, dass alle Kassen ihren Versicherten im Januar eine durch die gematik spezifizierte ePA werden anbieten können. Die einzelnen ePA-Varianten würden sich nur durch die kassenindividuellen Mehrwertangebote für ihre Versicherten unterscheiden, wie er aus seiner Position als Vorsitzender der gematik-Gesellschafterversammlung wisse.

„Man muss uns das Vertrauen geben, die ePA zu nutzen“

Doch wird die ePA dann auch kompatibel mit den Praxisprogrammen sein? Diese drängende Frage stellte die Hausarzt-Internistin Dr. Irmgard Landgraf in der Diskussion. Landgraf ist unter anderem Vorstandsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Telemedizin sowie Vorstandsmitglied des Hausärzteverbandes Berlin und Brandenburg. Wie Landgraf betonte, sind die niedergelassenen Haus- und Fachärzte in puncto ePA noch generell verunsichert: „Man muss uns das Vertrauen geben, die ePA zu nutzen!“ Klose sicherte in seiner Antwort die volle Kompatibilität der Akte mit der Praxis-EDV zu.

KBV-Vorstandsmitglied Dr. Thomas Kriedel schlug einen ganz anderen Kurs als die anderen Diskutanten in puncto ePA und Digitalisierung ein: Er verwies auf den am Dienstag von der KBV veröffentlichten Bürokratieindex, demzufolge nach Ansicht der niedergelassenen Haus- und Fachärzte Bürokratie und Corona den Start der elektronischen Patientenakte hemmen. Laut Kriedel befinden sich die Ärzte im Dilemma, mit Corona und der ePA Probleme lösen zu müssen, die sie nicht geschaffen hätten.

Auf Ärzteseite herrsche noch große Unsicherheit, wie sie rein technisch ab 1. Juli nächsten Jahres die ePA ihrer Patienten befüllen sollten. Kriedel sprach zum einen Probleme in den Abläufen mit der elektronischen Signatur der Dokumente in der ePA an. Zusätzlich sei nach wie vor unsicher, ob die notwendigen Updates für die ePA-Konnektoren (PTV4) rechtzeitig zum Start der ePA zur Verfügung stünden, auch die Finanzierung der Nachrüstung sei noch nicht geklärt.

Kriedels Fazit: „Corona und Digitalisierung sollten in den Praxen nacheinander abgearbeitet werden!“ BMG-Vertreter Klose schüttelte den Kopf: „Das kann doch nicht wahr sein!“

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